Alasea 03 - Das Buch der Rache
weiter.
Von irgendwo jenseits des Geistfeuers erreichte Elena ein Ruf. »Elena, warte! Ich helfe dir!«
Sie zog die rechte Augenbraue hoch. Es dauerte nicht einmal einen Herzschlag lang, bis sie Joachs Stimme erkannte. Schließlich bemerkte sie auch Er’ril und die anderen, die sich auf dem Deck versammelt und die Schwerter gegen Rockenheim erhoben hatten. Sie entdeckte Joachs jungenhafte Gestalt, die nur mit einem Stab bewaffnet über die Planken zu ihr geschossen kam auf die brennende Gestalt des Schwärmer Königs zu.
»Joach! Nein!« Elena kämpfte gegen den Würgegriff der Hexe an. Der kalte Teil ihres Geistes wünschte sich nichts sehnlicher als den Kampf zwischen den Dämonen. Er kümmerte sich nicht um die Liebe, die eine Schwester für ihren Bruder empfand. Solche Gefühle spielten beim Tanz der Magik keine Rolle. Doch die Hexe schleuderte ihre Magik dem kämpfenden Dämonenherrscher wild entgegen und saugte dabei alle Energien aus Elenas Blut, und da empfand Elena den Ruf der Hexe plötzlich als weniger verführerisch. Sie konnte wieder klarer denken.
Elena dachte an das Gefühl, das sie ursprünglich gehabt hatte, nämlich dass mehr als nur rohe Macht vonnöten war, um den Schwärmer König zu besiegen. Noch vor wenigen Augenblicken hatte sie blindwütig gekämpft. Doch mit dieser ungestümen Handlung hatte sie nichts erreicht. Sie hatte das Ungeheuer zwar verwundet, aber mehr auch nicht.
Da die Magik schwand, konnte Elena der Hexe die Macht entreißen. Schnell stoppte sie den Fluss des Geistfeuers und zog die letzten Reste ihrer Magik wieder an sich, bevor auch diese sinnlos verschwendet wurden.
Vor ihr stand der Schwärmer König und brannte noch immer lichterloh, aber ihr Geistfeuer würde nicht mehr lange anhalten. Elena hatte nur noch wenige Sekunden. Sie warf einen Blick auf ihre blasse Hand. Was konnte sie tun? Der Dämon schien immun zu sein gegen das, was von ihrer Magik noch übrig war.
»Geh zurück, Elena!« rief Joach, der hinter dem brennenden Dämon stand. Er trug seinen Stock hoch erhoben über dem Kopf, als hätte er vor, das Untier mit dem dicken Stab zu erschlagen.
Elena starrte auf die Waffe ihres Bruders. Da blühte plötzlich eine Idee in ihr auf. Wo die Magik scheitert… Sie erinnerte sich an Tante Mikelas Unterrichtsstunden. Wo die Magik scheitert, gewinnt das Schwert die Oberhand.
Elena richtete sich auf. »Joach! Nein!« schrie sie ihm zu, aber sie wusste genau, dass ihre Worte ihn nicht aufhalten konnten. Er würde den Tod in Kauf nehmen, um sie zu retten. »Komm zu mir herüber!« Sie hielt ihre Magik mit der rechten Faust fest umklammert und umkreiste so den gequälten Dämon, der gerade die letzten der silbrigen Flammen erstickte.
Joach rannte auf seine Schwester zu.
Als der Schwärmer König die Bewegung bemerkte, fuhr er herum, wobei er mit seinen Krallen tiefe Rillen ins Holz grub. Er brüllte die beiden an, doch es gelang ihm nicht, sie voneinander getrennt zu halten. Joach kam schlitternd neben seiner Schwester zum Stehen, wie einen Schild hob er den Stab zwischen Elena und dem Ungeheuer.
Der Schwärmer König gab seine zusammengekauerte Haltung auf und stellte sich vor die beiden. Der Gestank von verbranntem Fleisch stieg aus seiner geschwärzten Hülle, während zwei gelbe Augen Bruder und Schwester Rache verhießen.
»Mach sie fertig!« brüllte Rockenheim seiner dämonischen Kreatur zu.
Auf der anderen Seite des Decks schlug Er’ril mit dem Schwert nach Rockenheims Kopf und vertrieb damit den Peiniger vom Mast. »Elena«, rief Er’ril »flieh unter Deck! Nutze den Rest deiner Magik, um dich zu verstecken!«
Elena dachte über den Sinn der Worte nach. Sie hatte noch genügend Magik im Blut, um sich unsichtbar zu machen.
Da sie schwieg, wandte Joach sich ihr zu. »Tu es«, drängte er sie leise.
Elena schüttelte den Kopf. Ihr Platz war hier, bei ihren Gefährten.
Während Bruder und Schwester sich stillschweigend über ihre Absichten und Liebe verständigten, griff das Untier blitzschnell an. Fangzähne schnappten nach Joach, während rasiermesserscharfe Krallen nach Elena stießen.
Ohne zu zögern, eilte Elena ihrem Bruder zu Hilfe. Sie griff mit der blutigen rechten Hand nach dem Stab. Wie zuvor schon im Gang des Schiffes, prallten nun auch hier weiße und schwarze Magik aufeinander. Der Stab explodierte vor Energie und warf den Dämon zurück. Vorhin hatte die Erschütterung auch Elena zurückgeworfen, doch diesmal war sie darauf vorbereitet.
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