Alaska
wirtschaftliche Lage der örtlichen Genossenschaft mache ich mir keine Sorgen. Aufgrund der guten Ratschläge von Poley Markham in der ersten Zeit und dann in letzter Zeit von Jeb haben wir unsere Interessen ganz gut schützen können. Wir haben nicht allzu viel Geld verloren, haben zwar auch nicht viel eingenommen, aber konnten unseren Landbesitz erfolgreich behaupten. Was allerdings die großen Genossenschaften angeht, da bin ich skeptisch. Die reichen florieren, die armen laufen Gefahr, Pleite zu machen. Und wenn das eintritt, dann werden sie 1991 bereitwillig an Geschäftsleute in Seattle verkaufen.«
»Könnte das denn tatsächlich passieren?« fragte Kendra, und Jeb warf ein: »Die Aasgeier versammeln sich schon. Warten nur auf 1991 und die Gelegenheit, sich den besten Boden von Alaska unter den Nagel zu reißen. Wenn er erst mal aus der Hand gegeben ist, haben die Ureinwo hn er keine Möglichkeit mehr, ihn zurückzugewinnen. Dann dauert es nicht mehr lange, und eine ganze Tradition ist von der Bildfläche verschwunden.«
Traurige Aussichten, die sie da verhandelten, aber während der angeregten Diskussion erläuterte Jeb ihnen seine Taktik, und Kendra begann ihn dafür zu bewundern. »Ich glaube, die Hälfte der großen Genossenschaften ist bedroht. Praktisch sind sie jetzt schon bankrott oder stehen kurz davor. Ich würde sagen, deren Landbesitz ist schon verloren, es sei denn, die Regierung in Washington würde mit irgendeinem Notprogramm einschreiten. Aber ich glaube auch, dass sich viele von den kleinen Dorfgenossenschaften retten lassen und deren Land bis weit in die Zukunft geschützt werden kann. Genau das will ich versuchen, wenigstens bei denen, für die ich arbeite.«
An dieser Stelle griff Afanasi in die Unterhaltung ein und verteidigte mit geradezu poetischen Worten die traditionelle Bindung der Eskimos an ihr Land: »Mein Land, das ist nicht die öde Tundra, gemessen in den Quadratmeilen des weißen Mannes. Mein Land, das ist das offene Meer, im Winter festgefroren, im Frühjahr und Sommer der Kurs für Walross und Robbe und Grönlandwal. Genug festen Boden für die Häuser meines Dorfes, genug offenes Wasser, um unsere Ernte sicherzustellen, von der unser Leben abhängt.« Plötzlich schnippte er mit den Fingern: »Kommen Sie, Miss Scott, Viertel vor acht. Sie sollten schon längst vor Ihrer Klasse stehen!« Und er begleitete Jeb und Kendra zur Schule.
Jeb Kellers Arbeit als Rechtsberater des Vorsitzenden der Genossenschaft machte es erforderlich, dass er fast zehn Tage in Desolation blieb, und jeder Abend, den er gemeinsam mit Kendra verbrachte, vertiefte sein Interesse an ihr. Er fand, sie sei eine aufgeweckte, intelligente junge Frau mit der zurückhaltenden Art von Humor, die Männer wie er bewunderten. Er suchte solch eine Frau, die ihm intellektuell gewachsen war, aber nicht zu energisch auftrat. Besonders schätzte er ihr Verhalten gegenüber den Eskimos, ein Volk, das er unter seinen Schutz genommen hatte.
»Als ich in ihre finsteren, mürrischen Gesichter blickte, dachte ich zuerst, sie hassten die Welt, in der sie leben, aber dann stellte ich fest, dass sie nur Zeit brauchten, mich irgendwie einzuschätzen. Und als die Musterung vorüber war, blühte ihr Gesicht auf wie ein Pfirsichbaum im Frühling.« Er stimmte ihr zu, dass es eine ganze Zeit dauerte, bevor man die scheinbare Zurückhaltung der Eskimos richtig interpretieren konnte, und als er das sagte, wollte sie unbedingt, dass er ihre Schüler einmal kennenlernte. Er einigte sich mit Afanasi, dass er am Nachmittag der Schule einen Besuch abstatten würde. Bei den drei Schülern aus Desolation kam er auch gut an, aber auf Amy Ekseavik machte er nicht den geringsten Eindruck, sie starrte ihn an, als sei er ihr Feind.
Er fühlte sich so herausgefordert, dass er sich am Ende der Stunde, nachdem er den Kindern lange über seine Erlebnisse bei der Karibujagd in Nordkanada und seine Skiabenteuer in Dartmouth erzählt hatte, herzlich von ihnen verabschiedete, aber Amy bat, noch zu bleiben, weil er noch mit ihr sprechen wollte. Mit gesenktem Kopf schaute sie ihn zwischen ihren dunklen Haarsträhnen misstrauisch an und willigte nur ungern ein.
»Du hast zwar keinen Ton gesagt«, fing er an, »aber ich konnte genau sehen, dass du mehr Fragen auf dem Herzen hattest als alle anderen, und ich bin sicher, deine wären die interessantesten gewesen. Sag mir, was wolltest du fragen?«
Den Kopf weiter tief gebeugt, das Kinn auf der Brust
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