Alaska
beschäftigte, seitdem es Worte gab und seitdem Familien entstanden waren, um neue Menschengeschlechter in die Welt zu setzen und aufzuziehen. Die Widersprüche waren zeitlos, die Verpflichtungen beider Seiten hatten sich in fünfzigtausend Jahren nicht verändert, und die Lösung lag so deutlich auf der Hand wie auch damals, als Oogruk nach Schwierigkeiten in der Sippe vierzehntausend Jahre vorher Zuflucht in diesem Erdteil gesucht hatte.
Das Gespräch erreichte eine entscheidende Wende, als John Atkins, in einer Kleinstadt bei Boston geboren, aufrechter Protestant und unverheiratet, seine tiefe Liebe zu dem Eskimomädchen Kiinak bekannte und auch sie sagte, dass sie ihn heftig liebe, so sehr liebe, dass sie im Sommer ein Kind von ihm erwarte.
Die letzte Mitteilung brauchte nicht mehr übersetzt zu werden, denn als Kiinak mit dem Finger auf ihren schon angeschwollenen Bauch zeigte, sprang ihre Mutter auf, rannte zum Eingang der Hütte und schrie in die Dunkelheit hinein: »Meine schlechte Tochter bekommt ein Kind, und sie hat keinen Mann. O je, o je, womit habe ich das verdient, womit um alles in der Welt?« Ihr Geschrei lockte drei Klatschbasen ihres Alters herbei, und Sopilaks Hütte füllte sich mit Beschuldigungen und Gezeter und Angriffen sowohl gegen das Mädchen als auch gegen ihren Liebhaber, und nachdem sich der Tumult etwas gelegt hatte, stellte Pym verwirrt fest, dass es sich für Atkins zwar ganz und gar nicht ziemte, mit dieser feinen jungen Frau, gerade fünfzehn Jahre alt, ein Kind gezeugt zu haben, aber dass es für die Frauen offensichtlich ganz und gar in Ordnung war, die Schritte eingeleitet zu haben, die zu dieser unglückseligen Entwicklung geführt hatten.
Mitten in diesem komplizierten moralischen Durcheinander fiel Pym plötzlich auf, dass Sopilaks Frau ihn anschaute, nachsichtig lächelnd über seine Verwirrung, als wollte sie sagen: »Du und ich, wir stehen über diesem Unsinn«, und er fühlte, wie er errötete, und wurde sich bewusst, dass sie eine Art heimliches Einverständnis eingegangen waren. Nikaluk war recht groß gewachsen für eine Eskimofrau, schmaler als die anderen und ihr Gesicht durch Tätowierungen noch nicht gezeichnet. Ihr Haar war tiefschwarz und knapp über den Augenbrauen in einer geraden Linie gestutzt, aber sie hatte nicht das Schelmische der jüngeren Kiinak an sich, die jetzt ganz dicht an Atkins herangerückt war, als müsse sie ihn gegen das Gezeter der kreischenden Frauen in Schutz nehmen.
Doch mit einem Schlag änderte sich die Situation, als Atkins plötzlich aufstand und verkündete, dass er Kiinak heiraten wollte und dass auch sie den Wunsch geäußert hätte, ihn zu heiraten. Jetzt führten die Frauen plötzlich Freudentänze auf, umarmten den Amerikaner und bestätigten ihm, was für ein feiner Mann er doch .wäre, während Kapitän Pym die ganze Zeit über entgeistert dastand und über das unerwartete Ergebnis, das sein Besuch in Desolation Point ausgelöst hatte, nachdachte. Und Nikaluk, die ihn noch immer etwas verschwörerisch vom hinteren Teil der Hütte zulächelte, unternahm keine Anstalten, den allgemeinen Aufruhr zu bändigen.
Als sich der turbulente Morgen dem Ende zuneigte, teilte Pym der erregt diskutierenden Menge mit, er meine, Atkins solle mit ihm in die Hütte der Amerikaner zurückkehren und erst noch einmal alles besprechen, und obwohl die älteren Frauen fürchteten, dass das nur ein Mittel sei, die versprochene Heirat zu verhindern, mussten sie Sopilak recht geben, dem Anführer ihres Dorfes, dass man es gestatten sollte, und so, nachdem er die Hand seiner jungen Geliebten noch einmal geküsst hatte, schnallte der Gefreite Atkins seine Skier fest, die Sopilak für ihn gemacht hatte, und folgte seinem Kapitän durch den Schnee zurück in ihre Gemeinschaftshütte.
Der erste Vorschlag, der auf der allgemeinen Versammlung der Schiffsbesatzung zur Sprache kam, in der es darum ging, dass John Atkins sein Eskimomädchen ehelichen wollte, war außerordentlich praktisch: »Wenn sie schwanger ist, dann suche einen Eskimomann für sie. Gebt ihm eine Axt. Die tun alles für ’ne Axt«, und noch bevor sich Kapitän Pym gegen solche Unmoral aussprechen konnte, gaben mehrere andere Matrosen zu bedenken, dass es für einen zivilisierten Menschen aus Boston, zudem einen guten Christen, völlig unmöglich sei, eine Wilde mit nach Hause zu bringen, die noch nie etwas von Jesus gehört hätte, und diese Empfindung schien sich allgemein
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