Al Wheeler und das Komplott
kleinen
Gefallen!«
»Was ist denn mit Barry los?«
fragte ich. »Reagiert er sich auf diese Weise ab?«
»Ich nehme es an«, sagte sie
langsam. »Wenn ein Mädchen nicht gleich nach dem ersten Blick auf sein Profil
kapituliert, ist sie in seinen Augen schon so gut wie tot.«
Ich zündete zwei Zigaretten an
und gab ihr eine. »Wie kommt er mit den anderen Frauen im Haus zurecht?«
Sie zuckte mit ihren herrlichen
Schultern. »Ich weiß nicht. Wie jedes andere Mädchen habe ich gedacht, er wäre
noch zu sehr hinter mir her, um von den anderen überhaupt Notiz zu nehmen.«
Sie blickte einen Augenblick
zum Haus hinüber, so, als wollte sie sich vergewissern, daß sie von niemandem
beobachtet werde; dann trat sie auf mich zu.
»Al«, sagte sie mit weicher
Stimme. »Ich brauche Hilfe. Ich — ich habe von Tony Forest gehört.«
»Wo ist er?«
»Ich weiß nicht«, sagte sie
rasch. »Aber er möchte, daß ich ihn heute abend treffe — um neun.«
»Wo?«
»Er sagt, ich muß allein kommen
— wenn jemand bei mir ist, läßt er sich nicht blicken. Er sagt, er weiß, wer
Kowski ermordet hat, aber er fürchtet, man wird ihn umbringen, falls man
erfährt, wo er sich versteckt.«
»Schutz durch die Polizei würde
ihm viel mehr helfen, als wenn er sich allein in der bösen Welt herumtreibt«,
sagte ich, um das Naheliegende deutlich zu machen. »Wo sollen Sie sich mit ihm
treffen?«
»Al?« Sie kam noch näher — so
nahe, daß wir uns berührten. »Versprechen Sie mir eines?«
»Was?«
»Daß es unter uns bleibt, wenn
ich es Ihnen sage. Ich möchte nicht allein hinausfahren — ich habe Angst. Ich
möchte, daß Sie mitkommen, aber wenn Sie Hunderte von Polizisten mitbringen,
wird Tony sie schon von weitem sehen und nicht erscheinen. Werden Sie mich
begleiten — allein?«
»Also gut«, ich nickte müde.
»Wo sollen Sie sich mit ihm treffen?«
»Das werde ich Ihnen sagen,
wenn wir hinkommen«, sagte sie geheimnistuerisch. »Ich traue Ihnen nicht, Al
Wheeler, kein bißchen! Ich werde mich um acht mit Ihnen treffen. Wie wär’s an
der Ecke zwei Querstraßen weiter?«
»Wenn das ein Scherz sein
soll...?«
»Es ist todernst, ich schwöre
es Ihnen!« sagte sie. »Aber ich will nicht, daß die anderen im Haus etwas davon
erfahren. Ich werde gegen acht hier verschwinden, und ich vermute, daß mich
niemand vermissen wird. Wenn mich jemand gehen sieht, sage ich einfach, ich ginge
spazieren. Werden Sie kommen?«
»Ich werde kommen«, versprach
ich. »Sorgen Sie dafür, daß Sie da sind.«
»Es scheint zur Gewohnheit zu
werden«, meinte sie und lächelte wärmstens. »Jedesmal, wenn ich in
Schwierigkeiten bin, brauche ich mich bloß umzudrehen — und Sie sind schon da!«
5
Ich trat aus dem Haus, als ein
perlgrauer Buick mit einem Nummernschild aus Los Angeles in die Auffahrt einbog
und hinter meinem Healey stehenblieb. Woods, Tino Martens und ein dritter
stiegen aus und kamen langsam auf mich zu.
Es fiel mir nicht schwer, in
dem dritten Harry Stensen zu erkennen, einer der fünf besten Strafverteidiger
im ganzen Land. Er war Anfang Fünfzig, aber seine Mähne schlohweißen Haares
verlieh ihm das so heftig begehrte Aussehen des »älteren Staatsmannes«. Erst
später fielen einem die Adlernase und die klugen Augen auf.
»Hallo, Lieutnant!« grüßte
Woods kurz. »Kommen Sie in der Sache weiter?«
»Bis jetzt nicht der Rede
wert«, antwortete ich.
Er wandte sich an Stensen neben
ihm. »Harry, das ist Lieutnant Wheeler, von dem ich Ihnen schon erzählt habe.«
»Guten Tag, Lieutnant.« Stensen
neigte gravitätisch, mit einem Anflug von altmodischer Courtoisie, sein Haupt.
»Liegen die Ermittlungen noch immer in Ihrer Hand?«
»Soweit mir bekannt ist«,
pflichtete ich ihm bei.
Er hob sanft die Augenbrauen.
»Sie müssen hier einen ganz bemerkenswerten Ruf haben, daß der County-Sheriff
Ihnen solches Vertrauen entgegenbringt.« Ein schwaches Lächeln kräuselte seine
Lippen. »Ich kann mir vorstellen, welchem Druck er ausgesetzt ist.«
»Nachdem Sie wieder da sind«,
wandte ich mich an Woods, »hätte ich Sie gern einiges gefragt.«
Woods blickte Stensen an. »Was
halten Sie davon, Harry?«
»Gegen Fragen habe ich nichts
einzuwenden«, sagte Stensen milde. »Vielleicht beantworten wir sie nicht alle.
Ich möchte jedenfalls lieber dabeisein .«
»Dann hole ich mir was zu
trinken, während ihr beschäftigt seid«, meinte Tino Martens ungezwungen.
»Von dem Zeug, das Sie gestern nacht gekauft haben?« fragte ich
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