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Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Titel: Alcatraz und die dunkle Bibliothek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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hat angedeutet, dass sie mich genauso verkaufen würde. Ich wusste nicht, was ich denken sollte über das Gefühlschaos, das in mir brodelte. Irgendwie hatte keine der Gefahren, keine einzige der Bedrohungen, denen ich in den vergangenen paar Tagen ausgesetzt gewesen war, mich so erschüttert wie das Wissen, dass meine Mutter noch lebte.
    Und dass sie auf der falschen Seite stand.
    Grandpa Smedrys Auto kam holpernd zum Stehen. Gezwungenermaßen öffnete ich die Augen und blickte stirnrunzelnd aus dem Fenster. Ich kannte diese Straße. Joan und Roy Sheldon – meine letzten Pflegeeltern, die, deren Küche ich abgefackelt hatte – wohnten nur einige Häuser weiter.
    »Was wollen wir hier?«, fragte ich verständnislos.
    »Erinnerst du dich noch daran, wie ich dir deine Okulatorenlinsen gegeben habe, Junge?«
    »Klar.«
    »Ich habe dir dabei eine Frage gestellt. Ich habe dich gefragt, warum du die Küche deiner Pflegeeltern angezündet hast. Und du hast mir keine Antwort gegeben.«
    »Aber ich habe mir Gedanken darüber gemacht«, rechtfertigte ich mich. »Langsam kriege ich den Dreh raus. Ich werde immer besser im Umgang mit meinem Talent.«
    »Alcatraz, mein Junge.« Grandpa Smedry legte mir liebevoll eine Hand auf die Schulter. »Bei dieser Frage ging es nicht nur um dein Talent. Du stellst mir immer wieder Fragen über deine Eltern und grübelst ständig darüber nach, warum sie dazu bereit waren, dich zu verlassen. Aber hast du jemals daran gedacht, dich zu fragen, warum du so viele Familien verlassen hast?«
    »Ja, ich habe schon darüber nachgedacht«, sagte ich heftig. »Also, zumindest habe ich es vor kurzem mal getan. Und vielleicht stimmt es, vielleicht war ich ein wenig hart zu ihnen. Aber es war nicht nur meine Schuld. Sie konnten einfach nicht damit umgehen, dass ich ihre Sachen kaputt gemacht habe.«
    »Bei einigen mag das stimmen«, gab Grandpa Smedry zu. »Aber wie vielen von ihnen hast du denn überhaupt eine echte Chance gegeben?«
    Natürlich wusste ich, dass er recht hatte. Doch etwas zu wissen ist etwas ganz anderes, als etwas zu fühlen. Und in diesem Moment fühlte ich nur das, was ich immer gefühlt hatte, wenn irgendwelche Eltern mich weggeschickt hatten.
    Ich spürte diesen Knoten im Magen. Es passierte schon wieder, und diesmal war es nicht meine Schuld. Ich hatte es versucht. Ich hatte wirklich versucht, Grandpa Smedry nicht von mir wegzutreiben. Und jetzt passierte es trotzdem.
    »Du versuchst mich loszuwerden«, flüsterte ich.
    Grandpa Smedry schüttelte vehement den Kopf. »Wissen, Junge! Es geht wieder nur um Wissen. Du dachtest, dass diese Familien dich wegschicken würden, also bist du ihnen zuvorgekommen und hast dafür gesorgt, dass sie dich loswerden wollten. Aber du hast dich dabei auf falsche Voraussetzungen gestützt.
    Ich versuche hier nicht, dich wegzuschicken. Wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns, du und ich. Aber erst mal musst du zurückgehen und Zeit mit denen verbringen, die dich geliebt haben. Wenn du jemals so weit mit dir ins Reine kommen willst, dass du uns wirklich dabei helfen kannst, diesen Krieg zu gewinnen, musst du deinen Frieden mit ihnen machen.«
    »Blackburn war aber nicht der Meinung, dass Wissen so überragend wichtig ist«, motzte ich.
    »Und was ist aus ihm geworden?«, gab Grandpa Smedry lächelnd zurück.
    »Aber er hat dich geschlagen«, wütete ich weiter. »Bei dem Okulatorenduell hat er gewonnen. Er war der Stärkere.«
    »Ja, das war er. Er hat hart daran gearbeitet, stark genug zu werden, um jemanden wie mich in so einem Wettbewerb besiegen zu können. Es hat sich ein Auge genommen, um im Umgang mit offensiven Linsen mächtiger zu werden, und er hat noch andere Linsen gesammelt, die seine Kampfkraft weiter verstärkt haben.
    Aber während er das alles getan hat, hat er die Fähigkeit verloren, richtig zu sehen. Und, Alcatraz, alles, was wir tun, hängt davon ab, dass wir richtig sehen! Wenn er nur ein bisschen besser hingesehen hätte, hätte er deinen Trick bemerkt. Wenn er nur ein bisschen weiter vorausgesehen hätte, wäre ihm klar geworden, dass der Verlust seines Auges und die Konzentration auf die Kräfte, die ihn dazu befähigten, Schlachten zu gewinnen, ihn in anderen, wesentlich wichtigeren Dingen verkrüppelt haben. Und vielleicht hätte er, wenn er ein wenig mehr gesehen hätte, erkannt, dass diese Übersetzerlinsen, die du jetzt hast, viel mächtiger sind als jede Feuerspenderlinse.«
    Ich ließ mich in den Sitz zurücksinken und

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