Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
volles Vertrauen in seine feine Nase.
Bevor er antworten konnte, hörten sie Lärm am Eingang zur Zelle. Gardisten, mit Speeren bewaffnet, schauten herein. Gost, der Kerkermeister, stand hinter ihnen. Er hatte wohl Verstärkung geholt, als Ragnar’k zu toben anfing.
Saag wan hob den Arm. »Bleibt zurück«, warnte sie. »Ich weiß nicht, ob man schon gefahrlos eintreten kann.«
Einer der Gardisten drängte sich nach vorn. Sie erkannte Paran, einen Enkel von Meister Edyll, der das Kommando über die zurückgebliebenen Mer’ai Streitkräfte führte. »Saag wan?«
»Keine Sorge.« Sie hatte wohl bemerkt, wie argwöhnisch er sie ansah. »Ragnar’ks Magik hat mich vom Einfluss des Dämons befreit.«
Parans Misstrauen blieb. Keiner der Gardisten senkte seinen Speer.
Saag wan konnte ihre Bedenken verstehen. Wer sollte ihr noch vertrauen?
Paran ergriff das Wort. »Auf dem Weg hierher kam uns ein Trupp Blutreiter entgegen. Sie haben uns angegriffen, ehe sie durch eine Geheimtür flüchteten.«
Ein De’rendi aus den Reihen der Gardisten ergänzte: »Einer war Brent, unser Gardehauptmann. Ein zweiter war des Großkielmeisters eigener Sohn.« Das Entsetzen in seiner Stimme war nicht zu überhören.
Saag wan stöhnte auf. Wenn der Herr der Dunklen Mächte alles erfuhr, was Hant über die Streitkräfte der De’rendi wusste, verschärfte sich die Gefahr für die Flotte, die auf dem Weg nach Schwarzhall war. Man musste die Flüchtenden aufhalten, bevor es zu spät war.
»Ich werde den Drachen freigeben«, sagte Saag wan. »Vielleicht kann euch Kast überzeugen, wenn ihr mir nicht glaubt.«
Sie rutschte von Ragnar’ks Rücken auf den Boden, achtete aber darauf, mit einer Hand die Verbindung zu halten, bis sie bereit war. Die Speere und Schwerter der Gardisten folgten jeder ihrer Bewegungen.
Sie achtete nicht darauf und wandte sich an Ragnar’k. »Ich muss dich fortschicken, mein starker Riese.«
Leibgefährtin … du darfst mich nicht verlassen.
Sie hörte den Kummer in seiner Stimme. »Ich muss. Nur so kann ich beweisen, dass ich von den Tentakeln frei bin.«
Aber, Leibgefährtin … das bist du nicht.
Sie runzelte die Stirn und sendete lautlos: Ich bin mein eigener Herr.
Nein. Das klang sehr entschieden. Ich wittere noch ein Tentakelwesen in dieser steinernen Höhle.
»Wo?« fragte sie laut.
Ragnar’k drehte den Kopf und schnupperte an ihrem Haar. Hier … in dir. Es lebt noch. Es versteckt sich so, dass ich es nicht erreichen kann, aber ich spüre, wie es zappelt. Es wartet ab.
Saag wan spürte, dass der Drache die Wahrheit sprach. Sie war nicht frei. Ragnar’ks Magik hatte den Einfluss des Simaltrums gebrochen und sie vorübergehend aus ihrem Gefängnis geholt, aber sie hatte die Bestie nicht zerstören können. Das Wesen saß immer noch in ihrem Kopf und wartete nur darauf, erneut von ihr Besitz zu ergreifen.
Sie klammerte sich an einen Schuppenwulst, bevor ihr die Beine den Dienst versagten. Ohne den Drachen würde das Böse abermals Macht über sie gewinnen. Voll Grauen erkannte sie, dass sie sich selbst aufgeben musste, um Kast freizusetzen.
»Saag wan?« rief Paran von der Tür her. Er konnte sich die Verzögerung wohl nicht erklären.
Sie wandte sich dem Mer’ai Soldaten zu. »Ich … ich habe mich geirrt«, flüsterte sie verzweifelt. Das Herz lag ihr wie ein Stein in der Brust. »Ich bin nicht frei.«
Paran sah sie fragend an.
»Komm mit vier von deinen Männern hierher. Ihr müsst mich mit euren Speeren umzingeln. Lasst mich nicht entkommen.«
»Ich verstehe dich nicht.«
Saag wan schüttelte den Kopf. »Wenn ich den Drachen freigebe und Kast zurückrufe, kehrt die Besessenheit zurück.«
Er wurde bleich. »Dann halte den Drachen fest.«
Saag wan wies mit dem freien Arm auf die Zelle. »Sollen wir alle drei hier drin gefangen bleiben? Ragnar’k ist zu groß, er passt nicht durch die Tür.«
»Es muss eine andere Möglichkeit geben.«
Saag wan berührte mit der Stirn den Drachenkörper. »Wir können nur hoffen, dass Kast sie findet.«
Bleib bei mir, drängte Ragnar’k. Ich kann uns einen Weg aus dieser Felshöhle graben. Mein Herz ist stark, und meine Klauen sind noch stärker.
Saag wan lächelte unter Tränen. Niemand zweifelt an deinen Kräften, mein Riese, doch dies ist nicht der Weg in die wahre Freiheit.
Ragnar’k schwieg lange, aber sie spürte, dass er sie verstanden hatte. Und er fürchtete sich. Sie hatte ihre eigenen Ängste auf ihn übertragen. Die Aussicht,
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