Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
Er deutete auf eine andere Nische.
Kast trat zu ihm. Der Stein in seiner Nische war schon so groß, dass seine Form erkennbar war. Er war oval, oben, wo die Tropfen auftrafen, etwas spitzer, unten etwas breiter, der Höhlung des Beckens angepasst.
»Es sind Eier«, sagte Saag wan und hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund.
Kast nickte. »Harlekin Qual sagte einmal, er hätte einen ganzen Saal voll mit solchen Eiern gesehen. Dies ist wohl der Ort, wo sie entstehen und darauf warten, durch die Berührung des Herrn der Dunklen Mächte von Verderbnis durchdrungen und in Schwarzstein verwandelt zu werden.«
»Aber warum will er diesen Tunnel so unbedingt geheim halten, dass er ihn sogar von einem Drachen bewachen lässt?« fragte Tyrus.
Kast betrachtete die vielen hundert Nischen vor sich und überlegte. Endlich wandte er sich an Wennar. »Deine Männer sollen ihre Waffen hervorholen … alles … Hämmer, Schwerter, Äxte, sogar Pfeilspitzen.«
»Wozu?« fragte der Zwergenhauptmann.
Von vorn lief einer der Zwergenkundschafter auf sie zu. »Wir haben Licht gesehen! Der Tunnel endet in einer halben Meile!«
Wennar wandte sich an Kast und sah ihn an.
Kast beantwortete die stumme Frage. Wennar protestierte mürrisch gegen die vermeintliche Zeitverschwendung, gab aber den Befehl dann doch an seine Männer weiter. Sie verteilten sich über den ganzen Tunnel und stellten sich vor den Nischen an.
»Warum lässt du sie das tun?« fragte Saag wan.
»Weil sich die ganze Zeit alles nur um Herzstein dreht.«
Als sie bereit waren, führte Kast seine Gruppe weiter. Der Gang verengte sich zusehends. Die Nischen verschwanden, die Wände waren nun wieder aus glattem Fels. Bald leuchtete ihnen ein helles, silbrig glänzendes Licht entgegen.
Kast befahl den anderen zurückzubleiben. Was mochte dahinter liegen? Er atmete tief durch und schritt auf die Helligkeit zu.
Dann stand er mit gezücktem Schwert mitten im Licht. Vor ihm öffnete sich eine Höhle. Seine Augen wurden riesengroß, er schnappte nach Luft. Süße Mutter!
28
Elena kniete im Auge des Sturms. Um sie herum tobte der Krieg. Die Knochenarmee war wieder auferstanden und wurde von Tol chuk und Magnam bekämpft. Joach schwenkte seinen Stab und gab Bösefeuer Salven ab.
»Mach schnell, Elena«, drängte Er’ril. Er kauerte mit gezücktem Schwert neben ihr. Harlekin schützte mit seinen blitzenden Dolchen ihre andere Seite.
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich von der Decke schwarze Fäden herabschlängelten und Dorn in ihrer Wolfsgestalt einspannen. Ferndal heulte laut auf, nahm sein Schwert in beide Hände, sprang in die Höhe und durchschnitt das Gespinst mit einem gewaltigen Streich. Die beiden fielen auf den Silberboden. Mogwied half ihnen beim Aufstehen und sah sich dabei misstrauisch um.
Hinter sich spürte Elena die Ausläufer von Meriks Wind Magik. Der Elv’e schleuderte allen Skal’ten, die sich in die Lüfte schwingen wollten, seine Böen entgegen und trieb sie mit dem Rücken gegen die Wände, wo ihnen Ni’lahn mit Wurzelschlingen Beine und Flügel fesselte. Auf diesem See aus reiner Elementarenergie verfügten die beiden noch in vollem Umfang über ihre Kräfte.
Alle gaben ihr Bestes, dennoch war die Niederlage zum Greifen nahe. Sie konnten ihren Widerstand nicht mehr lange aufrechterhalten. In der Mitte der Höhle dräute Ly’chuk der Schwarzwächter und sie konnten nicht hoffen, den Herrn der Dunklen Mächte zu besiegen. Auf diesen Gegner waren sie nicht vorbereitet. Sie hatten damit gerechnet, dass er sich weit entfernt in Schwarzhalls vulkanischen Tiefen verschanzte.
Elena wusste sich keinen Rat mehr. Sie hatten nur noch einen Ausweg: Rückzug in die Tunnel, um sich dort neu zu formieren. Aber selbst dazu brauchten sie ihre Magik. Und der Herr der Dunklen Mächte stand mitten in dem einzigen Mondlichtstrahl weit und breit.
Sie mussten es anders versuchen.
Mit zitternden Händen zog sie das Buch des Blutes unter ihrem Umhang hervor und legte es auf den glänzenden Boden. Die goldene Rose erstrahlte im hellen Licht des Mittsommermondes.
»Wir haben nicht mehr viel Zeit«, drängte Er’ril abermals.
Mit einem tiefen Atemzug schlug sie das Buch auf. Die Seiten verschwanden, ein Fenster öffnete sich, sie sah in einen mit Sternen und leuchtenden Gaswolken übersäten Nachthimmel: die Leere. Aus dieser außerirdischen Landschaft schoss ein strahlend heller Fluss hervor und ergoss sich in diese Welt. Eine Gestalt löste sich aus dem
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