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Al Wheeler und die Nackte

Al Wheeler und die Nackte

Titel: Al Wheeler und die Nackte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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wollte sein Glas nehmen,
aber seine Hand zitterte so heftig, daß er es umwarf. Eine ganze Weile sah er
zu, wie sich der Alkohol bedächtig auf der Bar ausbreitete, dann hob er den
Kopf und starrte mich an.
    »Sie hat Virginia umgebracht«,
sagte er heiser. »Wissen Sie das nicht? Und dann hat sie versucht, es mir in
die Schuhe zu schieben.«
    »Wie denn?« sagte ich müde.
    »Ich bekam am späteren
Nachmittag, so gegen fünf, einen Anruf«, sagte er. »Es war Virginia. Zumindest
behauptete die Sprecherin, sie sei Virginia, und ich zweifelte nicht daran. Sie
sagte, sie sei wieder in Pine City und müsse mich
dringend sehen. Ich fragte sie, weshalb sie zurückgekommen sei und was das
alles bedeuten solle, aber sie behauptete, sie könne es mir nicht am Telefon
erklären. Sie sei draußen in Barnes’ Strandhütte und ich solle sofort dorthin
kommen. Ich versprach ihr, hinauszufahren, und sie beschrieb mir den Weg.«
    »Ich kenne die Hütte«, sagte
ich.
    »Gegen sieben Uhr abends kam
ich dort an«, fuhr er fort. »Ich hatte einige Mühe gehabt, das Ding zu finden
und mir beim Hinunterklettern über den steilen Pfad fast das Genick gebrochen.«
Er richtete sein Glas auf und ließ Whisky hineinplantschen. »In gewisser Weise
war es schön dort. Die Sonne ging eben unter, und vom Ozean wehte eine kühle
Brise herüber. Die Tür der Hütte stand offen, also trat ich ein und rief
Virginias Namen. Dann sah ich sie daliegen — auf einem der Feldbetten.« Er
trank einen großen Schluck Whisky und schnappte nach Luft, als ihm der starke
Alkohol fast die Kehle verbrannte. »Ich dachte, sie schliefe nur, und so
schlich ich auf Zehenspitzen hinüber, um sie aufzuwecken und zu überraschen.
Aber sie wachte nicht auf.« Seine Stimme wurde immer heiserer. »Ich packte sie
bei den Schultern und schüttelte sie. Und schrie immer wieder ihren Namen.«
Seine Augen starrten mich blicklos an. »Es dauerte eine Weile, ehe ich begriff,
daß sie tot war. Daß sie schon eine ganze Zeitlang tot sein mußte. Dann ging
mir ein Licht auf. Es war Carol gewesen, die am Apparat vorgegeben hatte,
Virginia zu sein. Es mußte Carol gewesen sein, die sie umgebracht hatte — und
nun wollte sie mir den Mord in die Schuhe schieben.«
    »Und die Leiche?« warf ich ein.
    Er nickte verkrampft. »Ich
dachte, meine einzige Chance bestünde darin, sie sofort wegzuschaffen. Ich zog
mich nackt aus, trug die Tote zum Strand hinunter und nahm sie mit mir ins
Wasser. Ich schwamm so weit wie möglich hinaus, wobei ich sie hinter mir
herzog, dann ließ ich sie los.« Er preßte ein paar Sekunden lang den Handrücken
gegen den Mund. »Sie trieb eine Weile an der Oberfläche, bevor sie abzusinken
begann. Sie sah so schön aus — mit ihrem langen Haar, das fast wie ein Schleier
ihren Kopf umgab.«
    »Und dann?«
    »Ich kehrte zur Hütte zurück,
trocknete mich ab und zog mich wieder an. Ich befand mich in einem Zustand
kompletter Panik. Jeden Augenblick rechnete ich damit, daß sich eine Rotte
uniformierter Polizisten auf mich stürzen würde, und ich wollte so schnell wie
möglich weg. Gegen zehn Uhr abends war ich wieder hier. Ungefähr eine
Viertelstunde später rief mich Jason an. Er erzählte mir von dem
Zusammentreffen von Carol und Virginia in der Hotelsuite und sagte, ich solle
ebenfalls kommen. Ich dankte ihm und legte auf.«
    »Fuhren Sie ins Hotel?«
    »Wozu denn, um alles auf der
Welt? Ich wußte, daß Virginia tot war, und Carol wußte das ebenfalls, denn sie
hatte sie ja selbst umgebracht! Also würde Carol mit Sicherheit die Verabredung
nicht einhalten.«
    »Es gibt im Ozean dort draußen
eine Strömung, die parallel zum Strand verläuft«, sagte ich. Durch sie wurde
Virginias Körper zu den Klippen ans andere Ende getrieben und verfing sich in
einem Felsspalt.«
    »Der Gedanke, daß ich sie ins
Meer hinausgeschleppt habe, verfolgt mich heute noch«, murmelte er. »Aber ich
wußte zu dem Zeitpunkt einfach nicht, was ich sonst tun sollte.«
    »Hatte sie irgendwelche
Verletzungen am Körper?«
    »Ich habe nicht nachgesehen«,
sagte er. »Ich wollte nicht wissen, wie sie umgekommen war. Es reichte, daß sie
tot war und daß meine Frau sie ermordet hatte. Im Grund war das ganze meine
Schuld, und der Gedanke genügt mir für den Rest meines Lebens, Lieutenant.«
    »Erzählen Sie mir mehr über
Ihre Frau«, sagte ich.
    »Was gibt’s da zu erzählen? Sie
war ein Luder, dem alles zuzutrauen war! Ich bin froh, daß sie tot ist. Und ich
hoffe, daß derjenige, der

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