Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
Handschuhe zu halten. Er hatte ganz vergessen, wie weich und warm ihre Haut war.
»Er’ril …?«
Er sah sie an. »Wir wissen nicht, welche Gefahren hier auf uns lauern. Du solltest dein Kaltfeuer erneuern, solange der Mond noch am Himmel steht.«
Elena schien kleiner zu werden. Ihr Lächeln erlosch. »Natürlich.« Sie entzog ihm ihre Hände und trat beiseite.
Er wollte nach ihr greifen, ließ aber den Arm wieder sinken. Manchmal nahm sie Wege, auf denen er ihr nicht folgen konnte.
Elena streckte die linke Hand zum Mond empor und schloss die Augen, um die Magik zu rufen. Er’ril betrachtete wie gebannt ihr Gesicht. Das Mondlicht verwandelte sie in eine Skulptur in Silber und Schwarz. Doch bald wurden ihre Lippen schmal, tiefe Falten gruben sich in ihre Stirn. Sie ließ den Arm sinken, wandte sich ihm zu und streckte ihm die Hand entgegen. Sie war immer noch weiß.
»Es … hat nicht geklappt.«
Er’ril trat zu ihr. »Bist du sicher? Hast du auch nichts falsch gemacht?«
Sie sah ihn nur empört an und schaute wieder zum Himmel.
»Woran könnte es denn liegen?«
Elena lehnte sich an ihn. »Ich weiß es nicht. Vielleicht wurde die Magik des Mondes in dieser Nacht zu sehr missbraucht. Vielleicht liegt es auch daran, dass Cho verschwunden ist. Schließlich ist es ihre Macht, die in mich einströmt.«
»Wir werden es herausfinden«, versicherte ihr Er’ril. »Wenn es am Mond liegt, wissen wir Bescheid, sobald die Sonne aufgeht. Dann kannst du dein Hexenfeuer erneuern.«
»Und wenn ich auch dabei scheitere?« fragte Elena. Ihre Stimme war leise geworden.
Er’ril hörte die Angst in ihren Worten, aber auch eine Spur Erleichterung. Er drückte Elena fester an sich. Er hatte nicht nur vergessen, wie weich ihre Haut war, manchmal dachte er auch nicht mehr an die Last, die sie auf ihren schmalen Schultern trug. Jetzt nahm er sie einfach in seine Arme und gab ihr etwas von seiner Wärme. Er war nicht nur ihr Paladin, in Augenblicken wie diesem war er auch ihr Ehemann.
Sie hielten sich so lange umschlungen, dass die anderen schließlich weitergingen.
Endlich griff Elena unter seinen Mantel, zog das Buch des Blutes aus der Innentasche und strich mit ihren blassen Fingern über den Einband. Die goldene Rose hatte noch einen Rest Mondlicht bewahrt. Elena holte zitternd Luft. »Wenn es nicht am Mond liegt, müssen wir Cho suchen. Ohne ihre Macht können wir diesen Krieg nicht gewinnen.«
Er’ril nickte nur.
Elena schlug das Buch auf und sah hinein. Ein leiser Aufschrei entfuhr ihr. Sie hielt Er’ril das Buch entgegen. Das Fenster in die dunkle Welt stand wieder offen. Er’ril sah Wolken von roten und blauen Gasen und Sterne, die viel zu dicht beieinander standen.
Die Leere war zurückgekehrt.
Erwartungsvoll sah Elena sich um. Doch kein Blitz, kein Lichtwirbel zeigte sich. Ihre Lippen kräuselten sich ratlos. Sie schwenkte das Buch ein paar Mal hin und her, als wollte sie die Geister aus den Seiten schütteln.
Dann wandte sie sich an Er’ril und fragte stirnrunzelnd: »Wo ist Cho?«
Greschym kauerte am Rand des Mondsees und verfolgte mit Augen und Ohren die Wanderer auf dem sumpfigen Seegrund. Er hatte alles mit angehört. Die Hexe hatte also ihre Kräfte verloren? Ein Grinsen erhellte sein Gesicht. Vielleicht verziehen ihm Schorkan und der Herr von Schwarzhall seine Vergehen, wenn er ihnen Elena brachte. Das Risiko war allerdings beträchtlich. Er hatte nur eine so winzige Menge an Magik zur Verfügung.
Greschym konzentrierte sich auf eine Gestalt mit krummem Rücken, die sich, gestützt vom Elv’en Prinzen und der Nyphai, mühsam vorwärts schleppte. Joach … Der Junge stank förmlich nach Magik, er und der Stab, auf den er sich stützte und der Greschym nur allzu bekannt war.
»Wenn ich zurückgewinnen könnte, was einst mein war …«, flüsterte der Magiker, wobei er selbst nicht genau wusste, ob er den versteinerten Ast oder den Jungen meinte. Die Sache wollte gut überlegt sein, aber wenn er diese Chance nicht vertun wollte, mussten unverzüglich erste Schritte eingeleitet werden.
Er neigte sich zur Seite und erteilte Ruhack einige knappe Anweisungen. Der Stumpfgnom dienerte vor ihm, entfernte sich rückwärts und verschwand zwischen den umgestürzten Bäumen.
Greschym wandte sich wieder der Gruppe zu und plante sorgfältig seinen nächsten Zug. Damit war er so beschäftigt, dass er nicht bemerkte, wie jemand ihn beobachtete und sich lautlos näherte.
Doch plötzlich sträubten sich die
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