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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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ein Steppenbewohner. Sie hatten Kast mehr schlecht als recht eingekleidet und ihm ein langes Schwert umgeschnallt. »Hat mal meinem Vater gehört«, hatte Schlag augenzwinkernd erklärt. »Vielleicht war’s aber auch der Vater von jemand anderem.«
    Hinter Kast marschierten paarweise die Zwergensoldaten, eine lange Reihe, die sich bis zum gegenüberliegenden Rand der Grube erstreckte.
    Wenn der Blutreiter den Hals lang machte, konnte er den versteinerten Ragnar’k erkennen. In der Zeit seiner Verbindung mit dem Drachen war die Grenze zwischen ihnen allmählich weggebrannt. Er konnte sich an die Tobsuchtsanfälle des Monsters erinnern wie an seine eigenen. Doch er hatte auch in sein wahres Herz geschaut, hatte seine strahlende Seele gesehen, die so schwer bedrängt gewesen war und sich so verzweifelt gewehrt hatte. Und nun war Ragnar’k für alle Zeit zu Stein erstarrt.
    Seufzend wandte er sich ab. Saag wans Worte fielen ihm ein, unter Tränen gesprochen, als sie sich an den Abstieg machten: Als wir Ragnar’k fanden, schlief er im Stein. Vielleicht war es sein Schicksal, dorthin zurückzukehren.
    Kast holte tief Atem und hoffte, der Drache hätte seinen Frieden gefunden.
    Tyrus’ Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. »Ein Tunnel!« rief er und deutete in die Tiefe.
    Kast trat näher an den Rand und schaute hinab. Die Hitze schlug ihm ins Gesicht. Nach drei weiteren Windungen mündete die Treppe in einen Gang. Kast wich zurück. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Die Treppe hatte also doch ein Ende. Er hatte schon befürchtet, sie würde sich bis ins glutflüssige Gestein hinein fortsetzen.
    Nun war ein Ziel in Sicht, sie wurden schneller. Mit jeder Stufe steigerte sich die Hitze. Die Luft brannte in den Lungen, und der Schwefelgeruch reizte zum Würgen. Keuchend und schwitzend erreichten sie die letzte Windung und stürmten im Laufschritt dem Tunnel zu, jeder wollte den erstickenden Tiefen entkommen.
    Kast hatte sich Saag wans Arm um den Hals gelegt und stützte sie. Die Mer Frau, ein Geschöpf der kühlen See, welkte dahin wie Tang unter der Sonne. Der Blutreiter trieb Tyrus und Wennar zu noch größerer Eile an, um sie möglichst schnell in den schützenden Tunnel zu bringen. Als sie den Eingang erreichten, musste er sie tragen. Ihre Füße schleiften kraftlos über den Stein.
    Sie stolperten in das dunkle Loch hinein und tasteten sich halb blind weiter, um den Nachfolgenden Platz zu machen. Kast sah nur undeutlich, wie Wennar eine Ölfackel aus seinem Bündel zerrte. Tyrus schlug bereits Feuer. Die ersten Funken glühten durch die Finsternis.
    Dennoch ging Kast weiter ins Dunkel hinein. Nach der Hitze war es hier herrlich kühl. Saag wan rang nach Luft und konnte sich wieder auf den Beinen halten, auch wenn ihr die Knie noch zitterten.
    Kast hielt sie fest.
    Der Funke zündete, die Fackel flammte auf. Wennar hielt sie in die Höhe und setzte sich wieder in Marsch, damit auch die Zwergenlegion den kühlen Tunnel betreten konnte.
    Kast schaute nach vorn. Der leicht gekrümmte Gang bohrte sich immer weiter durch den Fels und schien kein Ende nehmen zu wollen.
    »Eine Lavaröhre«, sagte Wennar. »Dergleichen habe ich schon gesehen.« Er drang weiter vor.
    Die anderen folgten ihm. Die Kühle gab ihnen neue Kraft. Die Luft wirkte frischer, weniger gesättigt mit Schwefel und giftigen Dämpfen. Dabei schraubte sich der Tunnel immer tiefer ins Innere des Berges hinab. Inzwischen mussten sie schon unter dem Meeresspiegel sein. Die Vorstellung war nicht dazu angetan, die Gemüter zu beruhigen.
    Endlich sah Kast weit vorn etwas aufblitzen. Auch Tyrus hatte es bemerkt. »Das muss ein helles Licht sein.«
    Sie marschierten weiter. Die Lichtreflexe kamen aus kleinen Nischen von der Größe reifer Kürbisse, die aus den Wänden gehauen waren. In jeder dieser Nischen lag in einer flachen Mulde eine einzelne Kugel aus rotem Kristall.
    »Herzstein«, staunte Saag wan. In diesem Augenblick fiel von der Decke der Nische ein Tropfen und landete mit leisem Klirren auf dem Stein.
    »Blut«, sagte Kast entsetzt.
    Saag wan trat näher, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, kein Blut. Jedenfalls kein Blut, wie wir es kennen. Es ist flüssiger Herzstein.« Sie wollte nach der Kugel greifen.
    »Saag wan … nicht!«
    Sie berührte den vermeintlich blutigen Stein und zeigte Kast ihren Finger. »Die Kugeln sind Herzsteinklumpen, tropfenweise gewachsen aus dem Blut des Landes.«
    »Nein«, widersprach Tyrus. »Es sind keine Kugeln.«

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