Albtraum
Schluck Wein. „Alles begann mit Emmas Adoption.“
Luke lauschte, während sie ihm von den letzten Monaten er zählte, wie sie von einer jun gen Mutter als Em mas El tern ausge sucht wor den wa ren und wie sehr sie sich ge freut hatte, Mutter zu sein. „Ich war so glücklich und so verliebt in un ser Baby, dass ich gar nicht gemerkt habe, was mit Richard passierte. Zuerst jedenfalls nicht.“ Sie stand auf und ging zum Fenster, das zu seinem Garten hinausführte. „Er war nicht glücklich. Er hat Emma nie auf den Arm ge nom men. Je denfalls nicht freiwillig. Er hat sie nicht mal angesehen, geschweige denn mit ihr gespielt. Wie sich herausstellte, war er eifersüchtig auf die Zeit und die Aufmerksamkeit, die ich ihr widmete.“
Sie seufzte tief und fuhr fort: „Er hat nur mir zuliebe in die Adoption eingewilligt, das ist mir jetzt klar. Aber er hat sich nicht gut dabei gefühlt. Er konnte einfach kein fremdes Kind in unsere Familie oder gar in sein Herz aufnehmen. Ich hätte das durchschauen müssen. Doch ich wollte wohl nicht an ihn und seine Belange denken. Ich war zu sehr damit beschäftigt, Mutter zu sein.“
„Kate“, wandte Luke vorsichtig ein, „du weißt nicht, ob er sich anders verhalten hätte, wenn es euer leibliches Kind gewesen wäre. Manche Menschen sind nicht dazu bestimmt, Eltern zu sein.“
„Ich wünschte, das wäre mir klar gewesen.“
„Wirklich? Hättest du sie denn zurückgegeben?“
„Nein.“ Sie lachte kurz auf. „Ich kann mir ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen. Mutter sein ist das Beste, was mir im Leben passiert ist.“
„Na bitte, da hast du’s.“
Sie kehrte zur Couch zurück, setzte sich in eine Ecke und schlug die Beine unter. „Ich hätte Richards Untreue kommen sehen müssen. Wir begannen zu streiten. Er kam mir immer mehr wie der Junge vor, den ich im College gekannt hatte, und nicht mehr wie der Mann, mit dem ich seit zehn Jahren verheiratet war. Arrogant und selbstbezogen, beleidigt, wenn er seinen Kopf nicht durchsetzen konnte.“
Sie berichtete weiter, wie ihre Beziehung langsam immer schwieriger wurde, wie man in ihr Haus einbrach und ihr Nachbar, der alte Joe, eine fremde Frau auf ihrer Schaukel entdeckte. Sie erzählte, wie sie von Richards Untreue erfuhr und wie man ihr einige Stunden später seine Ermordung mitteilte.
Sie schlang die Arme um sich. „Alles passierte so rasend schnell. Eben war ich noch eine glücklich verheiratete Frau und sonnte mich in meiner neuen Mutterrolle, und plötzlich bin ich Witwe.“ Sie kniff die Augen zusammen und hatte Mühe, die Fassung zu bewahren. „Wie wird man damit fertig? Wie soll ich verkraften, dass er tot ist? Ich habe immer noch nicht verwunden, dass ich ihn mit einer anderen im Bett erwischt habe.“
Sie sah ihn durch einen Tränenschleier an und fügte hinzu: „Und ich fühle mich so schuldig. Ich denke immer, wenn ich nur et was an ders ge macht hätte, wäre er noch am Le ben. Wenn ich mir nicht so sehr ein Kind gewünscht hätte. Wenn ich seine wahre Haltung zur Adoption durchschaut hätte. Wenn ichihm gegeben hätte, was er brauchte, oder ihm verziehen hätte, wäre er jetzt nicht tot.“
„Schicksalsschläge passieren nun mal, Kate“, widersprach Luke sanft. „Jemand ist zur falschen Zeit am falschen Ort, das hat nichts damit zu tun, was du getan oder unterlassen hast.“
„Das war kein unabwendbarer Schicksalsschlag. Und es war auch kein Raubüberfall. Richards Tod war geplant. Er wurde von einem Irren getötet wegen Julianna.“
Luke zog nachdenklich die Stirn kraus und dachte an die Blutspritzer auf Juliannas Kleidung. „Wie meinst du das?“
Sie berichtete, was sie selbst heute erst erfahren hatte. Wie Julianna durch die Adoptions-Agentur auf sie gestoßen war, wie sie sich in Richard verliebt und sich dann systematisch an ihn herangemacht hatte.
„Sie hat uns verfolgt und alles über uns, vor allem über mich, in Er fah rung ge bracht. Sie hat mich ko piert, um Richards Ver trauen zu ge win nen, da mit er sich von ihr an ge zo gen fühlte.“ Um Fas sung be müht, fügte sie hinzu: „Sie war wie ich, nur besser: jünger, sexier, ungebunden.“
„Niemand ist wie du“, tröstete Luke. „Glaubs’s mir. Ich habe zehn Jahre lang gesucht.“
Kate sah ihn einen Moment mit tränenfeuchten Augen stumm an. Dann fuhr sie fort: „Es kommt noch schlimmer.“ Sie berichtete, was Julian na ihr über John Powers erzählt hatte, dass er Richard, ihre Mutter und deren Freund von der CIA
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