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Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Titel: Al Wheeler und der Tanz in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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der
Landschaft einen Mittelpunkt zu verleihen, stand eine stattliche rote Zeder.
Von einer ihrer stämmigen unteren Äste hing, einen dicken Strick um den Hals,
der Körper eines Mannes. Er wirkte wie der Körper eines jungen Mannes von Mitte
Zwanzig mit dem Gesicht eines Filmidols. Sein langes dunkles Haar fiel ihm in
die Stirn und bewegte sich sanft im Wind. Er trug enge, schwarze Hosen und
einen schwarzen ärmellosen Sweater aus grober Wolle, so daß seine muskulösen
Arme und Beine nackt blieben. Die Spitzen seiner schwarzen Slipper berührten
eben den Boden. Das Ganze erinnerte mich an die alte Redensart: >Am Ende
eines Stricks tanzen .<
    »Ehrlich gesagt, Anton war nie
ein besonders guter Tänzer«, bemerkte Natasha Tamayer ,
als ob sie meinen Gedanken gefolgt sei. Vielleicht war sie eine Hexe.
    »Ich glaube, wir sehen uns die
Sache einmal aus der Nähe an«, sagte ich finster.
    »Bitte«, sagte sie mit einem
Kopfnicken. »Die Glastür ist nicht verschlossen. Sie haben doch nichts dagegen,
wenn ich hierbleibe! Ich habe den ganzen Morgen über praktisch nichts anderes
als den baumelnden alten Anton gesehen, und ich habe den Anblick allmählich ein
bißchen satt. Verstehen Sie das ?«
    »Klar .« Ich zog eine Grimasse, »und außerdem hat Ihre Truppe dieses Jahr todsicher
nicht den > Danse Macabre <
in ihr Repertoire aufgenommen .«
    Sie kicherte beglückt. »Das
finde ich ganz entzückend, Lieutenant. Ich darf nicht vergessen, es Charvossier zu erzählen, der platzt vor Lachen .«
    »Bitte«, brummte ich, »bringen
Sie mich nicht mit einer weiteren Leiche in Verlegenheit. Eine reicht vollauf .«
    Ich öffnete die Glastür, trat,
dicht gefolgt von Polnik , auf den sauber
geschnittenen Rasen hinaus und näherte mich dem Toten. Bei genauerer Betrachtung
sah ich, daß das Filmidolgesicht von einem starren
Ausdruck der Angst verzerrt war, der seine offensichtlich kostspieligen Kronen
unter den dicken Lippen entblößte. Die dunkelblauen Augen waren weit
aufgerissen; es lag ein Ausdruck starren Entsetzens in ihnen. Über mir, in den
höheren Zweigen der roten Zeder, zwitscherte eine Schar Vögel, völlig
unbekümmert ob des drastischen Memento mori unter ihnen.
    »Das werde ich nie begreifen,
auch in einer Million Jahren nicht !« sagte Polnik heiser. »Wie kann sich ein Mensch derartig
scheußlich fühlen, um sich auf diese Weise umzubringen, Lieutenant ?«
    »Wie, glauben Sie, hat er es
fertiggebracht, sich auf diese Weise umzubringen, Sergeant ?« fragte ich.
    »Kein Problem«, sagte Polnik . »Er ist auf diesen Ast geklettert, hat das eine
Ende des Stricks um seinen Hals geknotet und das andere um den Ast und hat sich
dann einfach fallen lassen .« Seine dicken Brauen
bildeten plötzlich ein Gestrüpp. »Na, so was !« verkündete er mit Grabesstimme. »Wenn er den Strick noch ein paar Zentimeter
länger gelassen hätte, so wäre er geradewegs auf seinen Füßen gelandet !«
    »Ziemlich erstaunlich«,
bestätigte ich. »Wollen Sie mal schätzen, wieviel er
wiegt ?«
    Der Sergeant betrachtete den
Toten ein paar Sekunden lang kritisch und zuckte dann heftig die Schultern.
»Hundertsechzig Pfund, Lieutenant?«
    »So etwas«, sagte ich
zerstreut. »Wie wär’s, wenn Sie mal Tarzan spielten und auf diesen Ast
kletterten ?«
    »Ja, Sir, Lieutenant.« Polnik straffte forsch die Schultern.
    Ich sah zu, wie er auf dem abgebrochenen
Stumpf eines einen guten halben Meter über dem Boden herausragenden verrotteten
Astes Fuß faßte und sich dann hochzog, indem er den kräftigen Stamm umklammerte
und sich dagegen preßte, als handle es sich um eine blonde Amazone, deren
Bellen möglicherweise ebenso aufregend war wie ihr Beißen. Dann angelte er mit
einem verzweifelten Ruck nach dem betreffenden Ast, erwischte ihn sicher mit
beiden Händen und zog sich gleich darauf mit einem Klimmzug hinauf. Fünf
qualvolle Grunzer , und dann saß er beglückt rittlings
oben und strahlte auf mich herab wie ein junger Hund, der zum erstenmal erfolgreich seinen Stock apportiert hat.
    »Binden Sie den Strick los, und
lassen Sie ihn herunter«, sagte ich. »Ich werde die Leiche auf den Boden
gleiten lassen, sobald Sie den Strick nachlassen .«
    Als Polnik wieder auf dem Boden stand, lag Anton Leckwicks Leiche ausgestreckt auf dem Gras, und ich war damit beschäftigt, die letzten
Zentimeter des Strickendes, das um den Ast geschlungen gewesen war, zu
untersuchen.
    »Haben Sie was Interessantes
gefunden, Lieutenant ?« fragte Polnik

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