Akte X
fahren konnten.
»Sie wissen nicht, was Sie tun«, sagte Lentz kalt. Er musterte die heranbrausenden Fahrzeuge, als würde er abschätzen, ob sie vor den Augen der eintreffenden Rettungsmannschaften die beiden Agenten erschießen und die Leichen beseitigen konnten. Zornig und besiegt wichen Adam Lentz und seine Männer zurück, vom Widerschein des flammenden Infernos angestrahlt, das die Überreste der DyMar-Laboratorien bis auf die Grundmauern niederbrannte.
Aber Scully wusste, dass sie dem Jungen das Leben gerettet hatte. Sie hielt Jody am Arm fest und ging weiter. Verloren sah er zu der Flammenwand hinüber.
Als die uniformierten Männer aus den Löschzügen sprangen, die Schläuche ausrollten und sich an die Bekämpfung des Brandes machten, zogen sich Lentz' Leute zurück und verschwanden in den Schatten des Waldes.
Irgendwie gelang es ihnen, den Mietwagen zu erreichen.
»Ich fahre, Scully«, sagte Mulder, als er die Fahrertür öffnete. »Sie sind zu beschäftigt.« ; »Ich behalte Jody im Auge«, nickte sie.
Mulder ließ den Motor an und fürchtete schon, dass zwischen den Bäumen Schüsse hämmern und Kugeln die Windschutzscheibe durchlöchern und mit spinnennetzartigen Rissen überziehen würden. Aber statt dessen brauste er los, dass die Reifen den Schotter auf der steilen Straße hochwirbelten, die von den DyMar-Laboratorien wegführte. Er musste mehrmals seinen Dienstausweis zeigen, um die eintreffenden Ordnungskräfte passieren zu können. Er fragte sich, wie Lentz die Anwesenheit seines Teams erklären würde... sofern man die Männer in dem umliegenden Wald überhaupt entdeckte.
48 Mercy Hospital, Portland, Oregon Samstag, 12:16 Uhr
Im Krankenhaus überprüfte Scully immer wieder Jody Kennessys Testergebnisse, aber nach einer Stunde intensiven Nachdenkens war sie noch genauso verblüfft wie bei der ersten Durchsicht der Daten.
Sie saß zur Mittagszeit in der überfüllten Cafeteria und schlürfte einen bitteren Kaffee. Ärzte und Krankenschwestern schoben sich an ihr vorbei und schwatzten über Krankheitsfälle, so wie andere Menschen über Footballspiele redeten; an vielen Tischen saßen Patienten mit ihren Familienangehörigen, froh, ihren engen Krankenzimmern für ein paar Stunden zu entkommen.
Schließlich, als Scully erkannte, dass die Befunde sie nicht weiterbringen würden, holte sie sich eine neue Tasse Kaffee und machte sich danach auf den Weg zu Mulder, der vor dem Krankenzimmer des Jungen Wache hielt.
Als sie aus dem Fahrstuhl stieg und den Flur hinunterging, wedelte sie mit dem Pappordner in ihrer Hand. Mulder blickte auf, begierig, seine Theorien bestätigt zu bekommen. Er schob das Magazin, das er gelesen hatte, zurück in einen braunen Umschlag. Die Tür zu Jodys Zimmer stand einen Spalt offen, und das Plärren des Fernsehers drang heraus. Bis jetzt hatten noch keine mysteriösen Fremden versucht, den Jungen zu entführen.
»Ich weiß nicht, was mich mehr erstaunt - der Beweis, das die Nanotechnologie funktioniert, oder die Tatsache, dass es keine Spur mehr davon gibt.« Scully schüttelte den Kopf und reichte Mulder die Ausdrucke der Laboruntersuchungen.
Er schlug sie auf und betrachtete die Zahlen, Grafiken und Tabellen, aber er schien nichts damit anfangen zu können. »Ich nehme an, das ist nicht das, was Sie erwartet haben?«
»Es gibt in Jodys Blut nicht die geringste Spur von den Nanomaschinen.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Sehen Sie sich die Laborergebnisse an.«
Er fuhr sich durch das dunkle Haar. »Wie ist das möglich? Sie haben gesehen, wie seine Schusswunde heilte - eine tödliche Wunde.«
»Vielleicht habe ich mich geirrt. Ich hielt es damals für eine tödliche Wunde«, sagte sie, »aber vielleicht hat die Kugel die lebenswichtigen Organe verfehlt...«
»Aber, Scully, schauen Sie sich an, wie gesund er ist! Sie haben das Foto von ihm mit den Leukämiesymptomen gesehen. Er hatte nur noch ein oder zwei Monate zu leben. Wir wissen, dass David Kennessy sein Heilmittel an ihm getestet hat.«
Scully zuckte die Schultern. »Er ist sauber, Mulder. Erinnern Sie sich an die Probe des Hundebluts in der Tierarztpraxis in Lincoln City? Die Überreste der Nanotechnologie waren deutlich zu erkennen. Dr. Quinton fand sie auch in der Probe der schleimigen Flüssigkeit, die ich bei der Autopsie von Vernon Ruckman entnommen habe. Die Nanomaschinen müssten leicht aufzuspüren sein, wenn sie im Blut so allgegenwärtig sind, wie wir annehmen — es
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