Albtraum
ein und fuhr vom Highway ab. Sie sah auf das Schild und erkannte, wo sie waren. Houston.
Luke! Natürlich!
Sie hatte in den letzten Jahren keine Verbindung zu Lukegehabt. John Powers konnte nicht wissen, dass sie befreundet waren. Bei ihm würden sie sicher sein. Sie seufzte erleichtert. Luke würde sie aufnehmen, wenigstens für eine Nacht. Bestimmt hasste er sie nicht so sehr, dass er ihr in einer Notlage Hilfe verweigerte.
Sie nahm die nächste Ausfahrt und hielt vor einer Tankstelle. Als sie neben der Zapfsäule parkte und aussteigen wollte, öffnete Julianna schläfrig die Augen. „Wo sind wir?“
„Houston. Brauchen Sie etwas von drinnen?“ Kate öffnete ihre Tür. „Ich will jemand anrufen.“
62. KAPITEL
Luke saß auf den Verandastufen und wartete auf Kate. Er hatte kein Licht eingeschaltet. Nachtgeräusche umgaben ihn: das Summen der Insekten, das einsame Heulen eines Hundes und die fernen Geräusche der Stadt, die zu groß war, um jemals wirklich zu schlafen.
Er lehnte sich zurück und stützte sich auf die Ellbogen. Als Kate anrief, hatte er gerade fieberhaft gearbeitet und einer kreativen Phase nachgegeben, die seit Stunden anhielt. Er war so in die Welt seiner Romanfiguren eingetaucht, dass er dreimal nachfragen musste, wer am Apparat war, ehe er es begriff.
Kate! Meine schöne Kate.
Stirnrunzelnd hielt er sein Gesicht dem sternenlosen Himmel entgegen. Er hatte Müdigkeit und Verzweiflung in ihrer Stimme gehört. Sie hatte gesagt, sie stecke in Schwierigkeiten und brauche mit dem Baby und einer Freundin eine Bleibe, wenn auch nur für eine Nacht. Es sei ein Notfall. Eine Frage von Leben und Tod.
Er hatte ablehnen und viele Fragen stellen wollen, wo denn Richard sei und um was für Schwierigkeiten es sich handele. Stattdessen hatte er ihr jedoch den Weg zu seinem Haus beschrieben.
Luke strich sich mit einer Hand übers Gesicht, das rau war von Bartstoppeln. Kate neigte weder zu Übertreibungen, noch war sie melodramatisch. Was konnte sie also so bedrängen, dass es eine Frage von Leben und Tod war?
Er stand auf, da er einen Wagen in seine Straße biegen und langsam fahren sah, als suche jemand eine Hausnummer. Er schaltete die Verandabeleuchtung ein und stellte sich in den Lichtkegel.
Der Jeep Cherokee bog in seine Zufahrt und hielt. Die Fahrertür flog auf, und Kate stieg aus. Sie sahen sich in die Augen, und Kate lief auf ihn zu. Er kam ihr auf halbem Weg entgegen, schloss sie in die Arme und drückte sie an sich. Sie klammerte sich zitternd an ihn, die Wange an seiner Brust, die Schultern bebend, da sie schluchzte.
„Danke, Luke. Danke, dass du uns aufnimmst.“
„Kate …“ Er presste das Gesicht in ihr Haar und sog den vertrauten Duft ein. Dann legte er den Kopf ein wenig zurück, damit er ihr in die Augen sehen konnte. „Was ist los? Wo ist Richard?“
Die Beifahrertür ging auf, und eine junge Frau stieg aus. „Kate“, sagte sie leise und zögernd, „das Baby ist wach.“
Kate nickte und hielt Luke noch einen Moment fest, ehe sie sich von ihm löste, um Emma zu holen.
Die Kleine wirkte alles andere als glücklich. „Geht schon hinein“, bat Luke, „ich bringe die Taschen.“
„Wir haben keine.“
„Kein Gepäck?“ wunderte er sich.
„Nein, nur Emmas Windeltasche.“
Er deutete aufs Haus. „Geh und bring Emma hinein.“ Er schnappte sich die Tasche, verschloss das Auto und folgte den Frauen ins Haus. Sie warteten im Foyer auf ihn. Beide wirkten erschöpft und verloren.
Emma wand sich auf den Armen ihrer Mutter und stieß hohe Protestlaute aus. „Ist alles in Ordnung mit ihr?“ fragte Luke.
„Sie hat Hunger und braucht frische Windeln.“
Luke nickte und führte sie in die Küche. Abgesehen von Schlafräu men und Bad gin gen im Erdge schoss alle Räume in einander über. Ein Grund, weshalb er sich seinerzeit zum Kaufdieses Hauses entschlossen hatte. Der zweite Grund war das große Arbeitszimmer im Dachgeschoss mit seinen Bücherwänden und Panoramafenstern gewesen.
Emma auf der Hüfte, füllte Kate die Milchflasche und erwärmte sie in der Mikrowelle. Luke wandte sich lächelnd an die andere Frau. „Ich bin Luke.“
Kate sagte: „Entschuldigung, das ist Julianna.“
Ihr Tonfall ließ vermuten, dass Julianna nicht gerade ihre Freundin war. „Hallo, Julianna.“
Luke gab ihr die Hand und be merkte die Fle cken auf ihrem T-Shirt und der Shorts. War das etwa Blut? Er sah ihr ins Gesicht, und in ihren Augen lag etwas wie Entsetzen. Sie kreuzte die
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