Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
wenn es feucht wird oder warm, könnte es wieder aktiv werden und sich vermehren.«
»Großer Gott.« Mehr konnte sie nicht sagen.
»Das dürfen Sie laut sagen. Es wäre ein Riesenproblem . Sie müssen die richtigen Behörden in London verständigen und ihnen gleich sagen, ob die Möglichkeit besteht, daß es freigekommen ist. Die moderne Pest können wir heilen, aber bei der alten Version weiß ich das nicht.«
Sie schwieg.
»Janie?« sagte er, bekam aber keine Antwort.
Sehr ruhig sprach er weiter: »Sie müssen jetzt das Richtige tun. Denken Sie nicht daran, ob Sie Probleme kriegen oder nicht. Diese Sache ist größer und bedeutender als Sie. Und, Janie? Tun Sie sich und dem Rest der Welt einen Gefallen. Waschen Sie sich die Hände, bevor Sie in ein Flugzeug nach Hause steigen. Das Bakterium ist ausgefallen genug, um vielleicht den Sensoren zu entgehen.«
Er legte auf.
»Was war denn los?« fragte Bruce besorgt.
Sie schluckte schwer, als sie den Hörer auflegte. »Erinnerst du dich an diese Stoffprobe, die ich ausgegraben hatte? Frank fand sie unmittelbar vor seinem Tod in einer unserer Röhren.«
Er nickte. »Ich erinnere mich. Was war damit?«
»Ich habe einen der Ausdrucke, die Frank gemacht hat, meinem Doktorvater in den Staaten geschickt, einen Blick darauf zu werfen. Er ist forensischer Pathologe, aber auf Bakterien spezialisiert, und er ist einer der besten auf seinem Gebiet. Also, der Anruf gerade, das war er.« Sie sah Bruce an; in ihren Augen stand nackte Angst. »Wie es scheint, ist es mir gelungen, die archaische Form des Bakteriums auszugraben, das Beulenpest verursacht.«
Betroffen setzte Bruce sich hin. »Wo ist die Probe jetzt?«
Sie nickte in Richtung auf ihren kleinen Kühlschrank. »Gleich hier.«
»Hier in diesem Zimmer?«
»Genau hier. Reg dich nicht auf, es ist gut versiegelt. Aber ich machte mir keine Sorgen darüber, daß diese Probe jemanden kontaminiert, solange sie im Kühlschrank liegt. Was mich beunruhigt, ist, daß Caroline damit umgegangen ist. Und hast du dir Ted mal genau angesehen, als wir in Carolines Zimmer waren? Er sah nicht besonders gut aus. Und warum trug er bei diesem warmen Wetter einen Rollkragenpullover?«
»Ich weiß nicht«, sagte Bruce. »In all den Jahren, seit wir zusammen arbeiten, habe ich ihn so etwas niemals tragen sehen.«
Ohne ein weiteres Wort standen beide auf und gingen auf die Tür zu. Ehe sie das Zimmer verließen, faßte Janie Bruce am Arm. »Das dürfen wir nicht vergessen«, sagte sie, ging zu ihrer Aktenmappe und nahm zwei Masken und zwei Paar Handschuhe heraus.
Angemessen geschützt hockten sie sich neben Teds stark riechenden Leichnam und sahen ihn sich genau an.
»Er ist sehr blaß«, sagte Janie.
»Er ist sehr tot«, sagte Bruce.
»Trotzdem ist er blasser, als er sein sollte.« Sie zeigte auf Teds Handrücken. »Schau dir den Unterschied an. Sein Gesicht ist viel blasser als seine Hand, und seine Lage rechtfertigt das nicht. Seine Blässe könnte die Folge irgendeiner Krankheit sein.«
Sie suchte in ihrem Gedächtnis nach den Symptomen der Pest. »Das einzige, woran ich mich bei der Pest erinnere, sind dunkle Schwellungen im Bereich der Lymphknoten. Viel mehr haben sie uns, glaube ich, nicht beigebracht.«
»Das war auch nicht nötig. Die Krankheit war im Grunde ausgestorben.«
»Hoffentlich nicht so ausgestorben wie die Tuberkulose«, sagte sie zynisch.
»Aber das Bakterium dafür war resistent gegen die Medikamente geworden. Die Pest ist noch immer behandelbar.«
»Die moderne Pest ist behandelbar. Mein Doktorvater meint, das, was wir ausgegraben haben, sei die archaische Form der Pest.«
»Scheiße.«
»Das kann man wohl sagen.«
»Aber wir wissen nicht, ob Ted daran gestorben ist.«
Janie streckte die Hand aus und zog mit einem
Finger den Rollkragen von Teds Hals. Darunter befanden sich dunkle Flecken und dicke Schwellungen. »Schau dir das an«, sagte sie. »Dunkle Schwellungen im Lymphknotenbereich.«
Bruce sah es sich an und schluckte schwer. »Wir können trotzdem nicht sicher sein. Wir müssen feststellen, ob das Bakterium vorhanden ist. Und da ist noch was. Ich bin auch der Meinung, daß es so aussieht, als hätte er die Pest, aber es sieht nicht so aus, als wäre die Krankheit weit genug fortgeschritten gewesen, um ihn umzubringen.« Er wies auf Teds entblößten Hals. »Ich meine, ich glaube auch, daß die Anzeichen der Infektion da sind. Aber schau dir diese Beulen an. Sie fangen erst an, sich
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