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Al Wheeler und die tote Lady

Al Wheeler und die tote Lady

Titel: Al Wheeler und die tote Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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gesprochen hatten. Ich war nicht einmal überzeugt, ob ich noch in
meinem Beruf tätig war. Gegen acht Uhr morgens war ich nach Hause gekommen und
ins Bett gefallen. Gegen sechs Uhr abends rief mich irgendein irrer Reporter
an, der wissen wollte, ob ich ihm bei der Story des Tenison -Mordfalles
zu neuen Gesichtspunkten verhelfen könne. Was er im einzelnen herausfinden
wollte, war, wieviel Leute ich wohl, mit einer
Pistole versehen, umgebracht hätte, wenn es mir schon unbewaffnet geglückt war,
zwei um die Ecke zu bringen. Ich erklärte ihm, der Sheriff habe mir meine
Dienstwaffe zurückgegeben, ich könne also von neuem anfangen, und er stünde
ganz oben auf der Liste.
    Danach duschte ich mich und zog
mich an. Zwei Drinks schmeckten wie eine erschreckende Warnung, den Alkohol
gänzlich aufzugeben. Und selbst der HiFi verfehlte seine gewohnte beruhigende
Wirkung. Es ging auf acht Uhr abends zu, und ich machte mich zögernd mit der
Tatsache vertraut, daß ich langsam, aber sicher überschnappte. Irgendwo tief in
meinem Inneren nagte ein unbefriedigtes Verlangen. Aber wonach? Eine halbe
Stunde später klingelte es an der Wohnungstür, und auf dem Weg in den Flur
hinaus kam ich zu dem Entschluß, daß ich, falls es sich um den besessenen
Reporter mit den neuen Gesichtspunkten für seine Story handeln sollte, ihn an
Ort und Stelle erschießen und hinterher auf Notwehr plädieren würde.
    Ich riß weit die Tür auf und
legte dann instinktiv schützend einen Arm vor die Augen — zum Schutz gegen das
kombinierte Geglitzer der dicken Hornbrille und des schillernden silbernen
Regenmantels, den sie trug.
    »Du bist berühmt«, sagte Sam
Conway mit ausdrucksloser Stimme. »Dein Bild ist sogar auf der ersten Seite der
Abendzeitung! Im Leitartikel steht, du seist ein Held. Und der Schreiberling
auf Seite fünf behauptet, du seist ein Ein-Mann-Lynch-Mob und gehörtest in eine
Irrenanstalt. Aber ich nehme an, die meisten Leute lesen den Leitartikel, und
somit bist du ein berühmter Held. Wo kann ich dich also gebührend mit
>hallo< begrüßen?«
    »Drinnen«, sagte ich und folgte
ihr ins Wohnzimmer.
    Sie blieb gleich hinter der
Schwelle stehen und sah sich sorgfältig um, als ob sie der neue
Gerichtsvollzieher sei und der Übung bedürfe.
    »Honey«, erklärte sie
schließlich, »nach dem Aussehen deiner Couch zu schließen, liegt wohl die ganze
Historie deines Sexuallebens in ihren Sprungfedern eingebettet?«
    »Nur eine Frage«, sagte ich.
»Regnet es hier drinnen?«
    Sie sah mich zweifelnd an und
rückte dann schnell von mir ab. »Bist du vielleicht übermüdet?«
    »Beantworte die Frage.«
    Sie zuckte hilflos die
Schultern. »Tut mir leid, Al, aber die Antwort lautet: nein.«
    »Dann kannst du diesen
indiskutablen Regenmantel abnehmen«, knurrte ich. »Jedesmal, wenn ich das
verdammte Ding ansehe, beginnt meine Leber zu zucken.«
    »Es ist fraglich, ob ich so
lange bleibe, daß die körperliche Anstrengung gerechtfertigt ist«, sagte sie
kalt. »Du hast es noch nicht einmal bemerkt.«
    »Was?« gurgelte ich.
    »Ich war wütend auf dich, weil
du auf der Rückfahrt von Las Vegas so gemein zu mir warst«, sagte sie. »Aber du
hattest recht! Also bin ich den ganzen weiten Weg in die Stadt hineingefahren,
um mich bei dir zu bedanken, daß du Ordnung in mein Dasein gebracht hast. Und
nun bemerkst du nicht einmal den Wandel, der in mir vorgegangen ist!«
    »Was?«
    »Du heißt Al Wheeler, und du
bist Polizeilieutenant «, sagte sie schnell. »Du bist
ein Scotch-auf-Eis-Trinker — mit ein bißchen Soda; du fährst einen
ausländischen Sportwagen, und zwar wie ein Wahnsinniger. Und — ach jal — du bist im Bett unersättlich.«
    »Sam!« Ich starrte sie ein paar
Sekunden lang mit auf gerissenen Augen an, dann brachte ich meine Nase nahe an
ihren Mund und schnupperte sachte. »Sam«, schrie ich. »Du bist nüchtern!«
    »Und ich kann mich sogar an
einen Burschen namens Al Fortuna erinnern«, sagte sie triumphierend, »und
daran, daß ich mein Höschen beim Würfeln eingesetzt habe, und auch daran, daß
ich«, sie kicherte hemmungslos, »dich nicht erkannt habe, als ich morgens im
Motel neben dir aufgewacht bin!«
    »He!« sagte ich im Ton der
Bewunderung. »Wie hast du das geschafft?«
    »Es war genauso, wie du gesagt
hast: Nüchtern war ich spröde, zimperlich, schlechtgelaunt, etepetete, einfach
unmöglich! Also war der Alkohol die einzige Möglichkeit, mir selbst zu
entfliehen und die Person zu sein, die ich sein wollte — die

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