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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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gelegentlicher Heiterkeit bot. Er besaß einen untrüglichen Sinn, was Vulkane, Erdbeben und Flutwellen betraf, als hätten seine Kindheitserlebnisse am Vesuv ihn in deren unberechenbares Verhalten eingeweiht, und war wegen der Gründlichkeit seiner Beobachtungen vor Ort sowohl für die Russen als auch die Kanadier und Japaner von gleichermaßen unschätzbarem Wert. Er selbst bezeichnete sich als Vulkanologe, der sich nicht allein mit Vulkanen beschäftigte, sondern auch einer ganzen Reihe anderer Phänomene, die ursprünglich damit zusammenhingen.
    In seiner Freizeit stieg er in die Talkeetna-Berge oder erforschte mit seiner amerikanischen Frau den faszinierenden Matanuska-Gletscher, und manchmal, wenn sie auf einem Hügel eine Pause einlegten, sich irgendwohin setzten, ihren gekühlten Tee tranken und die Sandwiches auspackten, überwältigte ihn der Gedanke an die ungeheure Gewalt des Nordpazifik. »Die Berge werden von riesigen Eisdecken zermahlen. Das Meer friert zu und wirft ganze Eisblöcke auf. Vulkane, wie der Qugang, brechen aus, schleudern Millionen von Tonnen schwerer Lava und Asche in die Luft. Erdbeben zerstören ganze Städte, und tief unten im Meer werden Flutwellen freigesetzt, die weite Landstriche einfach wegfegen.«
    Seine Frau reagierte auf derartige Überlegungen einmal mit der nüchternen Feststellung: »Und gleichzeitig sammeln sich an den beiden Polen Eismassen an, bis sich die Gletscher wieder unaufhaltsam ausdehnen und alles umschließen, was wir aufgebaut haben.« Sie goss etwas Tee nach und sagte weiter: »Wenn man in Alaska lebt, dann lebt man mit ständiger Veränderung.« Sie musste über ihre eigene etwas pathetisch geratene Äußerung lachen: »Wäre das nicht lustig, wenn die Landbrücke durch die Beringsee wieder offen wäre und wir alle nach Asien zurückmarschierten?«
    So nahmen die Spekulationen ihren Lauf. Während seiner kurzen Unterbrechungen in Tamagata, westlich von Tokio, stellte Kenji Oda seine Mutmaßungen über die zukünftige ökonomische Entwicklung Alaskas an; in seinem bescheidenen Heim bei Irkutsk versuchte Maxim Voronov zu prophezeien, wann sein geliebtes Russland wohl wieder so stark sein würde, Alaska zurückzugewinnen; und in seinem kargen Gebäude in Palmer machte sich Giovanni Spada daran, das Verhalten der Vulkane, Erdbeben und Flutwellen zu untersuchen.
    Und mitten im arktischen Ozean schließlich, auf der Forschungsstation T-7, mühte sich Rick Venn für die Vereinigten Staaten, den Wissensvorsprung der anderen Länder aufzuholen und mit ihnen zu einem Gesamtverständnis der Arktis zu kommen: der Spalten im Meeresboden, aus der neue Welten auftauchen würden, der wandernden Formationengruppen, die sich eines Tages zu einem völlig anderen Alaska zusammenschließen würden, des Kranzes aus Feuern, der das Leben im Pazifik diktierte, und der langsam anwachsenden Eiskappen an den Polen, die einen großen Teil des Erdballs eines Tages in eine neue Eiszeit hüllen würden.
    »Man kann so viel aus ihnen lernen«, sagte er eines Abends zu Afanasi, als sie den Sternenhimmel untersuchten. » So viel fügt sich zusammen.«
     
    Ohne dass die Zivilisten in Japan, Sibirien und Alaska davon wussten , gab es im Hoheitsgebiet Alaska noch drei starke Einheiten, deren Dienst ausschließlich darin bestand, alles aufzuzeichnen, was im arktischen Bereich geschah. Von der Luftwaffenbasis Elmendorf unweit Anchorage und Eielson nahe Fairbanks, die zu den größten der Welt zählten, flogen Tag und Nacht Piloten aus, um jede Luftbewegung der Russen zu verfolgen. Gelegentlich schickten diese Wächter codierte Funksprüche an ihre Basis: »Zwei Eindringlinge über Desolation Point«, worauf sich umgehend amerikanische Kampfflugzeuge in den Himmel bohrten und die Russen wissen ließen, dass sie beobachtet wurden. Auf der anderen Seite schickten natürlich auch die Russen Aufklärungsflugzeuge von Geheimbasen in Sibirien aus in den Luftraum.
    Auf der Insel Lapak schließlich, wo sich seit der Ankunft der ersten Menschen vor zwölftausend Jahren so viel zugetragen hatte, erhob sich ein großes fensterloses Gebäude zehn Stockwerke hoch. Es beherbergte Geheimgeräte, die nur ein paar hundert Experten in den ganzen Vereinigten Staaten bedienen konnten - außer den etwa zwanzig klugen Analytikern in Moskau -, und diente Amerika als der intellektuelle Schild gegen einen möglichen sowjetischen Überraschungsangriff. Hätte die alte Mumie noch immer in ihrer Höhle gelebt, sie hätte

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