Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
muskelbepackten Unterarm war ihm vertraut. Es war das Zeichen des Ku’ukla Clans eines der wildesten und grausamsten Stämme. Tol’chuks Vater war bei einem Kampf seines Clans mit den Ku’ukla gefallen.
Die Gefährten des Unholds rückten näher. Harte Burschen, von Narben gezeichnet, mit Augen, aus denen die Blutgier strahlte.
»Pack dich oder stirb!« warnte der Anführer.
Tol chuk ging weiter rückwärts, bis er an Ferndals Seite war, dann richtete er sich zu voller Größe auf. Als ihn die Og’er in dieser Haltung sahen, wichen sie zurück. Ihre Gesichter spiegelten eine Mischung aus Hass und Abscheu, die Tol chuk schon beinahe vergessen hatte.
Nur der Riese blieb unerschrocken, wo er war, doch in seinen Schweinsäuglein dämmerte die Erkenntnis auf. »Der wie ein Mensch geht«, knurrte er endlich. »Tol chuk der Verfemte, der Sohn des Len’chuk aus dem Toktala Clan.« Der Og’er spuckte verächtlich in den Bach.
Tol chuk zuckte zusammen. Er hatte nicht damit gerechnet, schon so bald erkannt zu werden.
Der Anführer spannte die Muskeln und rollte die Schultern. Seine Haltung war eine einzige hasserfüllte Herausforderung. Mit dröhnender Stimme rief er: »Du wagst es, dich hier wieder blicken zu lassen? Damit hast du dir selbst das Todesurteil gesprochen. Dein Schädel wird die Wand unserer Höhle zieren!«
Er stieß einen Kampfschrei aus, stieg in den Bach und bedeutete den anderen, die Flanken zu sichern. Sie näherten sich von allen Seiten.
Tol chuk war unbewaffnet und wusste nur noch ein Mittel, das ihm helfen konnte. Er riss den Beutel an seinem Schenkel auf, zog den Herzstein heraus und hielt ihn in die Höhe.
Sechs Augenpaare richteten sich auf den Juwel.
»Herzstein!« schrie einer der Ku’ukla.
»Das Herz unseres Volkes!« rief Tol chuk. Der Stein hatte ihn schon einmal vor Angehörigen dieses Clans beschützt. Nun konnte er nur hoffen, dass er das auch diesmal tun würde. »Ich bringe es der Triade zurück. Wollt ihr mich daran hindern?«
Die anderen Og’er zögerten, doch der Anführer ging weiter. »Eine Fälschung … oder du hast es gestohlen«, brummte er und sprang mit einem Satz aus dem Bach. Das Wasser floss an seinem narbenübersäten Körper herab.
Im selben Augenblick gellte ein Schrei über das Hochland das schrille Winseln eines Raubtiers. Alle erschraken und standen wie erstarrt.
Ein Knäuel von Leibern wurde aus dem Bach geschleudert.
Tol chuk sprang zurück und sah fassungslos, wie gegenüber eine grässliche Bestie auf der schlammigen Böschung landete, wo die Gegner standen. Ein Schnüffler! Das Vieh sprang knurrend und fauchend auf, stürzte sich in rasender Wut auf den nächststehenden Og’er und wollte ihm an die Kehle.
Zugleich rollten auf Tol’chuks Seite zwei Gestalten ein kleiner Junge und ein verletzter Mann ans Ufer und landeten unmittelbar vor den Füßen des riesenhaften Anführers.
Hastig wich der Mann zurück und riss auch den Jungen mit. Die Keule des Anführers verfehlte die beiden um Haaresbreite und zerbrach unter der Wucht des Aufpralls. Splitter flogen durch die Luft.
»Dämonen!« brüllte der Og’er.
Ferndal sprang vor, um die Neuankömmlinge zu schützen. Der Mann begrüßte den Wolf ohne Angst. »Schön, dich wiederzusehen, Ferndal.« Die drei zogen sich gemeinsam zurück.
Tol chuk hatte keine Ahnung, woher die beiden Menschen so plötzlich gekommen waren … und woher sie den Gestaltwandler kannten. Was für eine seltsame Magik war das?
Das Kind öffnete seinen Kittel und hielt dem Mann die Brust hin. »Rasch … solange das Portal noch offen steht. Ich spüre, dass es dabei ist, sich zu schließen!«
Entsetzt sah Tol chuk, wie der Fremde dem Jungen sein Schwert in die Brust stieß. Der Junge zerfiel zu einem Knäuel aus feuchtem Grün, das von der Klinge rutschte. Eine Stimme flüsterte: »Komm zurück zu mir …«
»Ich schwöre es, meine Liebste.«
Jetzt sah Tol chuk, dass die eine Gesichtshälfte des Mannes von einem Narbengeflecht verunstaltet war. Jaston … der Sumpfmann. Wie war das möglich?
Wieder ging der Riesen Og’er auf den Menschen und den Wolf los. Tol chuk löste sich aus seiner Erstarrung, schüttelte sich und wollte ihnen zu Hilfe kommen. Da tänzelte Jaston leichtfüßig unter der Deckung des Hünen hindurch und stieß ihm sein Schwert in den Arm.
Der Og’er schrie auf und schleuderte den Angreifer mit dem zersplitterten Ende seiner Keule von sich. Der Sumpfmann flog durch die Luft und krachte gegen die
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