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Akunin, Boris - Pelagia 01

Akunin, Boris - Pelagia 01

Titel: Akunin, Boris - Pelagia 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelagia und die weissen Hunde
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gesteinigt. Genau das hat Dshurajew getan. Er nahm einen Stein und tötete Naina Telianowa. Und dass er bei der Gelegenheit auch das völlig unschuldige Hausmädchen umbrachte – kam es diesem Wilden etwa auf eine christliche Seele mehr oder weniger an?«
    Lomejko stieß einen tiefen Seufzer aus.
    »Nun zum letzten Punkt. Vergessen Sie nicht, dass es Dshurajew war, der bei der Inhaftierung Widerstand leistete. Verständlich, denn er hatte dafür als einziger gewichtige Gründe.«
    Lomejko schloss unspektakulär und abrupt, worin sich wahrscheinlich hauptstädtischer Chic äußerte:
    »Das wäre meinerseits alles, meine Herren. Wie Sie sehen, habe ich Sie nicht so lange gequält wie der Staatsanwalt. Denn ich habe Argumente, er dagegen Sentiments. Fällen Sie eine Entscheidung, das ist Ihr Recht und Ihre Pflicht. Aber der Fall ist vollkommen klar.«
    Ovationen gab es nicht, denn die Reaktion auf das Plädoyer war gemischt: Bubenzows Anhänger frohlockten unverhohlen, seine Gegner waren sichtlich verwirrt.
    Der Staatsanwalt hob sogleich die Hand, und es begann der Schlagabtausch der gegnerischen Parteien.
    »Dann ist Ihr Mandant also ein Unschuldslamm, das nicht einmal ahnte, was für einen Wolf im Schafpelz es sich herangezogen hatte?«, rief Berditschewski hitzig.
    Viele lachten, denn mit einem Lamm hatte Bubenzow nun wirklich keine Ähnlichkeit. Ermutigt fuhr Berditschewski fort:
    »Meint der Herr Verteidiger nicht auch, dass die Geschichte mit den Köpfen dem Synodalinspektor sehr gelegen kam? Kaum war Bubenzow zur Ausmerzung des Heidentums bei uns in Sawolshsk eingetroffen, da wurden auch schon Menschen ohne Kopf gefunden, genauso, wie es in der vierhundert Jahre alten Chronik steht.«
    Lomejko erwiderte ironisch:
    »Vielleicht hat mein Mandant auch die Chronik selbst geschrieben?«
    Wieder ertönte Gelächter, lauter als beim vorigen Mal. In der Kunst des Geplänkels war Berditschewski dem schlagfertigen Hauptstädter nicht gewachsen.
    »Es ist gar nicht so wichtig, wer die Morde ausgeführt hat«, ließ sich Berditschewski auf ein wesentliches Zugeständnis ein, denn er konnte die Argumente der Verteidigung nicht widerlegen. »Möglich, dass sich Bubenzow nicht selbst die Hände schmutzig gemacht hat. Aber wenn Dshurajew Blut vergoss, handelte er mit Wissen Bubenzows!«
    »Haben Sie dafür Beweise?« Der Advokat kniff die Augen ein. »Oder erschüttern Sie nur die Luft, wie gehabt?«
    »Der unbedarfte, ungebildete Kaukasier hätte sich eine so raffinierte Intrige nicht ausdenken können«, erregte sich Berditschewski. »Und in den Feinheiten der Photokunst kannte er sich auch schwerlich aus. Immerhin wurden nicht nur die Bilder zerrissen, sondern auch die Platten zerschlagen. Woher dieses Wissen um den photographischen Prozess? Ich erinnere daran, dass der Mörder genau das Bild und die Platte mitgenommen hat, die den Ort preisgaben, wo die Leichen vergraben waren. Wie erklären Sie das?«
    Lomejko lächelte herablassend.
    »Sehr einfach, Herr Kollege. Als Dshurajew die Ausstellung zertrümmerte, sah er auf einem der Bilder die Stelle, die er nur zu gut kannte. Er blickte genauer hin – da war die von ihm vergessene Hacke. Es ist nicht schwer zu erraten, was für eine Gefahr solch ein Bild für den Mörder darstellte. Das ist das ganze Rätsel. Und dann, Herr Ankläger, möchte ich ganz energisch protestieren gegen die widerwärtige Geringschätzung von Andersstämmigen, die aus Ihren Worten herauszuhören war. › Der unbedarfte, ungebildete Kaukasier ‹ . Bei Ihnen kommt es so heraus, als wäre der eigentlich gar kein richtiger Mensch gewesen. Aber er war sehr wohl ein Mensch, der nur andere Traditionen und einen anderen Glauben hatte, aber durchaus eigene Ehrbegriffe, weitaus strengere als unsere. Sehr schade, dass die Polizei Dshurajew getötet hat. Ich hätte gern seine Verteidigung übernommen. Schämen Sie sich, mein Herr. Man sollte nicht jeden mit dem eigenen Maß messen, denn es leben auf der Welt nicht nur Russen.«
    Für diese redlichen Worte wurde der Verteidiger belohnt mit dem stürmischen Beifall des fortschrittlichen Teils der Anwesenden, wobei am lautesten die Publizisten klatschten. Berditschewski errötete qualvoll, weil er dieselben Ansichten vertrat.
    »Und der Fluchtversuch? Warum wollte Bubenzow fliehen, wenn er unschuldig ist?«, besann er sich.
    Lomejko dämpfte die Stimme, als sei es ihm peinlich, auf eine so einfältige Frage zu antworten.
    »Erlauben Sie, was blieb ihm denn

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