Al Wheeler und die Flotte Biene
wenn ich dich das nächstemal auch nur einen Blick auf eine Landkarte werfen
sehe, auf der Nevada eingezeichnet ist«, bemerkte Hansen, an ihn gewandt, »dann
werde ich dir höchstpersönlich alle Knochen brechen.«
Ich verließ das Büro mit dem
angenehmen Gefühl innerer Wärme, die alle Wohltäter gelegentlich erfüllt.
Eigentlich bin ich kein nachtragender Mensch. Aber Sloan hatte mich plötzlich
um meinen Job als Polizeilieutenant gebracht. Ich meinerseits hatte ihm seine
Pläne mit Hansen und Kirk durchkreuzt und ihn daran gehindert, Jules Fenwick hereinzulegen. Außerdem hatte ich das eindeutige
Vergnügen gehabt, mit der Frau zu schlafen, die er möglicherweise heiraten
wollte. Das ganze war also nicht schlecht gelaufen, fand ich. Aber vielleicht
war es jetzt an der Zeit, nach seiner gekidnappten Tochter zu fahnden?
7
Henry öffnete mir die Tür, und seine
buschigen Brauen hoben sich eine Spur.
»Mr. Wheeler«, sagte er, »darf
ich bemerken, daß Ihr Besuch eine Überraschung ist?«
»Sie dürfen, Henry«, antwortete
ich liebenswürdig. »Ist Ihr Herr und Gebieter zu Hause oder hat er bereits
einen Herzinfarkt erlitten?«
»Er ist weg«, sagte Henry. »Ich
weiß nicht, wann er zurückkommen wird. Soviel ich gehört habe, besucht er das
Opfer der Vergewaltigung.« Seine Unterlippe zuckte leicht.
»Sie haben also davon gehört?«
erkundigte ich mich scharfsinnig.
»Es wäre unmöglich gewesen, das
nicht zu hören — so wie Mr. Sloan am Telefon gebrüllt hat. Ich fürchte, das was
mit den — äh — Gentleman geschehen ist, die er Ihnen gestern
abend zu Besuch geschickt hat, wird seine Laune auch nicht verbessert
haben.«
»Wie geht’s den beiden?« fragte
ich.
»Floyd liegt im Krankenhaus«,
sagte er. »Das habe ich jedenfalls gehört.«
»Das war der kleine Bursche.«
»Der große ist Max«, sagte er.
»Er pflegt seine blauen Flecken und schmollt, glaube ich.«
»Können wir miteinander reden?«
»Natürlich.«
Er ging mir voran durchs Haus
nach hinten, und wir landeten in einem gemütlich, aber ausgesprochen männlich
wirkenden Zimmer.
»Möchten Sie was zu trinken
haben, Mr. Wheeler?«
»Scotch auf Eis, ein bißchen
Soda«, sagte ich.
Er goß die Drinks ein, reichte
mir mein Glas und setzte sich dann mir gegenüber.
»Haben Sie bei Ihrer Suche nach
Miß Nancy irgendwelche Fortschritte gemacht?«
Seine Stimme klang höflich und
eine Spur abweisend.
»Barbie hat mir eine Liste von
fünf Leuten gegeben, die in Frage kommen«, sagte ich. »Ich habe mich um alle
gekümmert, und ich glaube, daß keiner dieser Leute etwas mit der Entführung zu
tun hat. Sie sind einfach nicht der Typ. Ihre Vorstellungen von einem blutigen
Rachefeldzug bestehen allenfalls darin, einen Treuhandprüfer zu mobilisieren,
der ein paar Zahlen nachprüft. Immerhin könnte ich Barbie jederzeit dazu
bringen, eine weitere Liste von Verdächtigen aufzustellen. Wenn das nicht
klappt, kann sie mir eine Liste von unwahrscheinlichen Kandidaten liefern. Und
am Ende, denke ich, landen wir schließlich bei denen, die überhaupt nicht in
Frage kommen.«
»Sie wollen mir damit etwas
klarmachen, Mr. Wheeler.«
»Vielleicht versuche ich nur,
mir selbst etwas klarzumachen«, sagte ich. »Bis jetzt ist keine
Lösegeldforderung aufgetaucht, oder?«
»Nein.«
»Letzten Samstagabend ging
Nancy gegen acht Uhr aus und kehrte gegen drei Uhr früh zurück, nicht wahr?«
»Stimmt«, bestätigte er.
»War das an Samstagen
regelmäßig so?«
»Sehr oft«, erwiderte er. »Ich
habe nicht immer gewartet, bis sie nach Hause kam, wissen Sie. Aber da Mr.
Sloan das letztemal übers Wochenende weg war, fand
ich, daß ich aufbleiben und mich überzeugen müßte, daß sie heil heimkam.«
»Sie sind schon lange Zeit bei
den Sloans, Henry«, sagte ich. »Mrs. Sloan war ein Flittchen, nicht wahr?«
Sein Gesicht wurde hart. »Ich
würde es vorziehen, wenn Sie die Erinnerung an sie nicht beschmutzen würden«,
sagte er steif.
»Ich beschmutze die Erinnerung
an sie nicht«, wandte ich ein. »Sloan hat mir das selbst erzählt. Er sagte, er
habe ihr mit Scheidung gedroht und dabei die Namen all der Männer nennen
wollen, mit denen sie während des letzten halben Jahrs geschlafen habe. Das sei
der Grund für ihren Selbstmord gewesen, denn sie habe den Gedanken an diese
Publicity nicht ertragen können.«
»So war sie nicht«, sagte er
leise. »So war sie überhaupt nicht.«
»Warum lügt mir Sloan dann
wegen einer Sache, die so weit
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