Albtraum
Mutter …“ Ihre Stimme brach. „Sie wusste alles über ihn. Ich habe ihr zuerst nicht geglaubt, deshalb bat sie einen Freund von der CIA, mir alles zu erzählen. Er hat mir diese Bilder gezeigt.“ Juliannas Augen schwammen in Tränen, als sie fortfuhr: „Dieser Mann von der CIA, er ist auch tot. Meine Mutter ebenfalls. Und alles ist meine Schuld. Verstehen Sie … er wird auch Emma umbringen.“
Kate sank in den Sessel zurück, und das Telefon entglitt ihren Fingern. „Mein Gott, wenn das wahr ist … was soll ich bloß tun?“
Julianna ging vor ihr in die Hocke. „Wir müssen fliehen, sofort. Ich habe ihm mit einer Lampe auf den Kopf geschlagen, aber ich weiß nicht, ob ich … ob ich ihn getötet habe. Ich fürchte, nein.“
„Wir müssen fliehen?“ wiederholte Kate ungläubig. „Lieber begleite ich eine Viper in die Schlangengrube, als mit Ihnen irgendwohin zu fliehen. Ich versuche mein Glück auf eigene Faust.“
„Aber ich kenne ihn. Ich weiß, wie er arbeitet und wie er aussieht.“ Sie legte ihre Hand auf Kates. „Sie brauchen mich. Ohne mich sind Sie eine Zielscheibe.“
„Ich brauche Sie nicht. Ich …“
Das Telefon läutete. Beide blickten auf den Apparat, dochkeiner nahm den Hörer auf. Schließlich schaltete sich der Anrufbeantworter ein. Eine tiefe, einschmeichelnde Männerstimme sagte: „Hallo, Kate. Leite diese Nach richt bitte auch an Julianna weiter. Ich kenne jetzt deine Antwort. Du hast mich das letzte Mal betrogen.“ Er seufzte tief. „Du und Emma, ihr seid tot.“
61. KAPITEL
Der Highway erstreckte sich dunkel und endlos vor Kate. Die Nacht wurde nur durch ihre Scheinwerfer und die der entgegenkommenden Fahrzeuge erhellt, und auch die wurden immer weniger.
Sie fuhr schon seit Stunden, ohne genau zu wissen, wohin, nur getrieben von dem Wunsch, so viele Meilen wie möglich zwischen sich und John Powers zu bringen. Sie umklammerte das Lenkrad wie einen Rettungsring. Wenn sie nur einen Moment locker ließ, fürchtete sie, ihre Emotionen nicht mehr unter Kontrolle zu haben.
Zu Emmas Schutz musste sie wach, ruhig und konzentriert bleiben. Sie weigerte sich, daran zu denken, was geschähe, wenn dieser Mann, dieses Ungeheuer, sie erwischte.
Kate sah über die Schulter auf den Rücksitz. Emma schliefschon seit Stunden fest in ihrer Trage, eingelullt vom gleichmäßigen Surren des Motors. Julianna schlief auf dem Sitz neben ihr.
Die Stille war sowohl ein Segen wie ein Fluch. Ein Segen, weil sie weder die Energie noch die emotionalen Reserven hatte, sich mit einer ihrer Begleiterinnen zu befassen, ein Fluch, weil sie Zeit zum Nachdenken hatte und immer wieder an die Nachricht auf dem Anrufbeantworter und die Drohung gegen sie und Emma denken musste.
Kate atmete tief durch, und hielt die aufkommende Hysterie in Schach. Nach dem Anruf hatte sie mit Julianna schweigend das Wichtigste für Emma zusammengepackt, dann waren sie geflohen.
Stirnrunzelnd überlegte sie jetzt, ob sie in der Eile überhaupt die Haustür abgeschlossen hatte. Sie konnte sich nichterinnern. In Panik waren sie zum Wagen gerannt. Sie hatte rückwärts aus der Einfahrt gesetzt und dabei noch fast den alten Joe und Beauregard überfahren. Zum Glück hatte sie da ran gedacht, ihre Tasche mitzunehmen. Sie enthielt Kreditkarten, Schecks und hundert Dollar Bargeld.
Ihre Lider begannen sich zu senken, und sie riss sie wieder hoch. Ohne Pause und ohne etwas zu essen würde sie nicht mehr lange durchhalten. Emma regte sich hinten. Sie würde bald aufwachen und musste dann gefüttert und gewickelt werden. Außerdem musste sie sie eine Weile aus dem Autositz nehmen und mit ihr spielen.
Sie brauchten einen Platz zum Übernachten. Ein Motel würde für heute genügen, aber was war morgen oder über morgen? Sie konnten unmöglich mit Emma auf der Flucht bleiben, tagsüber im Auto, nachts in kleinen Motelräumen. Das war kein Leben für ein Kind.
Sie hätte heulen mögen: um sich, um Emma, um das „Uncommon Bean“ und um ihr schönes Haus in Mandeville. Würde sie das alles je wieder sehen?
Sie unterdrückte die Tränen und umfasste das Lenkrad fester. Ziellos weiterzufahren brachte nichts und war deprimierend. Sie brauchte ein Ziel, auf das sie sich konzentrieren konnte.
In die liebenden Arme ihrer Familie zurückzukehren, war ausgeschlossen, so verlockend der Gedanke erschien. Dort würde John Powers zuallererst nach ihr suchen.
Ein Lkw fuhr so nah an ihr vorbei, dass ihr Jeep schwankte. Vor ihr scherte er wieder
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