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Alasea 02 - Das Buch des Sturms

Titel: Alasea 02 - Das Buch des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Sturms
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bratendem Fleisch und kochenden Kartoffeln ließen ihn den eigentlichen Zweck dieses Abends beinahe vergessen. Selbst wenn sie die hohen Herren nicht dazu überreden konnten, zu helfen, würde für sie vielleicht wenigstens eine Mahlzeit herausspringen, die aus etwas anderem bestand als dem üblichen gesalzenen Fisch.
    Anscheinend lief auch Tol’chuk das Wasser im Mund zusammen, während sie durch den Küchenbereich gingen. Kral ertappte den Og’er dabei, wie er ein aufgespießtes Lamm über glühenden Scheiten gierig anstarrte. Ihre Augen trafen sich in gemeinsamer Anerkennung der Begabung des Kochs. Doch schon ging es weiter, weg von den Wohlgerüchen der Herde und Öfen.
    Gedanklich mit seinem Bauch beschäftigt, folgte Kral der schlanken Gestalt Rothskilders durch die Nebentrakte der Festung, wo die dienstbaren Geister der Burg zum Wohle der Herrschaft rackerten. Die Gänge wurden schmaler und die Decken niedriger. Kral betrachtete die mangelhafte Bauweise dieser düsteren Räumlichkeiten. Anscheinend wurde für die Gesindeflügel wenig Geld aufgewendet.
    Der Burgverweser summte und pfiff vor sich hin, während er sie immer tiefer in die Festung führte.
    »Wie weit ist es noch?« wollte Mogwied wissen und keuchte angestrengt; wahrscheinlich war ihm die eine Kiste, die er trug, schon zu viel.
    »Nicht mehr weit. Leider ist lediglich hochgeborenen Gästen und deren Dienern das Betreten der Hauptflure gestattet deshalb darf ich euch nur über Umwege zum Musikantensaal führen. Ich muss mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen.«
    Nach einer Biegung des Korridors sah die Mauer zur Linken plötzlich anders aus als zuvor; sie bestand jetzt nur noch aus groben Steinblöcken, die nicht mit Mörtel verputzt, sondern nur behauen und aufeinander gestapelt worden waren.
    Offenbar hatte der Burgmarschall bemerkt, dass Kral kurz innegehalten und die Mauer genauer betrachtet hatte. »Ja«, sagte Rothskilder, wobei er seinen Schritt verlangsamte und den Stein stirnrunzelnd betrachtete. »Das ist der älteste Teil der Festung, das eigentliche Verlies. Eine sehr derbe Bauweise.« Er deutete mit einer verächtlichen Handbewegung auf die Mauern. »Ich weiß nicht, warum die Handwerker das Ganze nicht einfach abgerissen haben, als die Burg gebaut wurde.«
    Kral konnte die Augen jedoch nicht von den Steinen abwenden. Als ihr Führer den Weg fortsetzte, blieb er zurück. Bald waren auch Tol’chuk und Mogwied ihm ein Stück voraus.
    Kral hob die Hand zu der Mauer. Seine Finger zitterten. Sein Blut reagierte auf den Stein. Er spürte die Kraft, die darin pochte und sich auf ihn übertrug. Als er einen Finger auf den Stein legte, erschallten in seinem Kopf die alten Stimmen der Sterbenden so eindringlich, dass er fürchtete, den Verstand zu verlieren.
    An die Waffen, ihr guten Männer! … Die Zwerge haben die Südmauer durchbrochen! … Hütete euch vor ihren Herrschern! Sie kommen mit schwarzer Magik! … Bogenschützen nach Westen! … Der Blutstein! Der Blutstein!
    Kral stand schwankend da. Er streckte die verletzte Hand zur Mauer aus, um sich festzuhalten. Das war ein Fehler. Bei der Berührung verlor er die Herrschaft über sein Denken.
    Der Korridor verschwand, und Kral fand sich allein auf einem hohen Turm wieder. Ein sichelförmiger Mond blickte auf ihn herab und spendete wenig Licht. Doch ein rötlicher Schimmer erhellte den Horizont zu allen Seiten, als Kral sich umsah. Er rannte zum Rand des Turms und beugte sich über die Brustwehr. Tief unten leuchtete ein Fluss rot von tausend Belagerungsfeuern. Schreie von Gefolterten stiegen mit dem Rauch der Feuer auf. Kral nahm die Hände vom Stein der Brustwehr. Sie waren nass von Blut. Der ganze Turm war getränkt vom Blut der Erschlagenen.
    Ein Scharren von Füßen auf Stein ertönte hinter ihm.
    Kral fürchtete sich davor, hinzusehen, war jedoch unfähig, dem Drang zu widerstehen. Er drehte sich um.
    In der Mitte des Turmplateaus hockte eine nackte Gestalt. Sie reichte Kral gerade mal bis zur Gürtelschnalle, war jedoch so kräftig gebaut wie der Mann aus den Bergen. Kral kannte dieses Geschöpf. Dort hockte ein Ungeheuer aus der Vergangenheit. Er erinnerte sich an die immer wieder erzählten Geschichten von den blutigen Zwergenkriegen. An die Heldentat von Mulf, dem Axtmeister, der den Pass der Tränen einen ganzen Tag und eine Nacht lang gegen die Zwergenarmeen gehalten hatte. Angeblich hatten diese üblen Geschöpfe seine Vorfahren aus ihrer Heimat im fernen Norden

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