Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Titel: Al Wheeler und der Tanz in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
Hosen ab, die er trug. Er war, wie ich
schätzte, um die Vierzig herum und tiefgebräunt, was sein scharf und gut
geschnittenes Gesicht mahagonifarben wirken ließ, wobei es in dramatischer
Weise zu dem vorzeitig weiß gewordenen Haar kontrastierte, das lang und in
sorgfältig modellierten tiefen Wellen um seinen schöngeformten Kopf lag.
    Und das Mädchen war natürlich Cissie St. Jerome. Ihr Haar war messingfarben und wirbelte
in einer Art aufgeregter Honigwabenfrisur, die von einem glitzernden silbernen
Kamm zusammengehalten wurde, um ihren Kopf. Ihre rundlichen Wangen glühten vor
Vitalität, und sie verfügte über hübsche Grübchen am Mundwinkel. Der Mund
selbst war groß und wahrscheinlich gar nicht in der Lage, sich je fest zu
schließen, da die Unterlippe aufs fantastischste nach außen gerollt war. Lange,
schwungvolle Wimpern verliehen ihren kobaltblauen Augen einen täuschend
unschuldigen Ausdruck, bis zu dem Augenblick, da sie ein männliches Wesen
entdeckte — dann wurden ihre Augen von einem gierigen Glanz durchflutet wie von
einem Scheinwerferstrahl.
    Sie war groß, und ihre Figur
grenzte an junonische Ausmaße, geformt in großzügigen Kurven und Rundungen, die
wie Ebbe und Flut in harmonischer Weise aufeinander abgestimmt waren. Sie trug
ein knöchellanges seidenes Négligé — schwarze Orchideen
auf einem schimmernden orangefarbenen Untergrund — eng umschlossen von einer
dünnen Seidenkordel unmittelbar unter dem atemberaubend vorspringenden vollen
Busen. Und nach einem einzigen flüchtigen Blick hätte ich schwören mögen, daß
sie nichts weiter darunter anhatte. Allein wie sie dastand, war sie eine
drängende und erregende Herausforderung.
    »Warum sollte er sich
umbringen, Lieutenant ?« sagte Charvossier plötzlich, nachdem die Vorstellungen beendet waren. »Er war kein besonders
guter Tänzer, aber natürlich gibt es gelegentlich noch schlechtere .« Seine gutturale Stimme verfügte über eine verwirrende
Mischung verschiedenster Akzente, die in Schichten übereinanderzuliegen
schienen. Ich glaubte drei der Schichten erkennen zu können — Mittelwesten,
französischen Argot und die Sorte Englisch, die die meisten Londoner sprechen
und die von vielen Leuten irrtümlicherweise für Cockney gehalten wird. Es gab
außerdem noch zumindest zwei weitere Schichten, die mich vollkommen
verblüfften. Vielleicht handelte es sich um Beduinen-arabisch und Cantonchinesisch , soweit ich das beurteilen konnte. Es
nützte nicht das geringste , daß er beim Sprechen
lauthals gurgelte, was anscheinend durch eine übermäßige Speichelproduktion
hervorgerufen wurde.
    »Er hat sich nicht selbst umgebracht«,
sagte ich kalt. »Er wurde ermordet .«
    »Ermordet ?« sagte Gamble , der rothaarige Tänzer, mit
erschrockener Stimme. »Sind Sie da ganz sicher, Lieutenant ?«
    »Sicher ist der Lieutenant
sicher«, knurrte Polnik entrüstet. »Er hat eine gute Freudsche Methode, nicht wahr, Lieutenant ?«
    »Das ist jetzt nicht wichtig«,
sagte ich hastig. »Miß Tamayer zufolge hatten alle
gegen neun Uhr das Frühstück beendet und kamen dann hierher, um zu arbeiten...«
    »Ich habe die Vorhänge von den
Fenstern zurückgezogen«, sagte Beaumont mit einer vollen, resonanten Stimme,
die sich gleichsam in birnenförmigen Tonbestandteilen ausbreitete, »und da hing
er !«
    »Wann haben Sie ihn zum letztenmal lebend gesehen ?« fragte
ich.
    »Irgendwann gestern
abend .« Seine kalten grauen Augen starrten mich mit hochmütiger Mißbilligung an, während er ein paar Sekunden lang
überlegte. »Ich ging früh zu Bett, gegen halb elf, weil wir einen harten Tag
hinter uns hatten. Anton saß noch hier in diesem Raum — und trank! — , als ich hinaufging.«
    »Allein ?« brummte ich.
    »Nein — Natasha war hier und Cissie ebenfalls, glaube ich .«
    »Als ich eine Viertelstunde
später hinaufging, saß er noch immer hier«, sagte die Ballerina obenhin. »Ich
glaube, zu diesem Zeitpunkt war er ein bißchen betrunken. Cissie zog ihn auf, und er geriet deshalb in äußerst schlechte Laune, wie ich mich
erinnere .«
    »Anton hatte einfach keinen
Sinn für Humor«, sagte die Blonde. Ihre Stimme war das volle, befriedigte,
honigschwere Summen der Bienenkönigin. »Ich habe ihn ein wenig wegen dieser
engen schwarzen Hosen geneckt, und er fand es einfach nicht komisch .«
    »Waren es dieselben Hosen, die
er jetzt trägt ?« fragte ich.
    »Genau dieselben, Lieutenant!«
    »War er noch hier, als Sie
weggingen ?« fragte ich

Weitere Kostenlose Bücher