Alasea 03 - Das Buch der Rache
und stellte sich mit einem Schütteln wieder auf die geisterhaften Klauen. Er war unverletzt. Der andere Schwärmer kam nicht so glimpflich davon. Bebend und zitternd stand er da. Das fahle Glühen in seinen gelben Augen flackerte nun silbern auf. Dann sprang sein eigener Geist aus der ledernen Hülle heraus, er knisterte vor Geistfeuer. Der leere Körper fiel zu einem Haufen hohler Knochen und loser Haut zusammen, und der neue Geist stolzierte übers Deck, um sich zu seinem Zwilling zu gesellen. Von dort aus starteten die zwei Geister ihren Angriff auf die anderen Schwärmer, wobei sich ihr Geistfeuer wie Flammen in trockenem Gras ausbreitete.
Bald hatte sich um die Hexe ein Geisterheer gebildet, das sie mit ihrer Magik nährte.
Elena kümmerte sich nicht weiter darum. Sie wusste, dass dies erst der Anfang des bevorstehenden Kampfes war. Der Schwärmer König wartete bereits auf sie und geiferte schwarzes Blut. Der Angriff auf die anderen Dämonen hatte ihn nicht aus der Fassung gebracht, er starrte Elena nur an.
Elena wusste, dass der Schwärmer König sich nicht so leicht von ihrem Geistfeuer beherrschen lassen würde. Hier hatte sie es mit einer Kreatur zu tun, die in den tiefsten Gruben der Unterwelt ihren Ursprung genommen hatte. Feuer aus geschmolzenem Stein waren seine Heimat, die anderen Schwärmer waren nur Schachfiguren in diesem Spiel. Um dieses Wesen zu besiegen, brauchte es mehr als nur die rohe Macht einer Hexe. Der Schwärmer König war ein gerissener Dämon, also würden hier zwei Dinge vonnöten sein, um einen Sieg zu erringen: die Stärke der Hexe und Elenas Weisheit.
Plötzlich kroch ein anderer Schwärmer zwischen Elena und den König. Seine Klauen bebten vor Entsetzen, als er von ihrem Geisterpack überfallen und zu Boden gerissen wurde wie ein ängstlicher Hase von einer hungrigen Meute. Kurz darauf gesellte sich auch sein Geist zu ihrem Heer.
Nun waren an Bord der Meereswind außer dem Schwärmer König keine anderen Schwärmer mehr übrig.
Zufrieden zügelte Elena ihre Magik, raffte sie vom Deck zusammen wie die Säume einer langen Robe. Für den bevorstehenden Kampf würde sie all ihre verbliebenen Kräfte brauchen. Die rechte Hand hatte bereits einen Großteil der rosigen Färbung eingebüßt. Sie konnte nicht noch mehr davon verschwenden.
Vor ihr trat einer der Geistsoldaten vor den König. Die anderen folgten ihm. Die Geister fühlten, dass er ihr letztes Opfer sein würde. Mit einem Auflodern des silbernen Geistfeuers stürzte sich die Armee auf den König, wild entschlossen, seinen Geist zu erobern.
Aber der König hielt stand. Er wurde auf seinen mit Klauen bewehrten Beinen inmitten der Horde immer größer, ein schwarzer Fels inmitten eines Strudels aus Silbergeistern. Schließlich öffnete der Schwärmer König sein mit Reißzähnen gespicktes Maul und griff seine ehemaligen Untertanen an. Mit den rasiermesserscharfen Zähnen hackte und schlug er auf sie ein. Genauso wie seine Augen Elena vorhin erspäht hatten, als sie unsichtbar war, fanden seine Zähne nun dort Halt, wo sie eigentlich keinen hätten finden dürfen. Die Hauer zerfleischten und zerrissen Elenas gespenstische Armee zu flammenden Fetzen. Eine schwarze Zunge schnellte aus dem Rachen und leckte die Reste der Geister auf.
Der König benutzte Elenas Magik, um seinen Leib anschwellen zu lassen. Plötzlich besaß er Beine wie eine Spinne, die mit Gelenken und Panzern ausgestattet waren. Die Fangzähne wuchsen bis zur Länge eines ausgestreckten Armes heran. Die Augen versanken tief unter buschigen Brauen, während Hörner wie glänzende Stachel aus seinem mit Leder überzogenen Schädelknochen sprossen.
Elena zögerte nicht. Sie streckte den Arm aus, und die Magik floss wie eine Lanze aus ihrer Hand hervor. Silberflammen flogen in hohem Bogen übers Deck und trafen den Dämon. Sie pumpte all ihre Magik in den Angriff auf das Ungeheuer.
Als das Geistfeuer den Schwärmer König einhüllte, heulte er zum ersten Mal auf. Er kämpfte dagegen an, krabbelte übers Deck zu Elena und wollte die Quelle der sengenden Flammen zum Versiegen bringen.
Elena tänzelte zurück, den Arm noch immer ausgestreckt. »Hinfort, Dämon!« schrie sie, während in ihrem Blut der wilde Sturm der Energien lärmte. »Geh dorthin zurück, wo du einst herkamst!«
Unglücklicherweise hielt sich der Schwärmer König nicht an diese Anweisung. Während die kleineren Schwärmer sehr schnell nachgegeben hatten, kämpfte der Dämonenkönig unbeirrt
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