Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alarm im Tunnel Transterra

Alarm im Tunnel Transterra

Titel: Alarm im Tunnel Transterra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
Vom Netzwerk:
einer blitzschnellen Attacke dem Gürtel zuvor, der unmerklich über die Wölbung seines Bauches zu rutschen begann, und er sagte: „Versuchen Sie es doch in der Kantine, vielleicht nimmt Sie jemand mit. Ich werde Reganta Bescheid geben, er soll mal herumhorchen. Wo sind Sie zu erreichen?“
    „Die nächste Stunde dann in der Kantine. Der Gedanke ist nicht schlecht, lieber steige ich ein paarmal um, als daß ich hier elf Tage herumhocke. Außerdem wartet eine Frau auf mich, die Unpünktlichkeit nicht leiden kann!“
    „Na, na, Pyron, Ihr dickes Fell soll doch sogar Annihilati-onsgeschützen standhalten!“ Er fand zwischen Knopf und Leibriemen zwei Sekunden Pause und nutzte diese, um mir väterlich auf die Schulter zu klopfen. Dabei verzog er sein Gesicht zu einer zweideutigen Grimasse stillen Verstehens.
    Ich muß mir immer ein nachsichtiges Lächeln verkneifen, wenn der große weise Achternak mich mit meinem Spitznamen anredet, denn er gehört garantiert zu denjenigen, die gar nicht wissen, daß „Pyron“ ein Spottname ist, den ich mir auf der Akademie durch eine solide Leistung ehrlich verdient habe.
    Anläßlich des Karnevals im ersten Studienjahr trieb mich einer meiner häufigen Anfälle wichtigtuerischen Größenwahns dazu, als Feuerfresser aufzutreten. Ich fühlte mich durch meine geringe Körpergröße diskriminiert und floh vor meinen Ve r-klemmungen in die Rolle des clownesken Tausendsassas.
    Mit dem Feuerfressen hatte ich mich allerdings überno mmen; ich verschluckte mich und versengte mir jämmerlich die Zunge. Schuld daran war mein Freund Reg. Er schnitt mir so gräßliche Grimassen, daß es mir nicht gelang, die nö-
    tige Würde beizubehalten. Wir sind gute Freunde und spielen uns daher oft solche Streiche.
    Der größte Teil des Alkohols floß, Gott sei Dank, durch me i-ne Kehle, der Rest verwandelte sich in ein kleines blaues Flämmchen, das lustig über meine Zunge tanzte…
    Zehn Minuten später war ich schrecklich betrunken, und man krönte mich unter dem Beifall der Kadetten mit einer Salat-schüssel zum König der Feuerfresser Pyron I.
    Diesen Namen wurde ich nicht mehr los. Eine unkonzentrierte Schreibkraft vermerkte in meiner Pilotenlizenz unter der Rubrik Name: Pyron, und fragte mich dann nach dem Vorna-men. Ich zögerte einen Augenblick, einen kurzen nur, und nannte ihn, ohne mit der Wimper zu zucken. Seit dieser Zeit heiße ich offiziell und legal Emanuel Pyron, und ich muß sagen, Pyron gefällt mir viel besser als Flunkenkratzer.
    Achternak kennt diese Episode nicht, deshalb blinzelt er immer irritiert, wenn meine Mundwinkel verdächtig zucken. Sie zucken, weil er meinen Namen ausspricht, als sei es der eines alten Heldengeschlechts. Wahrscheinlich, weil es so griechisch klingt und so weise: Emanuel Pyron!
    Achternak verabschiedete mich mit der ihm eigenen nervösen Unruhe und schloß die Tür seines Heiligtums, der Einsatzzentrale, hinter sich.
    Diese neurotische Anspannung, das ewige Lauern auf unvorhergesehene Gefahren, ist für uns Leute von der Raumsicherheit charakteristisch. Erst beim Einsatz in der Kabine des Jägers läßt dieses schreckliche Gefühl nach, ich kenne, das aus eigenem Erleben.
    Achternak war selbst über dreißig Jahre Navigator, später Erster Astrogator – das Fieber hat sich so in ihn hineingefres-sen, daß es ihn wohl nie mehr loslassen wird. Dieses Jagdfieber ist wie einst Malaria – hat man sich einmal infiziert, bleibt man ihm bis zum Tode ausgeliefert. Für Albert Achternak, der selbst nicht mehr fliegen kann, muß es besonders schlimm sein.
    Ich ging durch die Kantine des flugtechnischen Personals und hielt Ausschau nach Gesichtern aus der Zeit, als ich selbst noch – in die winzige Kabine des Jägers gequetscht wie der Korken in den Flaschenhals – mit dem Antiwerfer Löcher ins Weltall geballert hatte. Aber diesmal konnte ich keinen der alten Gefährten entdecken, mit denen ich jahrelang in fliegenden Antiplasmageschützen unsichtbaren Materiepartikelchen hinterhergejagt war und mit denen ich Lieder gesungen hatte wie das vom Geschwader Steinadler, das sich während des ersten interstellaren Fluges zum Alpha im All verloren hatte wie versickerndes Wasser im Sand.
    Mein angestrengt suchender Blick blieb an einer seltsamen schwarzen Mütze mit einem auffällig langen Schirm hängen.
    Sie gehörte zu einer Uniform, die sich von unseren dunkelroten durch das tiefe Samtschwarz und eine goldene Schlange auf dem Ärmel unterschied und die überhaupt

Weitere Kostenlose Bücher