Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alarm im Tunnel Transterra

Alarm im Tunnel Transterra

Titel: Alarm im Tunnel Transterra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
Vom Netzwerk:
den Stein um Bobs dürren Hals. Sekundenbruchteile später zog Enttäuschung mein Gesicht in die Länge. Ja, ich war maßlos enttäuscht. Dieses treulose Stück Stein! Von vielen war ich um das zutrauliche Glühen des Steinchens beneidet worden – aber kaum berührte er Bobs Brust, sprühten karminrote Funken aus dem Heliolith.
    Bob kauerte sich hin wie ein spielendes Kind. Seine durch-sichtigen Spinnenfinger streichelten liebevoll den Stein. Als ich seinen dankbaren Blick sah, schwand der Ärger über den flat-terhaften Charakter des kleinen Siliziten. Er mußte sich bei Bob ungemein wohl fühlen. In einem Anflug von Wehmut dachte ich: Nicht mal die Steine halten es bei mir aus…
    „Zum wievielten Geburtstag kann man denn gratulieren?“
    fragte Reg.
    „Bob wird morgen drei Jahre alt.“ Spinks strich seinem Piloten väterlich über den Kopf.
    „Wieviel, drei?“ fragte ich fassungslos, biß mir aber im selben Augenblick auf die Lippen. Natürlich, ich war wieder in eine Falle hineingetappt! Das Blut füllte meinen Kopf in Erwartung des schadenfrohen Gelächters. Dumme Späße kann man sich mit mir erlauben, ich bin anscheinend eine ideale Zielscheibe.
    „Ja, drei!“ erwiderte Spinks gleichgültig.
    „Magister! Sie scherzen!“ wandte Reg zweifelnd ein.
    „Nicht im geringsten. Bob ist aus der zweiten Generation und aus seiner Kategorie das Beste, was wir besitzen. Hat massig viel gelernt in den drei Jahren!“
    Mein Mißtrauen war glücklicherweise im letzten Moment erwacht, und so glaubte ich ihm kein Wort. Drei Jahre, so ein Quatsch! Ich dachte mir eine ironische Entgegnung aus und wollte sie gerade vom Stapel lassen. Aber ich kam nicht dazu.
    Der Lautsprecher pumpte einen Schwall sich überschlagender Stimmen in die Kantine, aus dem sich langsam eine Durchsage herauswand. „Reg Reganta und Magister Spinks bitte umgehend in der Einsatzzentrale melden!“
    Spinks fluchte ungehalten. „Was soll das? Wir müssen weg!“
    Die Durchsage wurde wiederholt, eindringlich und ungeduldig, wie mir schien. „Reg Reganta und Magister Spinks bitte umgehend in der Einsatzzentrale melden!“
    „Das klingt nach Ärger. Haben Sie den Krach in der Zentrale gehört? Dort ist anscheinend die Hölle los. Kommen Sie, zum Spaß wird man uns nicht hinbestellen!“ Reg war bleich.
    Ich hatte ein ungutes Gefühl, das Stimmengewirr aus der Zentrale war ein furchteinflößendes Alarmsignal. Ein Ge-räusch, das dort nicht hingehörte. Wie ein Knistern im Autogo-nium des Steuerautomaten oder ein giftiges Zischen aus der Triebwerkskammer.
    „Gut, gehen wir! Das beste ist, Sie kommen gleich mit, Inspektor, danach geht’s sofort ab!“ Spinks zog Bob hoch, der immer noch am Boden kauerte und den Sonnenstein betastete.
    Dann machten wir uns auf den Weg. Bob trottete wie ein folg-sames Hündchen hinter uns her.
    Vor uns öffnete sich eine schweigende Gasse. Alle in der Kantine hatten mitgehört.
    Tumult in der Zentrale. Dagegen war das unheimliche Heulen der Alarmsirenen nur ein unbedeutendes Wimmern!
     
    Wir hasteten durch die Korridore, die sich wie von gefräßigen Maden gebohrte Gänge kreuz und quer durch ROTA zogen.
    Die Außenstation sollte sich niemand als streng geometrisches Gebilde vorstellen. An allen Ecken und Enden mußte, den Erfordernissen entsprechend, angebaut werden. Aus dem Me-tallklümpchen wurde ein wildwuchernder Pilz, der Beulen, Blasen, Fühler, Äste und nicht näher zu bezeichnende Auswüchse trieb.
    Aus einer gewissen Entfernung ähnelt ROTA mehr einer zerfetzten Sardinendose als einer bewohnten Raumstation. Ve rringert man die Distanz, glaubt man, da fliegt ein Elefantenrüssel mit der Hälfte eines zerschossenen Ohrs durch das Sternen-geflimmer. Paradoxerweise nehmen mit größer werdender Entfernung von der Erde der Schönheitssinn und das ästheti-sche Empfinden des Menschen ab. In unmittelbarer Nähe der alten Erdkugel würde solch ein Ungetüm einen Sturm der Entrüstung heraufbeschwören. Hier kümmert sich keine Men-schenseele darum.
    Wir langten vor der Tür der Zentrale an. Reg drückte den Schalter der Rufanlage herunter und sprach seinen persönlichen Code in die Wand. Sofort glitt die gepolsterte Stahltür zur Seite und gab den Blick auf ein Chaos frei.
    Ich prallte entsetzt zurück. Die Zentrale ist ein Synonym für peinliche Ordnung und kühle, beinahe bürokratische Sachlich-keit. Durch die Unsitte ununterbrochenen Teegenusses riecht es dort immer nach abgestandenem Wasser; das ist das

Weitere Kostenlose Bücher