Alarm! Kloesschen ist verschwunden - Terror aus dem Pulverfass - Die Falle im Fuchsbach
den Wagen zu und ließ den Blick kreisen. Wo war der Postmensch?
Rechter Hand auf der Weide dörrte eine baufällige Scheune in der schwülen Mittagshitze. Rotklee, Luzerneund Ackerspörgel blühten ringsum. An den beiden Wänden, die Tim sehen konnte, hatten sich etliche Bretter gelöst und im letzten oder vorletzten Winter hatten Schneelasten das Dach eingedrückt.
Der Mann trug eine blaue Postuniform, einschließlich der Mütze.
Er kam aus der Scheune, sah Tim – und prallte zurück.
Offensichtlich wollte der Uniformierte den Krebsgang einschalten und sich rückwärts ins Schattendunkel der Scheune verdrücken.
Aber Tim hob eine Hand und winkte. »Gut Freund« rief er nicht.
Hat der, überlegte er, vor Schreck in die Hose gemacht? Oder weshalb verkriecht er sich dort?
Beim Autowrack blieb der TKKG-Häuptling stehen. Zum Glück brannte es nicht wie vor vier Tagen der Wendeling-Wagen.
Die Hecktüren standen offen.
Tim sah hinein.
Leer. Total leer. Gab’s das? Keine Post für die Schule, diesmal? Und überhaupt: Auch für Birnbach-Oberpreusel erbrachte die Bundespost ihre Dienstleistungen. Wochentäglich fuhr der Wagen dorthin. Aber wo waren die Briefsendungen, die Pakete und Päckchen?
Der Postfahrer näherte sich.
Tim kannte ihn vom Sehen. Rund ums Jahr waren es drei
oder vier, die sich ablösten. Dieser hier – das war der mit der reichhaltigen Frisur und dem etwas teigigen Gesicht. Jetzt glänzte es schweißfeucht und bleich. »Hahhhhhhh«, stöhnte er.
Sein Mund zuckte. Kleine Augen sahen Tim an und rasch wieder weg.
»Aha«, nickte Tim. »Das erklärt alles.«
»Was?«
»Ich bin Peter Carsten. Internatsschüler. Momentan mit Lauftraining beschäftigt. Sind Sie verunfallt? Hat der Feldwind den Wagen umgeweht? Oder legen Sie ihn immer auf die Seite, wenn Sie zum Pieseln austreten?«
»Was?«
»Das hatten wir schon. Brauchen Sie Hilfe, Herr...« »Beck. Jürgen Beck. Postzusteller.«
»Ich kenne Sie. Was ist denn nun passiert? Zu schnell gefahren auf dieser Schlaglochpiste, wie?«
Der Mann schüttelte seinen dichten Haarschopf.
»Ich fahre nie zu schnell. Man hat mich überfallen. Drei Maskierte waren’s. Haben mich mit ihrem Fahrzeug gerammt. Krrrrach! Haben mich regelrecht umgekippt. Und dann bedroht. Mit Schusswaffen. Alles haben sie geraubt – die gesamte heutige Zustellung.«
»Mich beißt die Höllennatter«, murmelte Tim. »Überfallen? Beraubt? Wann?«
»Gerade eben. Vor ... « Beck missbrauchte seine Uniformj acke, indem er sich mit dem Ärmel die Stirn wischte, »ich weiß nicht, wie viel Minuten. Ich musste mich auf den Boden legen und die Augen schließen. Ich war in L-eb-e-n-s-g-e-f-a-h-r! «
Er schien das erst jetzt zu begreifen und wurde noch weißer im Gesicht.
Hastig sagte er dann: »Ich dachte, sie kommen zurück, die drei. Mir war, als hörte ich einen Motor. Deshalb habe ich mich in der Scheune versteckt.«
»Drei?«, rief Tim. »Was haben Sie gesehen – trotz Bauchlage und geschlossener Augen? War es ein roter Wagen mit blauem Strich ringsum? Ein Typ lang und dürr undin grünstreifiger Jacke? Und auf dem Nummernschild die Ziffernfolge 34-547 oder so ähnlich?«
Beck nickte. »Drei. Stimmt. Ein roter Wagen.So was wie ein Geländewagen. Wahrscheinlich ein japanisches Modell. Die Ausländer drängen ja überall auf den Markt und machen die deutsche Wirtschaft kaputt. Aber dem werden wir begegnen – mit der 25-Stunden-Woche, höheren Löhnen und verlängertem Urlaub. Das schmettern wir ab. Wir... was wollte ich sagen? Ja, einer der Maskierten ist sehr groß und fürchterlich lattendünn. Der in der grünen Jacke. Das Nummernschild war ganz und gar mit Lehm zu- gepappt. Lesen konnte ich da beim besten Willen nichts.«
»Aber ich«, sagte Tim. »Ich habe sie gesehen.«
»Bist ihnen begegnet?«
»Bin ich.«
»Sei froh, dass sie dich nicht erschossen haben.«
»Der Dünne hat nur einen giftigen Blick verschossen. Unfasslich! Dass die der Bundespost so was antun. Aber sie werden schon wissen, weshalb.«
»Du heißt Peter Carsten?«, fragte Beck mit schief gelegtem Kopf und treuherzigem Augenaufschlag. »Beim Einladen habe ich zufällig gesehen: Für dich war ein Brief dabei. Er lag obenauf. Da bin ich ganz sicher – sonst würde ich es dir nicht sagen.«
Der Brief!
Ein kalter Strahl schien Tim zu treffen.
Muttis Brief!, dachte er. Mit dem Foto! Mit dem Foto meines Vaters, das ihn als 17-Jährigen zeigt. Verdammt! Diese Dreckskerle haben mich beraubt. Alle
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