Albtraum
tun?“
Julianna atmete tief durch und mahnte sich zur Vorsicht. Ellen glaubte zweifellos weder an Schicksal noch an Vorsehung und würde nicht verstehen, dass sie und Richard füreinander bestimmt waren. Wenn Ellen auch nur eine Ahnung bekäme, was sie im Schilde führte, würde sie sie ganz bestimmt sofort hinauswerfen.
Julianna senkte einen Moment den Blick, ehe sie Ellen wieder ansah und hoffte, zögerlich und unsicher zu erscheinen. „Ich … ich habe eine Entscheidung getroffen, welches Paar mein Baby adoptieren soll.“
„Wirklich?“ Ellen beugte sich erfreut vor.
„Ja … es war nicht leicht. Ich hatte Mitgefühl mit jedem Paar. Es tut mir fast Leid, dass ich nicht alle auswählen konnte.“
„Aber ein Paar hat Sie besonders angesprochen.“ Ellen lächelte aufmunternd. „Eines schien ideal.“
Julianna erwiderte das Lächeln. „Ja, genau. Woher wissen sie das?“
„Es ist immer so. Ich nenne es das Wunder der Adoption.“ Ellen strahlte geradezu. „Also, wen haben Sie ausgewählt?“
„Bevor …“ sie zögerte und atmete tief ein, „bevor ich es Ihnen sage, habe ich noch ein paar Fragen, wie das mit den verschiedenen Arten der Adoption funktioniert.“
„Sicher.“ Ellen begann ihr die Möglichkeiten zu erläutern und wiederholte, dass sie die Wahl hatte zwischen einer geschlossenen Adoption, bei der es keinerlei Kontakt zwischen Adoptiveltern und leiblicher Mutter gab, und einer offenen Adoption, bei der es zu regelmäßigen Besuchen zwischen Adoptiveltern, Baby und leiblicher Mutter kam, und allen Abstufungen dazwischen.
Nachdem Ellen geendet hatte, schwieg Julianna einige Augenblicke, als erwäge sie alles Gesagte. „Aber woher soll ich wissen, dass das ausgewählte Paar sich auf die von mir gewünschte Art der Adoption einlässt?“
„Die meisten Paare sind sehr flexibel. Schließlich sehnen sie sich danach, Eltern zu werden.“
„Aber was, wenn das Paar, das ich ausgewählt habe, anders empfindet?“ Sie gab sich nachdenklich. „Ich will mir nicht erst große Hoffnungen machen, die dann enttäuscht werden.“
„Ich kann Sie verstehen. Aber ich darf Ihnen versichern, dass das noch nie passiert ist.“
„Trotzdem …“ Julianna rang die Hände. „Wenn ich Ihnen sage, wen ich ausgewählt habe, können Sie mir dann verraten, für welche Art der Adoption sie sich entschieden haben?“ fragte sie bittend.
Ellen zögerte, aber nur einen Moment. „Ich glaube schon. Wer ist das glückliche Paar?“
„Richard und Kate.“
„Richard und Kate“, wiederholte Ellen erfreut. „Sie habeneine ausgezeichnete Wahl getroffen, Julianna. Sie sind ein hübsches Paar und haben dem Baby sehr viel zu bieten. Ihre Akte ist gleich hier.“ Sie tippte auf die obere Akte des Stapels. „Geben Sie mir einen Moment, und ich sehe nach, welche Art der Adoption sie sich wünschen.“
Sie öffnete die Akte, blätterte einige Seiten um und verweilte. Julianna beobachtete sie mit heftig pochendem Herzen. Die Akte interessierte sie brennend.
„Sie sind bereit, sich mit Ihnen zu treffen“, erklärte Ellen. „Sie sind mit dem postalischen Austausch von Briefen und Bildern und vierteljährlichen Besuchen im ersten Jahr einverstanden.“ Sie sah Julianna an. „Wie klingt das?“
„Gut … recht gut. Das lässt mir eine Menge Wahlmöglichkeiten.“ Sie blickte einen Moment auf ihre im Schoß gefalteten Hände, hob den Kopf wieder und sagte ernst: „Ich habe mich in dieser Hinsicht noch nicht ganz entschieden. Es gibt so vieles zu bedenken. Ich möchte das Richtige tun, das Beste.“
Ellen nickte. „Das ist verständlich. Aber bedenken Sie, Sie tun bereits das Beste für Ihr Baby. Er oder sie wird bei Kate und Richard ein wunderbares Leben haben.“
Julianna senkte den Blick auf Kates und Richards Akte und suchte fieberhaft nach einem Weg, sie in die Hände zu bekommen. Dann hatte sie einen Einfall.
Sie stand auf. „Danke für Ihre Zeit und Ihr … Ihr …“ Sie legte eine Hand an den Kopf. „Ich fühle mich nicht gut.“
Ellen sprang auf. „Was ist los? Sie sind doch nicht … es sind nicht die Wehen?“
„Ich weiß nicht. Aber ich glaube nicht. Ich fühle …“ Julianna ließ die Lider flattern und schwankte leicht. „Ich fühle mich ein wenig … schwach.“
„Ach herrje.“ Ellen kam um den Schreibtisch herum undnahm sie in die Arme. „Kommen Sie, ich helfe Ihnen. Im Wartezimmer ist ein Sofa. Da können Sie sich hinlegen.“
Julianna schüttelte den Kopf. „Nein, wirklich,
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