Al Wheeler und die gespenstige Lady
Ihnen
nicht das geringste bißchen, nachdem Sie es jetzt mit etwas zu tun haben, das
Ihnen noch nie begegnet ist, wie die Graue Dame. Ich bin bereit, sofort jede
Wette mit Ihnen abzuschließen, daß der Bericht über diese Sache hier im
Aktenordner mit der Aufschrift >Ungeklärte Fälle< landen wird, und wenn
es soweit ist, werden Sie persönlich davon überzeugt sein, daß Slocombe durch übernatürlichen Einfluß umgekommen ist —
durch einen Geist .«
In
diesem Augenblick trat Justine ins Zimmer und enthob
mich der Mühe, Ben Harvey eine dumme Antwort zu geben. Ich stand höflich auf,
und sie warf mir, während sie zum Büfett ging, einen beiläufigen Blick zu, der
geradewegs durch mich hindurchzugehen schien.
»Wie
wär’s, wenn du deinem armen Onkel Ben einen Drink zurechtmachtest, wenn du schon
dabei bist ?« Seine polternde Stimme schien noch an den
Wänden abzuprallen, nachdem er bereits wieder schwieg.
»Hol
dir selber etwas, du fetter Aufschneider«, sagte Justine schroff. »Was glaubst du, wo du hier bist — in der Wüste Gobi ?«
»Das
ist die Sorte Mädchen, für die ich schwärme !« Er zog
ekstatisch an seinem Bart. »Damenhaft und weiblich, mit allen einschlägigen
Rundungen nach außen hin — und innerlich nichts als ein mit Stahl gepanzertes Faß voller Salzsäure.«
Justine kam, ein volles Glas in der Hand, vom
Büfett zurück, musterte eine Weile alle Sitzgelegenheiten, zuckte dann beredt
die Schultern und ließ sich in sicherer Entfernung von mir auf dem anderen Ende
der Couch nieder.
»Hast
du zufällig in dieser letzten Stunde mit Martha gesprochen, Justine ?« fragte George hoffnungsvoll.
Sie
lächelte ihn starr an. »Ich spreche nie mit Martha, wenn es sich vermeiden
läßt, George, das weißt du doch .«
Sein
Blick wurde glasig vor Verlegenheit und glitt dann beiseite. »Ich — ich glaube,
sie ist noch immer in ihrem Zimmer .«
»Jedenfalls
war sie dort, als ich sie vor ungefähr einer Viertelstunde verlassen habe«,
sagte ich.
»Ja?«
Er blinzelte nervös zu mir herüber. »Sie haben mit ihr gesprochen, Lieutenant?
Wie ging es ihr? Sah sie so aus, als ob sie sich ein bißchen beruhigen würde ?«
»Nein,
eher als ob sie immer fuchsteufelswilder würde«, sagte ich gelassen. »Ich hatte
ihr eine tolle Geschichte erzählt, die ich gehört hatte, nämlich daß sie nur
einfach spaßeshalber Henry Slocombe ihrer Schwester
weggeschnappt habe...«
»Loraine !« stöhnte George und schrumpfte auf seinem Stuhl sichtlich
zusammen.
»Ich
habe ihr auch gesagt, daß ich das nicht glaube«, fuhr ich ruhig fort .« Ich nehme an, deshalb wurde sie so wütend auf mich. Ich
sagte, kein vernünftiger Mensch könnte sich vorstellen, daß es ihr gelingen
könne, Justine bei ihrem Aussehen und ihrer Figur irgend jemandem wegzuschnappen, es sei denn, Justine lege keinen Wert mehr auf ihn. Martha hegt die
verrückte Vorstellung, sie sei wesentlich anziehender als ihre Schwester .« Ich lächelte nachsichtig.
George
saß völlig still und mit fest geschlossenen Augen da, offensichtlich in der
Hoffnung befangen, er sei unsichtbar. Ich spürte einen sanften Druck gegen
meinen Schenkel, wandte mich um und sah Justine unmittelbar neben mir sitzen.
»Lieutenant?«
Ihre Stimme war eine einzige weiche Liebkosung. »Darf ich Ihnen vielleicht ein
neues Glas einschenken ?«
»Oh,
vielen Dank«, sagte ich.
Ihre
Finger berührten die meinen kurz und vertraulich, während sie mir mein Glas aus
der Hand nahm und damit durch das Zimmer ging.
»Meine
süße kleine Schwester war also wütend, als Sie sie verließen ?« fragte sie vergnügt vom Büfett her.
»Sie
versicherte mir immer wieder, sie hätte nur mit den Fingern zu schnippen
brauchen, und Slocombe sei wie ein hechelnder junger
Hund angelaufen gekommen«, antwortete ich. »Aber ich sagte ihr, dazu hätten Sie
erst die Leine loslassen müssen .«
Justine glitt zur Couch zurück, drückte mir
vorsichtig das Glas in die Hand und setzte sich dann noch näher zu mir heran,
so daß ich spürte, wie sich die ganze Länge ihrer warmen wohlgerundeten
Schenkel fest gegen die meinen preßten.
»Arme
kleine Martha«, sagte sie schadenfroh. »Sie waren unfreundlich zu meiner
kleinen Schwester, Lieutenant. Schämen Sie sich! Was haben Sie sonst noch
gesagt ?«
»Es
hatte nicht viel Sinn, ihr sonst noch viel zu sagen«, erwiderte ich in
entschuldigendem Ton. »Ich glaube nicht, daß sie auf mich gehört hätte — nicht,
solange ihr derart der Schaum vor dem
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