Al Wheeler und die gespenstige Lady
Mund steht .«
George
hüpfte mit einem gequälten Aufschrei von seinem Stuhl hoch und verließ in
schnellem Galopp das Zimmer. Gleich darauf hörten wir seine dumpfen Schritte,
wie er, drei Stufen auf einmal, die Treppe hinaufstürmte.
»Ich
weiß nicht, was Sie mit all dem bezwecken, junger Mann«, fuhr Ben plötzlich
los. »Aber Sie gehen ein bißchen reichlich scharf vor. Oder nicht?«
»Achten
Sie nicht auf ihn, Lieutenant«, sagte Justine kalt.
»Er hat dort in seinen fremden Ländern zu lange in der Sonne gestanden, und das
hat sein Gehirn aufgeweicht. Von außen würde man glatt denken, er sei nichts
als ein Schmalzfaß , aber von innen ist es genau das
gleiche .«
»Eines
schönen Tages wirst du es zu weit treiben, mein liebes Mädchen !« fuhr er sie an.
»Sehr
gut möglich«, zischte Justine zurück. »Aber nicht mit
dir, Onkelchen , mach dir also bitte keine Hoffnungen .«
» Justine !« Er wuchtete seinen massigen Körper aus dem
Stuhl und stolzierte mit hochgeschobenem Brustkorb und hocherhobenem Haupt aus
dem Zimmer. Offensichtlich handelte es sich um ein ordnungsgemäßes Absetzen vom
Feind, nicht um einen Rückzug.
»Ich
glaube, Sie haben seine Gefühle verletzt«, sagte ich zaghaft.
»Die
sind von einer Elefantenhaut überzogen«, sagte sie. »Ich wollte, ich könnte
seine Gefühle verletzen — vielleicht würde er dann aufhören, beim Abendessen an
meinen Knien herumzufummeln .«
»Loraine
erzählte mir, sie hätte ähnliche Probleme .«
»Loraine
hat immer Probleme, sobald ein Mann in der Nähe ist«, sagte Justine gelassen. »Ich dachte, Sie haßten mich, Lieutenant Wheeler — nachdem Sie gestern nacht so grob zu mir waren ?«
»Ich
glaube, ich war ein bißchen nervös«, murmelte ich. »Übrigens muß jeden
Augenblick jemand kommen und das Tonbandgerät hierher zurückbringen. Würden Sie
mir einen Gefallen tun und dafür sorgen, daß Sie die
Tür öffnen und daß der Apparat irgendwohin gestellt wird, wo ihn die anderen
nicht finden ?«
»Natürlich.«
Ihre Finger drückten sanft meinen Arm. »Was haben Sie vor? Etwas Teuflisches?«
»Ich
möchte das Tonband Martha vorspielen und ihre Reaktionen beobachten«, sagte
ich.
»Das
ist teuflisch genug .« Sie seufzte ekstatisch.
»Würden
Sie mir dabei helfen ?«
»Oh,
mit Wonne!« Sie küßte mich sanft auf die Wange, und in ihre Augen trat ein
verträumter Ausdruck. »Mit dem größten Vergnügen!«
Es
klingelte plötzlich laut, und Justine war schon halbwegs bei der Haustür, bevor ich noch mein
Trommelfell dem Lärm angepaßt hatte. Fünf Minuten
später kam sie mit befriedigtem Lächeln wieder ins Zimmer. »Es steht hinten im
Flurschrank«, teilte sie mir mit geheimnisvollem Flüstern mit. »Dort wird kein
Mensch nachsehen .«
»Großartig«,
sagte ich mit Wärme. »Nach dem Abendessen schleichen wir uns hinauf. Ja?«
»Ja«,
sagte sie.
Es
gab ein polterndes Geräusch, und George erschien plötzlich wieder, einen
Ausdruck trotziger Entschlossenheit auf dem Gesicht und mit unbeherrscht
zitternder Unterlippe. Er kam geradewegs auf die Couch zu und blieb vor mir
stehen.
»Martha
hat nichts von all den Dingen gesagt, von denen Sie behaupten, sie hätte sie
gesagt, hat sie mir gerade gesagt !« sagte er schnell,
und seine Stimme verriet, daß er am Rand der Hysterie war.
Ich
blickte eine Sekunde lang verdutzt zu ihm empor und drehte mich dann fragend zu Justine um. »Wer is’n das ?« fragte ich sie.
»Das
ist George .« Sie rümpfte verächtlich die Nase.
»Was
hat er gesagt ?«
»Irgendwas
Konfuses, wie immer.« Sie gähnte laut. »Wieso brauchen wir uns eigentlich über
George zu unterhalten, wenn zwei so faszinierende Leute wie Sie und ich zur
Debatte stehen ?«
»Versuchen
Sie nicht, sich herauszuwinden, Wheeler !« Georges
Stimme erreichte das höchstmögliche an Diskant. »Martha sagt, Sie seien ein
Lügner !«
»Na
schön«, erwiderte ich. »Wenn sie das sagt, ist es ja in Ordnung .«
»Was,
zum Teufel, soll das heißen ?« Seine Stimme sank
plötzlich mit neugewonnenem Selbstvertrauen um zwei Oktaven tiefer. »Antworten
Sie, Wheeler .«
»Ja«, sagte Justine kalt.
»Antworten Sie — Wheeler !«
»Ich
habe gesagt, es sei in Ordnung, wenn Martha mich einen Lügner nennt«, erklärte
ich, »weil sie eine Dame ist — nun, jedenfalls ein weibliches Wesen — , und dagegen kann ich nicht viel tun.«
»Ich
nenne Sie einen Lügner, Wheeler«, sagte George laut, offenbar besessen von
Machtgefühlen.
»Ah,
das ist
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