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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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flüsterte Tol chuk.
    Magnam trat neben ihn. »Du bist doch sowieso der Einzige, der ihre Sprache spricht.«
    Jaston stellte sich an Tol’chuks andere Seite. »Aber werden sie auch auf dich hören?«
    Tol chuk hörte die leise Angst aus ihren Worten. Die anderen drängten sich hinter ihm zusammen. Unaufhaltsam kamen die Og’er näher.
    Der Tamrink saß auf Mama Fredas Schulter und winselte: »Groß, groß, groß …«
    Jerrick griff nach der Hand der alten Heilerin.
    Die donnernden Schritte hallten von der Felswand wider, sodass es klang, als rücke eine ganze Armee vor. Tol chuk ging seinen Stammesbrüdern entgegen, griff in den Beutel an seinem Schenkel und zog den Herzstein heraus. Dann richtete er sich auf, um größer zu erscheinen, und hielt den Stein in die Höhe.
    »Ich bin Tol chuk, der Sohn des Len’chuk vom Toktala Clan!« rief er mit schallender Stimme in der Og’er Sprache, um das Echo der Schritte zu übertönen. »Ich komme im Auftrag der Triade!«
    Die Og’er stürmten ungerührt weiter. Tol chuk spürte, wie seine Gefährten hinter ihm enger zusammenrückten. Er blieb, wo er war, erwartete den Ansturm wie ein Fels. »Bewegt euch nicht«, raunte er seinen Freunden in der allgemeinen Sprache zu.
    Dann war die Og’er Horde heran, teilte sich und umringte die Gruppe mit erhobenen Waffen. Das Getöse verstummte, doch die Stille war womöglich noch beängstigender.
    Tol chuk sah sich einem zerfurchten Felsblock von einem Og’er gegenüber. Das borstige Haar zog sich wie ein Stachelkamm über den krummen Rücken, die mandelförmigen Augen waren drohend zusammengekniffen. Tol chuk kannte diesen Og’er und der Og’er kannte ihn.
    »Du hast meinen Sohn ermordet«, grollte der andere. Seine Augen blitzten vor Wut.
    Es war Hun’chua, der Vater des jungen Og’er Rüpels Fen’chua, den Tol chuk am Vorabend seiner Magra Zeremonie unabsichtlich getötet hatte. Als Tol chuk den Alten zum letzten Mal gesehen hatte, war er vor Trauer und Verzweiflung außer sich gewesen. Jetzt sprach er wie ein Krieger. Seine Stimme verriet keinen Schmerz es galt als Schande, seine Trauer um die Toten offen zur Schau zu tragen , doch sie knisterte vor Zorn.
    »Ich habe ihn getötet«, räumte Tol chuk ein. Er versuchte gar nicht erst zu erklären, dass er sich nur gegen einen hinterhältigen Angriff zur Wehr gesetzt hatte. Er wollte den Alten damit nicht belasten, außerdem wäre es ohnehin keine Entschuldigung für die Tat gewesen.
    »Was hindert mich, euch alle auf der Stelle zu töten und eure Knochen zu Staub zu zermalmen?«
    Die Antwort kam nicht von Tol chuk, sondern vom Himmel. Die Wolkendecke teilte sich, ein Sonnenstrahl erhellte das Tal mit seinen grünen Fluren und ließ in den Nebeln im Süden einen Regenbogen entstehen.
    Doch das war nicht alles. Die Sonne fiel auf den Herzstein und entzündete in seinem Inneren einen Funken. Der Stein verbreitete einen satten, warmen Schein, der die Morgenkälte zurückdrängte und allen die Augen für die Erhabenheit des Lebens öffnete. Für einen Moment erstrahlten auch alle Lebewesen in einem starken inneren Licht.
    Die abgebrühten Jäger und Krieger keuchten auf. Die Waffen wurden gesenkt. Einige fielen auf die Knie.
    Tol chuk hielt den Stein weiter ins Sonnenlicht und trat Hun’chua so entgegen. Der Kristall machte seinem Namen Ehre, er war das wahre Herz des Og’er Volkes. Selbst ein rachedurstiger Vater konnte sich dieser Wahrheit nicht verschließen.
    »Deshalb bin ich zurückgekehrt«, sagte Tol chuk. »Um sicherzustellen, dass dein Sohn und die anderen Seelen unserer Verstorbenen in die nächste Welt eingehen können. Ich handle im Auftrag der Triade. Und ich fordere euch auf, uns den Weg freizugeben.«
    Der alte Og’er starrte den Stein an und streckte seine Krallenhand nach den blitzenden Facetten aus. »Fen’chua …« Jetzt brach sich die Trauer doch Bahn.
    Einige der anderen Jäger und Krieger wandten den Blick ab, um den Kummer nicht mit ansehen zu müssen. Aber Tol chuk schaute dem Alten fest in die Augen. »Er ist gerettet.«
    Hun’chua hielt die Hand über das Herz, wie um sich an seinem Feuer zu wärmen. »Ich kann ihn spüren.« Tränen rollten über die zerfurchten Züge. »Fen’chua …«
    Tol chuk schwieg und gewährte dem Alten die Zeit, mit seinem Sohn stumme Zwiesprache zu halten. Niemand sprach; niemand regte sich.
    Endlich trieb ein starker Wind die Wolken weiter. Die Lücke schloss sich, allmählich verglühte das Leuchten. Ein

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