Akte X
drinnen gemacht?«
Kryceks Verwirrung schien noch zu wachsen. Er setzte zu einer Antwort an, aber Mulder schnitt ihm mit einer schnellen Handbewegung das Wort ab. »Kommen Sie!«
»Ich habe ihn da drinnen würgen gehört«, erklärte Krycek, während er Mulder folgte. Er zögerte und warf einen Blick zurück in Richtung des Fensters. »Er hat keine Luft bekommen. Er hat behauptet, Sie hätten ihn gewürgt.«
Scham und Ekel über sein eigenes Verhalten ließen Mulder innerlich zusammenzucken. Aber was hatte Krycek da drinnen gemacht? Sagte er ihm wirklich die Wahrheit?
»Niemand darf den Verdächtigen verhören«, erwiderte er kalt.
Krycek schaute ihm direkt in die Augen. »Außer Ihnen?«
»Außer mir.«
Sie starrten einander eine Weile an. Mulder war froh, daß es Krycek war, der den Blick als erster senkte. »Haben Sie ihn gefragt, wo Scully ist?«
»Ja.«
Mulder hob das Kinn. »Und? Was hat er gesagt?«
Krycek blinzelte. »Er hat angefangen, Stairway to Heaven zu pfeifen.«
Mulder ließ sich den Satz durch den Kopf gehen, bis er von der Eingangstür des Restaurants her energische Schritte hörte.
Er drehte sich um und eilte ins Restaurant. Krycek trottete hinter ihm her.
Assistant Director Skinner traf gerade in Begleitung von drei weiteren Agenten ein. Mulder glaubte, den einen oder anderen während der letzten Konferenz gesehen zu haben. Wie lange war das jetzt her, Tage, Wochen, Jahre...? Keiner der Männer sah sonderlich erfreut aus, aber ihre Verstimmung schien noch zuzunehmen, als sie ihn erblickten.
Hinter ihnen schoben sich zwei Deputies durch die Tür und eilten weiter in Richtung Büro. »Sie haben Duane Barry?« fragte Skinner knapp.
»Ja, Sir.«
Skinner starrte ihn an. Seine Miene war ausdruckslos und wachsam. »Agent Mulder, Sie haben einen direkten Befehl von mir mißachtet.«
Mulder schwieg und wartete ergeben, aber bevor Skinner weitersprechen konnte, wurde lautstark eine Tür im Verbindungsgang aufgerissen. »Holen Sie die Sanitäter!« rief eine vor Anspannung heisere Stimme.
Skinner und Mulder drehten sich gleichzeitig zu dem Büroraum um. Einen Moment lang standen sie beide wortlos da. Plötzlich fiel die merkwürdige Lähmung von Mulder ab. Er rannte los.
Duane Barry lag flach auf dem Rücken, um ihn herum die beiden Deputies, die ihm zu helfen versuchten. Seine hervorquellenden Augen richteten sich kurz auf Mulder und schienen zu vibrieren. Seine keuchenden Atemzüge wurden rauher und gleichzeitig leiser, seine Brust hob und senkte sich krampfhaft, sein Gesicht lief rot an, während sich seine Lippen blau verfärbten.
Mulder kniete neben ihm nieder, packte ihn an der Schulter und schüttelte ihn verzweifelt. Die Deputies beäugten ihn kurz, ohne in ihren Bemühungen nachzulassen. Der eine hatte sich über Duane gebeugt und beatmete ihn, der andere gab ihm eine Herzmassage. Duane wand sich stumm auf dem Boden hin und her.
Als die Sanitäter erschienen, wurde das Gedränge in dem engen Büroraum noch größer, aber bevor sie irgend etwas tun konnten, wölbte sich Duanes Rücken in mehreren spastischen Anfällen so heftig, daß sein Körper kaum noch den Boden berührte. Ein letztes Mal strich sein Blick flüchtig über Mulders Gesicht. Dann stieß er mühsam die Luft aus. Sein Körper erschauderte und entspannte sich im Tod.
Mulder starrte auf ihn hinab, in die Augen, die jetzt blicklos ins Leere gerichtet waren. Duane Barry war endlich in Sicherheit, an einem fernen Ort, wo ihm nie wieder irgend jemand etwas würde antun können.
Langsam hob Mulder den Kopf, blickte zuerst Krycek und dann Skinner an. Kryceks Miene spiegelte Mitgefühl wider, Skinner aber erwiderte den Bück kalt mit versteinertem Gesicht. Duane Barry war tot. Unwiderruflich tot. Und er hatte sein Wissen mit sich genommen.
Er hatte Scully fortgeschafft. Und was auch immer er über ihren jetzigen Aufenthaltsort wissen mochte, würde sein Geheimnis bleiben.
Mulder haßte ihn dafür, und trotzdem konnte er die Stimme nicht zum Schweigen bringen, die irgendwo tief in seinem Hinterkopf flüsterte:
Ruhe in Frieden, Duane Barry. Ruhe für immer in Frieden.
4 FBI-Zentrale Washington, D.C. Tiefgarage
Alex Krycek ging langsam durch das nur spärlich erleuchtete Parkdeck. Seine Schritte hallten leise, aber trotzdem durchdringend in der Stille wider. Er fand den Wagen, den er suchte, und vergewisserte sich kurz, daß er nicht beobachtet wurde. Dann trat er schnell an die Tür und öffnete sie. Es war sein
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