Alaska-Kid - V3
nur etliche ziemlich überraschende Auskünfte über ihre beiden Chefs, sondern auch einige düstere Prophezeiungen in bezug auf ihr Unternehmen. Thomas Stanley Sprague war angehender Mineningenieur und Sohn eines Millionärs. Doktor Adolphe Stine war ebenfalls der Sohn eines wohlhabenden Vaters. Mit Hilfe der beiden Väter war es ihnen gelungen, eine Gesellschaft zu gründen, die ihr Klondike-Abenteuer finanzierte.
»Sie sind einfach aus lauter Moneten gemacht«, erklärte Kurz. »Als sie in Dyea landeten, betrug der Frachtpreis schon siebzig Cent, doch es gab keine Indianer. Es gab aber eine Gesellschaft aus Oregon, richtiggehende Minenarbeiter - die hatten das Schwein gehabt, ein Gespann von Indianern für siebzig Cent zusammenzubringen. Die Indianer hatten schon die Traggurte angelegt - die Ausrüstung wog alles in allem dreitausend Pfund -, als Sprague und Stine ankamen. Die boten den Indianern achtzig und neunzig Cent, und als sie auf einen Dollar gekommen waren, sprangen die Indianer von ihrem Vertrag ab und ließen die dreitausend Pfund der Minenarbeiter liegen. Sprague und Stine sind also durchgekommen, mußten aber den Spaß mit dreitausend Dollar bezahlen. Und die Leute aus Oregon liegen noch heute am Strand. Sie werden erst nächstes Jahr weiterkommen.
O ja, es sind ein paar richtige Biester, dein Chef und meiner auch. Wenn es heißt, mit Geld um sich zu schmeißen oder andern Leuten auf die Zehen zu treten, dann sind sie tüchtig. Was haben sie zum Beispiel gemacht, als sie an den Linderman kamen? Die Zimmerleute waren eben dabei, ein Boot zu bauen, das sie vertraglich verpflichtet waren, einer Gesellschaft aus San Franzisko für sechshundert Dollar zu liefern. Sprague und Stine boten ihnen einen runden Tausender, und auch die sprangen dann aus ihrem Vertrag. Das Boot sieht ganz gut aus, aber die andere Gesellschaft ging dadurch kaputt. Jetzt hat sie ihre Ausrüstung hier liegen, aber kein Boot, um sie weiterzuschaffen. Und sie muß die Weiterfahrt nun auch aufs nächste Jahr verschieben.
Na, nimm noch 'n Pott Kaffee und laß mich dir sagen, daß ich nichts mit den Biestern zu tun haben möchte, wenn ich nicht um jeden Preis nach Klondike wollte. Sie haben das Herz nicht auf dem rechten Fleck. Sie würden den Trauerflor vom Sarg wegnehmen, wenn es ihrem Geschäft nützen täte. Hast du 'n Vertrag unterschrieben?«
»Sie haben versprochen...«, begann Kid.
»Mündlich, jawohl«, unterbrach Kurz ihn. »Da steht also nur dein Wort gegen das ihrige, das ist alles. Na, in Gottes Namen! Wie heißt du übrigens, Kamerad?«
»Kannst mich Kid nennen, Alaska-Kid.«
»Schön, also Kid - du wirst schon deinen Ärger kriegen mit deinem mündlichen Vertrag. Jetzt sollst du mal ein Beispiel hören, was du von ihnen zu erwarten hast. Mit dem Geld können sie um sich schmeißen, aber arbeiten können sie nicht. Auch nicht morgens aus der Falle kriechen. Wir hätten schon vor einer Stunde laden und abfahren sollen. Du und ich, wir müssen die ganze verfluchte Schufterei allein besorgen. Jetzt wirst du sie bald nach Kaffee brüllen hören - vom Bett aus natürlich, weißt du, und dabei sind sie doch erwachsene Männer. Was verstehst du übrigens vom Segeln auf dem Wasser? Ich bin ein alter Viehzüchter und Goldsucher, aber auf dem Wasser bin ich der reine Grünschnabel, und die beiden da haben auch keinen Schimmer. Was weißt du denn?«
»Einen Dreck weiß ich«, antwortete Kid und schmiegte sich enger an die Persenning, als ein starker Windstoß den Schnee aufwirbelte. »Seit meiner Kindheit bin ich in keinem Boot gewesen. Aber ich denke, wir werden es schon lernen.«
Ein Zipfel der Zeltbahn riß sich los, und Kid bekam eine tüchtige Portion Schnee in den Kragen.
»Ja, lernen können wir es schon«, knurrte er mürrisch.
»Natürlich können wir es lernen. Lernen kann jedes Wickelkind. Aber ich halte Dollars gegen Pfeffernüsse, daß wir heute nicht von hier wegkommen.«
Es war schon acht Uhr geworden, als eine Stimme aus dem Zelt nach Kaffee rief, und es wurde neun, ehe die beiden Unternehmer auftauchten.
»Hören Sie«, sagte Sprague, ein gutgenährter, rotwangiger junger Mann von fünfundzwanzig Jahren, »es ist Zeit, daß wir abfahren, Kurz. Sie und...«, bei diesen Worten schaute er Kid fragend an, »... ich habe Ihren Namen gestern abend nicht recht verstanden.«
»Kid.«
»Gut, Kurz, Sie und Herr Kid machen sich jetzt wohl daran, das Boot zu beladen.«
»Nur Kid - lassen Sie das "Herr" ruhig
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