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Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Sturms
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Dämmerung war nah, und das abendliche Ritual sprach bereits zu seinem Blut.
    »Ja«, sagte Riemer stolz und warf die Schultern zurück, »es muss in der Familie bleiben.«
    Mykoff liebte es, wenn sein Bruder sich edel gebärdete. Er berührte das Wappen mit zwei Fingern. »Auf das Haus Kura’dom.«
    »Auf das Blut unseres Volkes«, beendete Riemer den alten Sinnspruch ihrer Familie und ahmte dabei die Gebärde seines Bruders nach.
    Mykoffs Mund wurde trocken, und ein leichtes Beben erschütterte seine Schultern. Das Blut von Schattenbach war ihr Erbe! Wie konnte es der Zwerg wagen, sie aufzufordern, die Jagd mit Fremden zu teilen! »Auf das Blut unseres Volkes!« wiederholte Mykoff. Glänzende Schweißperlen standen ihm auf der Stirn.
    »Beruhige dich, Bruder. Du darfst dich nicht vom Zorn beherrschen lassen. Die besten Pläne werden mit kühlem Herzen durchgeführt.«
    Mykoff seufzte und zügelte seinen Zorn. Wie immer sprach Riemer weise. Er zwang sich zu einer entspannten Körperhaltung. »Also dann, ist alles vorbereitet?«
    »Natürlich.« Riemer ging in Richtung Tür.
    Mykoff folgte seinem älteren Bruder. Während sie ihr Gemach durchquerten, bewunderte er den Fall des Gewandes und des Umhangs um Riemers Schultern. Das weiße Haar seines Bruders hob sich eindrucksvoll gegen das Dunkelgrün des Umhangs ab.
    Riemer öffnete die Tür und sah sich Rothskilder gegenüber, der vor der Schwelle in einer Verbeugung verharrte.
    »O hohe Herren«, sprach der Diener feierlich, in Erwartung ihrer Anweisungen.
    »Geh voraus!« befahl Riemer, wobei sich seine Lippen kaum bewegten.
    Mykoff wusste, dass es seinem Bruder, ebenso wie ihm selbst, zutiefst widerstrebte, mit irgendjemandem zu sprechen. Ihre Stimmen waren nur jeweils für die Ohren des anderen bestimmt. War es unumgänglich, dass sie sprachen, dann geschah dies im Flüsterton, um ihre Stimmen in so geringem Maße wie nur möglich der Dienerschaft zuteil werden zu lassen.
    Rothskilder kannte ihre Schrullen und unterließ es, sie in ein Gespräch zu verwickeln, während er auf dem Weg zum Musikantensaal vorausging. Dennoch hielt eine innere Unruhe seine Zunge in Bewegung. »Ich habe Wachtposten aufstellen lassen, die Ausgänge sind gesichert, so wie Ihr befohlen habt.«
    Während die Zwillinge Schulter an Schulter voranschritten, warf Riemer seinem Bruder einen Blick zu, der so viel hieß wie: Ich habe es dir ja gesagt. Alles war in Ordnung.
    Zur Bestätigung neigte Mykoff das Kinn ein ganz klein wenig. Dennoch fragte er den Diener: »Wir werden bestimmt nicht gestört?«
    Seine Stimme, die zwar flüsterte, aber unerwartet war, ließ Rothskilder zusammenzucken. Beinahe hätte der Mann Mykoff angestarrt, doch dann fing er sich wieder und schritt weiter durch den Flur. »Genau wie Ihr es gewünscht habt, handelt es sich um eine Privataudienz«, sagte er unterwürfig. »Niemand wird Euch stören.«
    Hinter Rothskilder glitten die Zwillinge wie zwei Seidengespenster einher, ihre mit Pantoffeln bekleideten Füße bewegten sich im Gleichschritt, und ihre grünen Umhänge wallten einheitlich.
    Keiner der Zwillinge sprach, aber jeder kannte die Gedanken des anderen. Mykoffs und Riemers Augen trafen sich kurz, als sie um die letzte Kurve bogen. Die Hände beider Brüder lagen bereits an den Griffen der Giftdolche, die in den um ihre Handgelenke gegurteten Scheiden versteckt waren.
    Das Haus Kura’dom wusste das Seine zu schützen.
     
    Meister Torring kauerte im Morast des Kellers. Ihm zu Füßen lag die Kugel aus Schwarzstein halb versunken im Schlamm. Ihre polierte Oberfläche glänzte nicht mehr von Flammen. Nach dem groben Eindringen des Axtmannes in die Traumlandschaft der Kugel war Torring unfähig gewesen, die nötige Konzentration aufzubringen, um das Feuer zu erhalten. Wer war dieser seltsame Kraftbolzen von einem Mann? Der Zwerg hatte ihn als den Elementargeist erkannt, der der Falle von letzter Nacht entkommen war, aber, bei den tanzenden Göttern, wie war es ihm gelungen, in der Kugel aufzutauchen? Der Schwarzstein unterlag ausschließlich Torrings Einfluss. Niemandem außer ihm sollte es möglich sein, ungehindert in ihn einzudringen.
    In der Nähe stöhnte der gefangene Elv’e in seinen Ketten.
    »Schon gut«, sagte der Zwerg und vollführte eine gedankenverlorene Handbewegung zu dem geschundenen Mann. »Ich kümmere mich gleich wieder um dich.« Er hatte gerade erst damit begonnen, den Geist des Elv’en zu formen. Es war noch viel zu tun, doch die

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