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Al Wheeler und die gespenstige Lady

Al Wheeler und die gespenstige Lady

Titel: Al Wheeler und die gespenstige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Erklärung ist. Sehen Sie das
nicht ein, Lieutenant ?« Er blickte mich beinahe
flehend an. »Wenn Sie eine wirklich logische Erklärung für Slocombes Tod suchen, so bleibt Ihnen keine andere Möglichkeit, als daß die Graue Dame
ihn umgebracht hat !«
    Er
ließ sich mit erschöpftem Gesichtsausdruck in seinen Stuhl zurückfallen, und
ich fragte mich, ob es sich wohl eben um die längste Rede seines Lebens
gehandelt hatte.
    »Bravo,
George«, sagte Ellis leise.
    »Das
war verdammt vernünftig !« dröhnte Onkel Ben, heftig an
seinem Spitzbart zerrend. »Sie könnten etwas Dümmeres tun, als auf das zu
hören, was der junge Bursche da eben gesagt hat, Lieutenant .«
    »Okay
— .« Ich zuckte die Schultern. »Warum tun wir’s dann nicht? Wenn die einzige
logische Erklärung für Slocombes Ermordung darin
liegt, daß die Graue Dame ihn umgebracht hat, dann muß die Dame selbst
ebenfalls in ein logisches System einzubauen sein. Nicht wahr?«
    »Ich
habe den Faden verloren, Lieutenant«, sagte Justine in entschuldigendem Ton. »Gleich nach Ihrem zweiten Wort .«
    »Vielleicht
habe ich ihn selber verloren ?« brummte ich. »Ich
meine, wenn die Graue Dame logischerweise die Mörderin sein muß, so muß man
auch für ihre Existenz und ihre Handlungen logische Begründungen beibringen
können .«
    »Ich
sehe, worauf der Lieutenant hinaus will«, sagte Ellis. »Weiter.«
    »Demnach,
wie mir die Geschichte erzählt wurde«, sagte ich ruhig, »wurde der Mann, den
Delia nicht heiraten wollte, durch irgendein wildes Tier im Wald umgebracht.
Augenzeugen behaupteten, einen riesigen grauen Wolf zu dieser Zeit in der Nähe
des Tatorts gesehen zu haben — und andere behaupteten, Delia mit
blutbespritztem Kleid aus dem Wald nach Hause rennen gesehen zu haben. Später
schworen die Dorfbewohner, sie sei eine Hexe, und beabsichtigten, sie zu
verbrennen. Ist das richtig ?«
    »Sie
haben ein ausgezeichnetes Gedächtnis«, sagte Justine mit weicher Stimme.
    »Die
logische Folgerung ist also, daß Delia eine Hexe war, die sich in ein Tier
verwandeln konnte — in einen Wolf — und danach wieder in einen Menschen ?«
    »Vermutlich.«
Ellis nickte.
    »Wie
ist sie denn zur Hexe geworden? Hat ihr Geliebter, der Zigeuner, sie in der
Schwarzen Kunst unterrichtet, oder was sonst ?«
    »Ich
glaube, so wird es gewesen sein«, sagte Ellis einfach.
    »Aber
Delia gewann dadurch, daß sie ihren unerwünschten Bräutigam los wurde, nicht
das geringste. Ihr Vater schaffte sie nach Kalifornien und baute dieses Haus hier.
Dann, wenn ich recht verstanden habe, starb sie aus freiem Willen kurze Zeit
später ?«
    »Sie wollte sterben !« rief
Ben, das Gesicht zur Decke gewandt. »Das habe ich in Indien hundertmal erlebt —
komische Burschen, diese Jogis !« Er schüttelte
zweifelnd den Kopf zum Kronleuchter hinauf.
    »Am
Tag ihres Todes entscheidet sie plötzlich, daß ihr Zimmer leer stehen soll,
solange das Haus besteht, und belegt jeden, der in Zukunft wagt, in diesem
Zimmer zu übernachten, mit ihrem Fluch. Warum?«
    »Ich
gebe zu, das ist schwer zu verstehen, Lieutenant«, sagte Ellis ruhig. »Darüber
habe ich selber schon oft nachgedacht .« Er stützte die
Ellbogen auf den Tisch und tippte sachte die Fingerspitzen gegeneinander. »Ich
bin zu folgendem Schluß gekommen: Delia war durch ihren Freund in die Kunst des
Zauberns eingeweiht worden. Bei ihrem ersten großen Versuch, ihre Kenntnisse
anzuwenden — nämlich den unerwünschten Freier loszuwerden — , versagte sie kläglich. Statt auf diese Weise ihren Zigeunergeliebten für sich
zu bekommen, wurden sie nur für immer getrennt, und den Mord verpfuschte sie
derart, daß die Dorfbewohner entschlossen waren, sie zu verbrennen.«
    »Was
hat das mit dem Fluch und ihrem Zimmer zu tun ?« fragte
ich.
    »Hexerei,
wie die meisten anderen Dinge, bergen ihre Strafen für den Mißerfolg in sich«, sagte er leise. »Bildet ein Mord nicht ein klassisches Beispiel,
Lieutenant? Die Strafe für einen schlecht ausgeführten Mord ist der Tod des
Mörders selber. Mit Delia muß es so etwas Ähnliches gewesen sein. Als sie mit
ihrem Vater England verließ, wußte sie, daß der Preis, den sie für ihren Mißerfolg zu zahlen hätte, der eigene Tod sein würde.
    Ich
könnte mir vorstellen, daß sie am letzten Tag ihres Lebens den plötzlichen
starken Wunsch verspürte, ihre Zauberkräfte noch einmal anzuwenden, bevor es zu
spät war. Einmal wollte sie noch eine erfolgreiche Hexe sein, bevor sie keine
Gelegenheit mehr

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