Alcatraz und die Ritter von Crystallia: Band 3 (German Edition)
etwas anderes von mir erwartet?«
»Natürlich nicht«, erwiderte sie schnippisch. »Aber warum hast du der Bibliothekarin das Buch gegeben?«
»Ich hab’s mir doch wiedergeholt«, sagte ich und hielt es hoch. »Jetzt wissen wir sicher, dass es das Buch ist, das sie haben will.«
Bastille legte den Kopf zur Seite. »Hm. Manchmal bist du wirklich clever.«
Ich lächelte. In Wahrheit war in diesem Moment leider keiner von uns besonders clever. Keiner außer Rikers– aber wir hatten ihn ignoriert, was gewöhnlich eine vernünftige Entscheidung war.
Außer natürlich, wenn man die falsche Treppe hinaufrannte. Endlich dämmerte es mir. Ich blieb so unvermittelt stehen, dass die anderen kaum bremsen konnten.
»Was ist denn, Alcatraz?«, fragte Sing.
»Die Treppe«, erwiderte ich. »Sie ist aus Holz.«
»Ja, und?«
»Vorher war sie aus Stein.«
»Das habe ich euch doch zu sagen versucht!«, rief Prinz Rikers. »Ich frage mich wirklich, wie sie eine Steintreppe in eine Holztreppe verwandeln konnten.«
Plötzlich überkam mich ein sehr mulmiges Gefühl. Die Tür war direkt über uns. Nervös lief ich hinauf und drückte die Klinke.
Die Tür öffnete sich in einen großen Raum, der aussah wie der Festsaal einer mittelalterlichen Burg, also ganz anders als die Halle, in der unsere Soldaten gewesen waren. Er war mit rotem Teppich ausgelegt. Weiter hinten standen Bücherregale wie in einer Bibliothek. Und er war voller Bibliothekarssoldaten! Es waren mindestens zweihundert.
»Versplittertes Glas!«, fluchte Bastille und knallte die Tür vor mir zu. »Was geht hier vor?«
Ich ließ sie stehen und rannte die Treppe wieder hinunter. Die im Archiv eingesperrten Bibliothekare pochten gegen die Tür und versuchten sie aufzubrechen. Während ich so dastand und fieberhaft nachdachte, fiel mir auf, dass auch der Treppenabsatz direkt vor der Tür des Archivs ganz anders aussah als vorher. Er war viel größer und links war eine weitere Tür.
Als die anderen ebenfalls auf der Treppe kehrtmachten und zu mir herunterhasteten, stieß ich die Tür zu meiner Linken auf. Ich trat in einen riesigen Raum voller Kabel, Glasplatten und Wissenschaftler in weißen Laborkitteln. An den Seitenwänden standen große Behälter, die sicher mit Leuchtsand gefüllt waren.
»Was um alle Sande geht hier vor?«, wollte Folsom wissen und spähte mir über die Schulter.
Ich stand völlig perplex da. »Wir sind nicht mehr im selben Gebäude, Folsom.«
»Was?«
»Sie haben uns teleportiert! Das Archiv mitsamt den Büchern– der ganze gläserne Raum– wurde mithilfe von Transporterglas gegen einen anderen Raum ausgetauscht! Die Bibliothekare haben keinen Tunnel gegraben, um ins Königliche Archiv hineinzukommen. Sie haben nur die Ecken freigelegt, um an ihnen Transporterglas anzubringen und dann den ganzen Raum wegzuteleportieren!«
Der Plan war brillant. Das Glasgehäuse des Archivs war unzerbrechlich und das Treppenhaus bewacht. Aber wenn man den ganzen Raum wegschaffen und durch einen anderen ersetzen konnte, konnte man in Ruhe nach dem Buch suchen, das man brauchte, und die Räume anschließend wieder vertauschen, ohne dass jemand es merkte.
Die Tür hinter uns krachte auf. Als ich mich umdrehte, sah ich eine Gruppe muskulöser Bibliothekare ins Treppenhaus hinausdrängen. Ich bekam gerade noch mit, dass Bastille sich kampfbereit machte und dass Folsom den Roman mit dem Musikchip aufschlagen wollte.
»Nein, vergeudet eure Kräfte nicht mit einem sinnlosen Kampf. Wir sind besiegt«, sagte ich zu ihnen.
Ein Teil von mir wunderte sich, dass sie auf mich hörten. Selbst Bastille befolgte meinen Befehl. Ich hätte erwartet, dass der Prinz mir zuvorkommen und das Kommando übernehmen würde, aber offenbar genügte es ihm völlig, nur herumzustehen und zuzuschauen. Er schien sogar begeistert zu sein.
»Wundervoll!«, flüsterte er mir zu. »Wir wurden gefangen genommen!«
Na toll, dachte ich, als meine Mutter durch die kaputte Tür herauskam. Als sie mich sah, lächelte sie, was bei ihr selten vorkam. Es war das Lächeln einer Katze, die soeben eine Maus zum Spielen gefunden hatte.
»Alcatraz«, sagte sie.
»Mutter«, erwiderte ich frostig.
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Fesselt diese Leute«, sagte sie zu ihren Schlägern. »Und holt mir dieses Buch.«
Die Schläger zogen Schwerter und trieben uns in den Raum mit den Wissenschaftlern.
»Warum hast du mich nicht kämpfen lassen?«, zischte Bastille.
»Weil das nichts genützt
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