Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
Vom Netzwerk:
Sibirien. »Warum führst du mir diesen einfachen Arbeiter vor?« fragte sie ihren Mann streng, worauf er fast unterwürfig antwortete: »Er ist kein Arbeiter, Liebling, er ist Seemann.«
    »Und wohin ist er zur See gefahren?« wollte sie wissen.
    »Nach Amerika ... mit Bering.«
    Als dieser Name fiel, trat sie dichter an Trofim heran und drehte ihn, wie ihr Mann vorher auf der Straße, herum, ihn genauer zu betrachten, den Kopf mal zur einen, dann zur anderen Seite, als hätte sie ihn schon einmal gesehen. Und dann, achselzuckend, fragte sie in leicht spöttischem Ton: »Sie? Sie waren auf Berings Schiff?«
    »Zweimal. Ich war sein Berater.«
    »Und Sie haben die Inseln da draußen gesehen?«
    »Ich war sogar an Land, zweimal, und wie Sie wissen, haben wir einen ganzen Winter dort verbracht.«
    »Das wusste ich nicht«, sagte sie, übernahm die Unterhaltung und bat Trofim, sich zu setzen, während sie etwas zu trinken holte, ein Getränk, das aus den Preiselbeeren gewonnen wurde, die in dieser Gegend im Überfluss wuchsen. Bevor sie ihr Verhör wieder aufnahm, räusperte sie sich: »Und jetzt sagen Sie mal, Kosake. Gab es auf den Inseln wirklich Pelze?«
    »Überall, wo wir auch waren.«
    »Aber von dem Schiff, das zuerst zurückgekehrt ist, Kapitän Chirikovs, weiß ich, dass sie keine Pelze gefunden haben.«
    »Sie sind nicht an Land gegangen, wir schon.«
    Abrupt erhob sie sich und ging im Zimmer umher, dann ließ sie sich neben ihrem Mann nieder und umfasste mit der Hand sein Knie, als erbitte sie seinen Rat oder sein Schweigen, und formulierte dann langsam ihre Frage: »Kosake, wären Sie bereit, zurückzusegeln auf die Inseln? Das heißt für meinen Mann? Uns Pelze mitzubringen?«
    Zhdanko holte tief Luft, bestrebt, sich die Aufregung wegen dieses einmaligen Angebots, einem voraussichtlich tödlich langweiligen Leben in Westrussland entfliehen zu können, nicht anmerken zu lassen: »Nun, wenn sich das verwirklichen ließe ...«
    »Was soll das heißen?« unterbrach sie ihn scharf. »Sie haben es doch schon gemacht.« Mit einer Handbewegung fegte sie alle weiteren Fragen beiseite: »Besatzung, Schiffe, das lässt sich in Ochotsk auftreiben.« Plötzlich stand sie direkt vor ihm: »Würden Sie fahren?« Und es zwar zwecklos, seine enthusiastische Antwort weiter hinauszuzögern: »Ja!«
    In den nachfolgenden Besprechungen, wie eine solche Expedition zu organisieren sei, war sie es, die die Einzelheiten festlegte: »Sie werden nach Petropavlovsk fahren, dem neuen Hafen; 1.000 Meilen, aber mit einem stabilen Schiff der Regierung von Ochotsk aus eine leichte Überfahrt. Von dort sind es 600 bis 700 Meilen bis zur ersten Insel; Sie werden also Ihr eigenes Schiff bauen und zu Frühjahrsanfang lossegeln, den Sommer über fischen und jagen, im Herbst zurückkommen, und wenn Sie wieder hier sind, wird Poznikov Ihre Felle nach Irkutsk schaffen ...«
    »Warum so weit?« fragte Zhdanko, und sie fuhr ihn an: »Weil es die Hauptstadt von Sibirien ist. Alles Gute in diesem Teil Sibiriens kommt aus Irkutsk.« Und schließlich, etwas bescheidener, fügte sie hinzu: »Ich stamme aus Irkutsk. Mein Vater war dort Woiwode.« Dann klatschte sie die Hände zusammen: »Ivan, ich nehme diesen Kosaken, hier und jetzt. Er soll unser Kapitän werden.«
    Ivan Poznikov stand in seinem fünften Lebensjahrzehnt, abgehärtet durch die fürchterlichen sibirischen Winter, aber mehr hoch durch die rauhen Verhandlungspraktiken, die er sich bei seinen Geschäften mit den Chukchis, Kalmücken und Chinesen hatte aneignen müssen. Er war groß, nicht ganz so riesig wie Zhdanko, aber hatte breitere Schultern und die gleiche Kraft in den Armen; seine Hände glichen Pranken, und in Momenten höchster Gefahr hatten sich seine Finger schon manches Mal um den Hals eines Widersachers gelegt und sich dort verkrallt, bis sein Gegner tot zu Boden gefallen war. Beim Handeln verfuhr er ähnlich brutal, aber weil seine Frau ihm im Laufe ihrer gemeinsamen Jahre ständig zugesetzt hatte, überließ er ihr den Vorsitz über Familie und Geschäfte.
    Als Trofim die Poznikovs an jenem Morgen zum ersten Mal sah, wunderte er sich, wie eine so energische Frau, Tochter eines aus der Hauptstadt stammenden Woiwoden, in die Heirat mit einem einfachen sibirischen Händler hatte einstimmen können. Anscheinend hatte sie in Poznikov die Chance ihres Lebens erkannt, in die Geheimnisse des Pelzhandels im östlichen Sibirien eingeweiht zu werden, ihre Ambitionen, gesellschaftlich

Weitere Kostenlose Bücher