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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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Tiere geeignet sei.
    Steller hatte mittlerweile einen ganzen Armvoll Kräuter einsammeln können, ein paar hatte er sich schon in den Mund gestopft und kaute heftig darauf herum, und als der Bootsmann das Signal zum Ablegen gab, rief er Zhdanko zu sich und bot ihm eine Handvoll der lebensrettenden Gräser an. Sie enthielten Ascorbinsäure, ein starkes Mittel gegen den tödlichen Skorbut. Als er den Seeotterpelz sah, erinnerte er Trofim an ihre Unterhaltung, und es war offensichtlich, dass er die Hoffnung hegte, Trofim würde ihm den Pelz überlassen, um die bescheidene Sammlung des Deutschen zu bereichern. Der Kosake wollte natürlich nichts davon hören. Er wandte sich verlegen vom Wissenschaftler ab und rief: »Wunderschöne Insel. Wie sie wohl heißen mag?«
    Das war nun eine Gelegenheit für den Deutschen, zu zeigen, dass auch er nicht auf den Kopf gefallen war. Er drückte Zhdanko das Gras in die Hand, sah den Aleuten an und fragte ihn, wobei er mit Händen und Lippen wunderbar orchestrierte Bewegungen vollführte, welchen Namen sein Volk dieser Insel gegeben hätte, und nach einer Weile antwortete der Mann: »Lapak«, worauf sich Steller niederkniete, den Boden berührte, wieder aufstand und die Arme ausbreitete, als wollte er die ganze Insel umarmen. »Lapak?« fragte er, und der Inselbewohner nickte.
    Als sich Steller umschaute, die ganze Insel in Augenschein zu nehmen, sah er an der nördlichen Küste einen schönen, kegelartig geformten Felsen aus dem Meer ragen und fragte, wieder mit Hilfe von Gesten, ob das ein Vulkan sei, und der Aleute nickte erneut. »Bricht er aus? Feuer? Fließt Lava ins Meer? Zischen?« lauteten Stellers Fragen, und auf alle erhielt er Antwort. Es erfüllte ihn mit Befriedigung, dass er einen aktiven Vulkan entdeckt hatte, jetzt galt es nur noch, den Namen in Erfahrung zu bringen. Das allerdings erwies sich als zu kompliziert für die Sprache, die die beiden Männer in der halben Stunde entwickelt hatten, und so konnte er nicht erfahren, dass in den zwölftausend Jahren nach der Geburt des Vulkans, bei der Azazruk zugegen gewesen war und nach der der Berg nicht einmal 30 Meter aus dem Wasser geragt hatte, dieser Hunderte von Malen ausgebrochen war, sich abwechselnd mal dem Himmel entgegenstreckend, mal fast unter der Wasseroberfläche versinkend. Jetzt war er von mittlerer Höhe, etwa über 900 Meter, und auf der Spitze lag eine dünne Schneeschicht. Sein Name auf aleutisch lautete Quang, Pfeifender Berg, und als Trofim Zhdanko noch einmal einen letzten Blick auf ihn warf, wie er sich da in nächster Nähe so herrlich aus den Wellen erhob, drehte er sich wieder zu Steller um und sagte: »Ich würde gerne wiederkommen«, und der Deutsche, seine Kräuter auflesend, antwortete: »Ich auch.«
     
    Das von Steller zusammengebraute Elixier erwies sich als ein ideales Heilmittel gegen Skorbut, denn es lieferte all die Nährstoffe, die der magenfüllenden, aber blutschwächenden Ernährung aus Zwieback, Fett und salzgepökeltem Schweinefleisch fehlten. Die Ironie des Schicksals jedoch wollte es, dass sich ausgerechnet die Männer, deren Leben durch einen Schluck dieses abscheulich schmeckenden Zeugs hätte gerettet werden können, weigerten, es zu probieren. Steller trank es, ebenso Trofim, überzeugt davon, dass der deutsche Wissenschaftler schon wusste, was er tat, und mit ihnen drei der rangniedrigeren Offiziere, die so ihr Leben retteten. Die anderen dagegen weigerten sich standhaft und wurden darin von Kapitän Bering auch noch unterstützt, der ihn anraunzte: »Schaffen Sie das Zeug weg. Wollen Sie mich vergiften?«, und als Steller sich über so viel Unvernunft, die lebensrettende Substanz zurückzuweisen, nur noch lustig machen konnte, flüsterten die Männer sich zu: »Mich bringt kein verdammter Deutscher dazu, Gras zu trinken.«
    Mitte Oktober, die »St. Peter« hätte schon längst wieder sicher im Hafen von Petropavlovsk liegen sollen, schleppten sich die Männer nur noch über das sturmgeplagte Schiff, viele starben an den schrecklichen Folgen von Skorbut, und die Eintragungen ins Logbuch klangen erbärmlich:
    »Fürchterlicher Sturmwind. Heute sah ich auch bei mir erste Anzeichen von Skorbut, aber zähle mich noch nicht zu den Kranken.«
    »Ich habe so starke Schmerzen in meinen Händen und Füßen, dass ich nur unter großen Schwierigkeiten Wache halten kann; 32 auf der Krankenliste.«
    »Durch Gottes Wille verstarb heute der gemeine Soldat Karp Peshenoi aus Yakutsk, und wir

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