Alaska
Gewinne aus den Ölfeldern in Prudhoe Bay die Erwartungen um das Vielfache übertrafen, und bei einer öffentlichen Versammlung verkündete er: »Das ist nur gut für uns! So haben wir freie Hand«, und noch am selben Nachmittag ließ er sich von Harry Rostkowsky nach Barrow fliegen, wo er in die Prudhoe-Bay-Maschine nach Anchorage umstieg. Dort mietete er sich in einem Hotel am Flughafen ein, führte intensive Gespräche mit den örtlichen Managern aller zwölf internationalen Fluggesellschaften, die über den Nordpol nach Europa flogen, und stellte am Ende fest, dass das günstigste Preisangebot für das, was er vorhatte, ihm von der Lufthansa unterbreitet worden war, die alles daransetzte, ein solches Geschäft nicht an ein anderes Luftfahrtunternehmen zu verlieren.
Mit einem festen Vertrag in der Tasche für mindestens so viele Hin- und Rückflugtickets, wie er brauchte, eilte er zurück nach Desolation und eröffnete dem staunenden Publikum auf einer großen Versammlung in der Turnhalle seine Pläne. »Bürger von Desolation! Dank unserer umsichtigen Schulaufsichtsbehörde und unserer tüchtigen Lehrer Kasm Hooker und Kendra Scott haben wir eine der besten Molly-Hootch-Schulen Alaskas aufbauen können.« Das Publikum applaudierte, und Mr. Hooker wehrte dankend ab. »Wir wissen, wie schwierig es ist, die Stimmung und die Lernwilligkeit in den bevorstehenden Wintermonaten aufrechtzuerhalten.« Hier unterbrach er seine Rede, und es folgte eine allgemeine Diskussion über diese unwiderlegbare Tatsache: Den Unterricht weiterzuführen, mochte die Schule auch noch so klein sein, war äußerst schwierig, wenn draußen nie Tageslicht herrschte.
»Und was, schlagen Sie vor, sollen wir tun?« fragte ein Fischer, aber Afanasi antwortete ausweichend: »Ich habe unsere Schule hier in Desolation nie als eine kirchliche Privatschule angesehen.«
»Wieso kirchliche Privatschule?« fragte ein Mann, und eine Frau antwortete: »Er meint katholisch.« Aber Afanasi berichtigte: »Ich meine nicht katholisch, ich meine eher engstirnig oder beschränkt.« Er legte eine Pause ein, um seinen Zuhörern Gelegenheit zu geben, das Gesagte zu begreifen, und Kendra dachte bei sich: Worauf, um alles in der Welt, will er hinaus? Und sie sah Mr. Hooker an, aber der zuckte nur mit den Schultern, auch ihn hatte Mr. Afanasi nicht eingeweiht.
»Wir wollen doch alle, dass unsere Schüler auch einmal etwas von der Welt südlich des Polarkreises sehen. Fliegen wir nicht deshalb mit unserem Basketballteam runter nach Juneau und Sitka? Warum sonst tragen unsere Tänzer und Eskimo-Olympioniken ihre Wettkämpfe in Fairbanks aus? Nun, dieses Mal werden wir unseren Horizont erweitern, wie es bislang noch nie geschehen ist. In genau zehn Tagen werden alle unsere Schüler, die zwei Lehrer, drei Ausschussmitglieder und drei Mütter als Begleitpersonen mit einer Chartermaschine nach Anchorage fliegen und von dort aus in einem Jet der Lufthansa nach Frankfurt in die Bundesrepublik Deutschland, wo wir an einem Seminar über die Geschichte Mitteleuropas teilnehmen. Anschließend besuchen wir noch sechs weitere deutsche Städte, um einmal einen Eindruck von einem der bedeutendsten europäischen Länder zu bekommen.«
Staunen, Hurrarufe und wilde Aufregung bei den Schulkindern, dann eine ernüchternde knappe Frage aus dem Publikum: »Und wer soll das bezahlen?« Und Afanasis stolze Antwort: »Die Schulbehörde. Unser Haushalt kann es verkraften.« Dann rekapitulierte er: »Wie gesagt, wir übernehmen die Kosten. Zwölf Schüler. Die fünf Jüngsten bleiben mit Mrs. Hooker zu Hause. Zwei Lehrer. Drei Mitglieder der Behörde und drei Mütter als Begleitpersonen. Das macht zwanzig Leute. Und wenn sich noch jemand anschließen will und bereit ist, die Kosten selbst zu tragen, und ich kann versprechen, es ist ein günstiges Angebot, dann können wir noch fünf Personen mitnehmen.«
Die Gehälter in Prudhoe Bay waren sensationell hoch gewesen in den vergangenen Jahren, so kamen schnell fünf Personen zusammen, die ihre Reise selbst finanzieren wollten, und es entging Kendra nicht, dass sich auch Jonathan Borodin, der junge Mann mit dem Schneemobil, gemeldet hatte. Bevor die Versammlung auseinanderging, informierten sich noch alle über die Einzelheiten des Programms ihrer Rundreise durch Deutschland. Danach stellten Kendra und Mr. Hooker eine Liste mit allen wichtigen Daten der Teilnehmer zusammen, die Mr. Afanasi am nächsten Morgen zur Bundesbehörde nach Fairbanks
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