Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
aufzulösen. Ich bin sicher kein Experte, aber ich glaube einfach nicht, daß dieses Stadium der Krankheit tödlich ist.«
Dagegen konnte Janie nichts sagen; er sah aus, als sei er vor seinem Tod krank gewesen, aber nicht tödlich krank. Die Möglichkeit allerdings, daß Ted aus irgendeinem anderen Grund gestorben war, mochte sie gar nicht in Erwägung ziehen; statt die Dinge zu vereinfachen, machte sie ihre Situation noch komplizierter.
»Die Sache wird sehr verwirrend«, sagte sie. »Er ist tot. Sie ist nicht da. Nebenan im Kühlschrank ist die Pest. Wir wissen mit Sicherheit, daß Caroline damit umgegangen ist; bei Ted könnte es mög- lich sein. Das Bakterium war im Labor, und er auch. Ich weiß nicht, was jetzt zu tun ist.«
Wie gut kannte sie Caroline denn überhaupt? Hätte sie das tun können? fragte sich Janie. In ihrem Zimmer lag unbestreitbar ein toter Mann, und Caroline war nirgends zu finden. Solange sie sie nicht fanden, würden sie nicht sicher wissen, was passiert war. Janie wußte, daß sie und Caroline sehr viel mehr Zeit in England verbringen würden als ursprünglich geplant, wenn es um die Frage eines ungesetzlichen Todesfalles ging, und auf einmal fühlte sich ihr Magen sehr gespannt und nervös an.
Sie sah sich im Zimmer nach etwas um, das sie von dem Gedanken hätte abbringen können, Teds Tod könne kriminelle Aspekte bergen. »Mir springt nichts ins Auge, was >Beweis< schreien würde«, sagte sie. »Ich bin nicht einmal sicher, wonach ich überhaupt suchen sollte. Und ich studiere dieses Zeug.« Sie ging ins Badezimmer, wo sie Carolines Nachthemd auf dem Fußboden, die Toilettenbrille hochgeklappt und ringsum Spritzer auf dem Boden sah. Sie konnte den Stoff des Nachthemds durch die Handschuhe zwar nicht fühlen, merkte aber am Gewicht, daß es mit Schweiß vollgesaugt war.
Sie ging ins Zimmer zurück und zeigte Bruce das Nachthemd. »Das habe ich im Bad auf dem Fußboden gefunden. Es ist tropfnaß. Ich frage mich, ob sie auch krank war.«
Sie faltete das Nachthemd ordentlich zusammen und legte es auf die Kommode. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie den Kühlschrank. Sie sah ihn genauer an.
»Jemand hat die Kühlschranktür offengelassen«, sagte sie. Sie schaute in das kleine Gerät. »Und alles ist durcheinander. Jemand hat etwas gesucht.«
Doch Bruce hatte neben dem Bett selbst eine Entdeckung gemacht. Er hatte Teds Taschen durchsucht und eine der Ampullen gefunden.
Er stand auf und zeigte sie Janie. »Janie, sieh dir das an. Das ist Tetrazyklin.«
Sie blickte auf die Leiche nieder. »Offensichtlich hat es nicht gewirkt«, sagte sie. »Und wo ist die Spritze? Warum hatte er Tetrazyklin bei sich ohne ein Mittel, es anzuwenden?«
»Ich weiß nicht«, sagte Bruce. »Vielleicht liegt sie hier irgendwo herum.«
Sie schauten auf dem Fußboden nach und durchsuchten die Papierkörbe, aber sie sahen nichts Verdächtiges.
»Vielleicht liegt er darauf«, sagte Janie. Sie beugte sich nieder und schob beide Hände unter Teds Körper. »Hilf mir. Drehen wir ihn um.«
»Sollen wir ihn denn bewegen? Was ist, wenn wir dabei Beweismittel zerstören?«
»Was ist, wenn wir Beweismittel nicht finden, weil wir ihn nicht bewegen?« Ihre Stimme klang verzweifelt. »Wir können ihn ja wieder zurücklegen, wenn wir unter ihn geschaut haben.«
Widerstrebend half Bruce; sie drehten die Leiche, die allmählich starr wurde, auf die Seite, und darunter fanden sie die Spritze und eine weitere Ampulle. Janie zog die beiden Gegenstände mit einer Hand unter der Leiche hervor und achtete darauf, sie nicht mehr als unbedingt notwendig zu berühren. Ted war schwer, und beide schwitzten beinahe, als sie den Körper wieder in seine ursprüngliche Lage gebracht hatten.
Bruce gab Janie die noch teilweise gefüllte Ampulle mit Tetrazyklin und hob dann die andere auf, die fast leer war. »Schau dir das an.«
Sie las das Etikett auf der Ampulle und stieß einen langen, leisen Pfiff aus. »Damit könnte man einen ganzen Trupp Pfadfinder für ein oder zwei Tage in sehr süße Träume versetzen ...«
An der Ampulle, die er Janie gegeben hatten, klebte ein einzelnes langes, rotes Haar, das offensichtlich von Caroline war.
Janie setzte sich auf das Bett und bedachte alles, was sie wußten. Ihr Kopf schmerzte, und sie rieb sich die Stirn. Sie ignorierte das Kopfweh und ging die Beweismittel durch, indem sie sie laut aufzählte. »Wir haben eine Leiche, die krank aussieht, aber nicht krank genug war, um an dieser Krankheit
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