Akte X
„Anh-ah."
Dr. Zenzola schaltete die Lampe aus und griff in
die Tasche ihres Laborkittels.
„Hier, nehmen Sie das!" Sie kramte ein Pfefferminzkaugummi hervor und gab es Craig.
Als er zweifelnd zu ihr hochsah, versuchte sie
ihn zu beruhigen: „Machen Sie sich keine Sorgen.
Es war nicht gerade Mundwasser, was Sie da unten
schlucken mußten."
„Das sagen Sie ausgerechnet mir", knurrte Craig,
während er das Kaugummi auswickelte und in den
Mund steckte.
„Wenn der Geschmack nicht weggeht, können
Sie ...", begann Dr. Zenzola, als sie bemerkte, daß
jemand in den Behandlungsraum gekommen war. Sie drehte sich um und sprach den Fremden an:
„Es tut mir leid, aber ich bin mit diesem Patienten
noch nicht ganz fertig. Wenn Sie bitte warten
würden, bis Sie dran sind . .."
„Und es tut mir leid, wenn ich Sie unterbrechen
muß, aber die Dame am Empfang macht wohl gerade
eine Pause", erwiderte der Neuankömmling. „Ich
brauche keine Behandlung, nur ein paar Informationen." Er holte einen Ausweis hervor und hielt ihn ihr
auf Augenhöhe entgegen. „Nachdem Sie angerufen
hatten, bin ich so schnell wie möglich gekommen." Dr. Zenzola wandte sich an Craig: „Bitte entschuldigen Sie mich einen Moment."
Sie verließ ihren Patienten und geleitete den
anderen Mann in die entlegenste Ecke ihres Büros.
Dort sah sie sich den Ausweis an und meinte:
„Schön Sie kennenzulernen, Agent Mulder." „Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite, Dr.
Zenzola .. . Woher haben Sie meinen Namen?" „Die Polizei in Newark sagte mir, daß ich Sie
wegen dieses Unfalls informieren sollte. Ich muß
zugeben, ich war überrascht zu hören, daß sich das
FBI für unser Abwassersystem interessiert. Geht
hier irgend etwas vor, was ich wissen sollte?" „Nicht, daß ich wüßte." Mulder hob die Schultern. „Aber vielleicht können Sie mir dieselbe Frage beantworten?"
Er schielte auf seine Armbanduhr - offenbar war
er keineswegs auf Smalltalk aus, sondern darauf
bedacht, dieses Gespräch möglichst schnell zu
beenden. Wahrscheinlich hatte er an diesem Fall so
viel Interesse wie Dr. Zenzola an einem Patienten,
der sich den kleinen Finger geritzt hatte.
Die Ärztin bemerkte seine Ungeduld und
bemühte sich, die Fakten in aller Kürze zusammenzufassen. „Der Patient, Craig Jackson, ist Kanalarbeiter. Er gab an, daß er heute morgen von.. .
von irgend etwas in der Kanalisation angegriffen
wurde."
Jetzt schien Mulder doch interessiert zu sein.
„Angegriffen?" Er hob die Stimme. „Von wem?" „Das konnten wir bisher nicht feststellen", entgegnete die Ärztin. „Zuerst dachte ich, Mr. Jackson
hätte sich diese Geschichte bloß ausgedacht. Um
Krankengeld zu kassieren, Sie wissen schon. Aber
bei meiner Untersuchung mußte ich feststellen, daß
er die Wahrheit gesagt hat." Während sie sprach,
zog Dr. Zenzola eine Tetanusspritze auf.
„Was haben Sie bei Ihrer Untersuchung herausgefunden?" Mulders Augen folgten ihren Bewegungen. „Sein Gesundheitszustand ist zufriedenstellend",
erhielt er zur Antwort. „Ich habe ihm Antibiotika
gegeben und geprüft, ob Anzeichen für eine Hepatitis vorliegen - wegen des vielen Abwassers, das er
geschluckt hat."
„Und die Hinweise auf einen Angriff?"
„Er hat eine Wunde am Rücken."
„Was für eine Wunde?"
„Eine ziemlich sonderbare ..." Nachdenklich
schüttelte Dr. Zenzola den Kopf. „Es könnte eine
allergische Hautreaktion auf eine Art bakterielle
Infektion sein - aber das ist nicht sehr wahrscheinlieh. Es sieht eher wie eine Bißwunde aus. Alles
was ich sagen kann, ist, daß ich so eine Verletzung
noch nie gesehen habe."
„Und wie ist das passiert?"
„Das fragen Sie ihn am besten selbst."
Mit der Spritze in der Hand ging Dr. Zenzola zu
ihrem Patienten hinüber. Während sie seinen Arm
festhielt, sagte sie: „Dies ist Agent Mulder vom
FBI. Er möchte Ihnen einige Fragen stellen." „Sicher, fragen Sie nur", meinte Craig zu Mulder
und verzog das Gesicht, als Dr. Zenzola die Nadelspitze in seinen Arm stieß.
„Haben Sie eine Ahnung, wer oder was Sie da
unten angegriffen hat?" fragte Mulder.
„Ich bin mir nicht sicher", antwortete Craig.
Während Dr. Zenzola langsam den Kolben der
Spritze herunterdrückte, verstärkte er seine Grimasse. „Aber ich dachte, es könnte vielleicht ein
Python gewesen sein."
„Ein Python", wiederholte Mulder und grinste
leicht.
„Vielleicht auch eine Boa Constrictor", ächzte
Craig und entspannte sich, als die Nadel herausgezogen wurde und Dr. Zenzola die Stelle mit Alkohol abrieb.
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