Al Wheeler und die letzte Party
zu entlassen
brauchen, nicht wahr?«
»Wie recht Sie haben«,
antwortete ich. »Wie war’s in Paris?«
»Paris? In Frankreich?«
»Vielleicht haben Sie Rudi in
Paris, Kentucky, getroffen?« sagte ich geduldig. »Oder in Paris, Illinois?«
»In Paris war’s großartig —
solange Rudi da war«, antwortete sie. »Danach war es nur noch einer von diesen
Orten mit lausiger Installation.«
»Sie haben sich in Rudi so
richtig verschossen, wie«, fragte ich. »Mit einem ganz großen Knall?«
»Er weckt in mir mütterliche
Instinkte«, sagte sie, aber ihr: Lächeln wirkte ganz und gar nicht mütterlich.
»Er ist einfach ein großer Junge.«
Sie stand von der Couch auf,
gähnte und streckte sich genüßlich , wobei sie die
Arme über den Kopf hob. Die Bikinihöschen und die Erdanziehungskraft fochten
ein hitziges Duell aus, das mit einem Unentschieden endete.
»Sie wecken bestimmte Instinkte
in mir, Lieutnant «, sagte sie. »Ein irdisches Fühlen
bemächtigt sich meiner, wenn ich in ihrer Nähe bin.«
»Ich stamme aus einer alten
Bauernfamilie«, sagte ich.
»Das brauchen Sie gar nicht zu
betonen«, entgegnete sie. »Das sieht man auf den ersten Blick.«
Sie drehte sich gemächlich um,
so daß ich ihren Rücken ganz aus der Nähe betrachten konnte. »Nun seien Sie so
gut und binden Sie den Schifferknoten wieder auf, mein Bauer«, sagte sie. »Ich
möchte mich duschen.«
»Lieber Himmel!« sagte ich und
tat wie mir geheißen. »Ich hatte gar keine Ahnung, daß mir die Erde noch so an
den Fingern hängt.«
Sie ließ das Bikinioberteil auf
die Couch neben mich fallen.
»Gießen Sie sich Ihr Glas ein,
während ich im Bad bin«, sagte sie, wobei sie sich mir gelassen zuwandte.
»Haben Sie außer Bauer noch einen anderen Namen, Lieutnant ?
Oder heißen Sie vielleicht Lieutnant Bauer?«
»Al«, sagte ich. »Al Bauer.
Möchten Sie, daß ich Sie Shirl nenne, Shirl ?«
»Mein Vorname ist wirklich
Camille«, sagte sie in einem Ton, der beinahe klang, als müsse sie sich
rechtfertigen.
»Ich will es Ihnen
ausnahmsweise glauben«, sagte ich. »Nachdem es hier an nackten Wahrheiten
ohnehin nicht mangelt.«
Sie schlenderte durch den Raum
auf die Badezimmertür zu. Nachdem sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte,
stand ich auf und goß mir noch einen Whisky ein. Ich war zwar mit meiner
Fragerei noch nicht sehr weit gekommen, aber schließlich konnte man auch nicht
alles haben, wie schon der siamesische Zwilling zu dem Mann ihrer Schwester
sagte. Ich trank von dem Scotch und überlegte, daß es Augenblicke wie diese
hier waren, in denen ich Zeit zu einer Selbstanalyse fand. Es geschah immer
dann, wenn Sex mit zarter Hand bei mir anklopfte — dann vergaß ich ganz, daß
ich Polizist war. Das Kreuz mit mir war, warf ich mir selbst streng vor, daß es
mir am nötigsten Pflichtbewußtsein mangelte.
Bill Brady fiel mir ein, ein
Bursche, mit dem ich vor ungefähr drei Jahren bei der Mordkommission
zusammengearbeitet hatte. Bill war ein hingebungsvoller Beamter. Eines Nachts
betrat er ein Lagerhaus, wohl wissend, daß sich die drei Manzini -Brüder
darin verborgen hatten — und daß der eine von ihnen sogar einen alten
Armeeflammenwerfer bei sich trug, den sie die Woche zuvor gestohlen hatten, und
daß sie nicht zögern würden, ihn einzusetzen.
Bill kehrte also zum
Streifenwagen zurück und rief über die Funksprechanlage Verstärkung herbei, wie
es jeder vernünftige Polizist getan haben würde. Aber anstatt dann auf die
Ankunft der Verstärkung zu warten, wie es jeder vernünftige Polizist getan
haben würde, ging Bill mit dem Revolver in der Hand ins Lagerhaus und rief den Manzini -Brüdern zu, sie sollten mit erhobenen Händen
herauskommen.
Man veranstaltete ein duftes Begräbnis für ihn, und auf dem Grabstein stand: Er
starb in Erfüllung seiner Pflicht. Jedesmal , wenn ich
also darüber nachgrübele, daß ich ein pflichtbewußter Beamter sein sollte, fällt mir Bill Brady ein, und dann fühle ich mich gleich
wieder wohler. Auch für einen Polizisten gibt es Grenzen. In der Ausübung
seiner Pflicht natürlich.
Ich trank aus und goß nach, um
der Einsamkeit Herr zu werden. Dann verklang das Brausen der Dusche, und eine
halbe Minute später betrat Camille das Zimmer. Sie war klitschnaß und hinterließ deutliche Fußabdrücke auf dem Holzfußboden. Sie warf mir ein
Badetuch zu, das ich ungeschickt auffing.
»Trocknen Sie mir den Rücken
ab, Al«, sagte sie.
Einen Augenblick lang stand sie
regungslos da, und ein
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