Al Wheeler und der tote Partygast
Aber
offensichtlich hat es nichts mit Geld zu tun. Sie sind lesbisch, und Minerva
ist bisexuell. Darin muß wohl die Anziehungskraft bestehen.«
»Minerva ist bisexuell?
Tatsächlich?« Sophia zog die Brauen in die Höhe. »Das klingt so, als hätten Sie
es persönlich ausprobiert, Wheeler.«
»Wollen Sie deswegen streiten?«
Sie trank einen Schluck, dann
schüttelte sie langsam den Kopf. »Nicht mit Ihnen. Aber ich werde wohl bald
irgendwann einmal eine spannende Plauderei mit Minerva haben, habe ich den
Eindruck.«
»Gut. Dann lassen Sie uns zu
den Bienen, die um den Honigtopf herumsummen, zurückkehren. Sie umkreisen
Minerva des Geldes wegen, nicht aus Sex-Gründen. Aber Hamer sollte kein Geld
bekommen, weil Getler Minerva angewiesen hatte, ihm keines zu geben. Und nun
ist Hamer tot.«
»Ich kann keinerlei Logik in
all dem erkennen«, sagte sie.
»Ich auch nicht«, stimmte ich
ihr zu. »Alle hatten während des Dinners Spaß daran, sich gegenseitig zu
beleidigen, nicht wahr? Niemand hat über Geschäftsdinge gesprochen?«
Sie dachte ein paar Sekunden
lang nach. »Möglich, daß sie es getan haben. Aber da es mich nicht
interessierte, habe ich auch nicht hingehört.«
»Sie sind wirklich eine riesige
Hilfe, wissen Sie das?«
»Wenn ich gewußt hätte, daß ich
auf dem besten Wege bin, eine Polizeiinformantin zu werden, hätte ich
vermutlich genauer hingehört«, entgegnete sie kühl.
»Zwei Minuspunkte bereits für
Sie«, stellte ich fest. »Sie sind lesbisch und obendrein eine lausige Zuhörerin.«
»Bubbles spricht nie so mit
mir«, sagte sie wehleidig.
»Vermutlich drischt sie einfach
drauf los und stöhnt dabei ausgiebig«, mutmaßte ich.
»Je nachdem. Wir spielen eine Menge
Rollen. Es kommt ganz darauf an, wer gerade dran ist, drauf loszudreschen oder
ausgiebig zu stöhnen.«
»Ist Getler verheiratet?«
»Seit ein paar Jahren
geschieden. Seine Ehe hat nicht lange gehalten.«
»Ach ja, er erzählte mir
davon«, erinnerte ich mich. »Ist er eigentlich normal veranlagt?«
»Ich habe keine Ahnung«, sagte
sie matt. »Nach allem, was ich weiß, könnte er ein Homo sein, ohne diese
Tatsache zu akzeptieren. Sie sind in der Unterhaltung wie ein Grashüpfer,
Wheeler. Sie springen von Thema zu Thema.«
»Das ist eine große Chance für
uns, in das Spiel mit den verteilten Rollen hineinzufinden. Wir könnten
Grashüpfer spielen und damit beginnen, unsere Beine aneinander zu reiben.«
»Und obendrein sind Sie auch
noch verrückt.«
Ich trank einen Schluck und dachte,
wahrscheinlich hatte sie recht.
»Sie beunruhigen mich, was Leon
Getler anbetrifft«, sagte sie. »Ich hätte es gar nicht gern, wenn Daddys tolles
Geld in seine Taschen fließen würde.«
»Nun, das glaube ich nicht. Ist
da irgend etwas zwischen Minerva und Blake im Gange?«
»Ich denke, nein. Sie könnten
etwas miteinander gehabt haben, kurz nachdem Louis starb. Minerva ist ein
gesundes Weibsbild und braucht ihre regelmäßigen Übungen. Blake und sie sahen
sich ziemlich viel, als Leon den Verkauf an Blake abwickelte.«
»Und wie lange ist Liz
Stillwell eigentlich schon um Minerva herum?«
»Da bin ich nicht ganz sicher.
Vielleicht ein Jahr. Sie hat vorher bei Miles Gerard als sogenannte Sekretärin
gearbeitet. Vermutlich war der Job bei Minerva aber attraktiver für sie.«
»Jeder kleinsten Laune von
Minerva nachzugehen? Das würde nicht meiner Vorstellung von Spaß entsprechen.«
»Auch nicht meiner«, stimmte
sie mir zu. »Aber Liz Stillwell ist bestenfalls eine dumme, langweilige Gans.
Haben Sie ausgetrunken, Wheeler?«
»Wollen Sie mir noch etwas
bringen?«
»Ich hatte gehofft, Sie würden
gehen«, gestand sie offen. »Bubbles kommt nämlich heute abend vorbei, um etwas
zu kochen, und wenn sie Sie erneut hier antrifft, wird sie wahrscheinlich einem
Herzanfall erliegen.«
»Das klingt nach einem Wink mit
dem Zaunpfahl.« Ich trank aus und erhob mich. »Danke für den Drink und den
netten Plausch!«
»Sie sind jederzeit willkommen
— solange es nicht zu häufig ist«, antwortete sie und erhob sich ebenfalls.
»Einiges, was Sie gesagt haben, fängt an, mich zu beunruhigen.«
»Ich hoffe nur, Sie sind keine
Quelle voll falscher Informationen.«
»Es ist nur recht und billig,
daß auch ich Ihnen einen Grund zur Beunruhigung gebe. Ich komme gleich zurück.«
Sie verließ das Zimmer, und ich
spazierte zu den Fenstern hinüber. Bei Nacht sah Pine City sehr viel hübscher
aus als am Tag. Aber vielleicht kam das nur daher, weil
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