Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
über unser Verlöbnis sprechen. Dann wirst du den König direkt um meine Hand bitten müssen, aber ich schwöre dir, daß du nicht vor ihn zu treten brauchst, ohne daß Isabella ihren Segen zu deiner Bitte gegeben hat. Es kann für uns nur von Nutzen sein, wenn sie in dieser Sache unsere Verbündete ist.«
»Ich bedauere, daß ich mir solche Mühe gegeben habe, sie einzusperren«, sagte er.
»Daran wird sie nicht mehr denken, wenn sie mit anderen Dingen beschäftigt ist.«
Er erinnerte sich, wie bösartig Isabella ihn manchmal behandelt hatte. »Hoffen wir, daß du recht hast«, sagte er und dachte dabei, daß er ihr Vertrauen auf die launische Prinzessin nicht teilte.
Als sie im Hof standen, bereit zur Abreise, duftete die frische Frühlingsluft nach Fichten und Blumen, und der Wind spielte mit den Locken von Adeles flammend rotem Haar, das im hellen Sonnenlicht wie Kupfer glänzte. Er küßte ihr die Hand, wie er es bei ihrer ersten Begegnung getan hatte, und wieder verweilten seine Lippen hungrig auf ihrer duftenden Haut.
»Ich werde an nichts anderes denken als daran, dich zu umarmen, bis wir uns wiedersehen«, sagte er leise.
Wieder widmete er den Tag nicht der Aufgabe, auf dem Lande nach Vorräten für seine Apotheke zu suchen. Er kehrte auch nicht durch den Durchgang zwischen den Eichen zu Mutter Sarahs Hütte zurück, was viel wichtiger gewesen wäre als die Mission, die er jetzt unternahm, das wußte er.
Während er über die schlammigen Wege ritt, verfluchte Alejandro deren schlechten Zustand mit den gleichen verächtlichen Worten, die einst Eduardo Hernandez gebraucht hatte. Doch trotz dieser
Umstände war Alejandro sehr froh, den Weg gefunden zu haben, denn er würde ihn geradewegs zu dem Ort führen, den er aufsuchen wollte und wo er erst einmal gewesen war.
Und er erreichte ihn müde nach einem langen Ritt. Vor ihm lag die kleine Kirche, bei der Adele und er auf der ersten Rückreise nach Windsor haltgemacht hatten. Oben an der Treppe zog er an einem Klingelzug und wartete nervös, starrte auf seine schmutzigen Stiefel, ohne etwas zu sehen, und fühlte sich abwechselnd voller Freude und stark beeindruckt. Er hatte von vielen Juden gehört, die ihren Glauben und ihren Gott aufgegeben hatten, um ein längeres und einfacheres Leben zu haben; diese Schwäche hatte er immer verachtet. Nun, da er im Begriff stand, dasselbe zu tun, war sein Herz weicher, und er sah ein, daß es manche Dinge gibt, die einen Mann veranlassen können, sich zu ändern und seine Vergangenheit hinter sich zu lassen.
Dennoch war er von brennender Scham erfüllt und erinnerte sich an die unglücklichen Juden in Frankreich, die auf dem Scheiterhaufen gestorben waren und denen nur die gut gezielten Pfeile eines mitfühlenden christlichen Soldaten die Qualen des Feuers erspart hatte. Er erinnerte sich auch an den mißtrauischen Blick, den der grimmige Hauptmann ihm nach dem bedauerlichen Vorfall zugeworfen hatte. Wenn er von dem Mord an dem Bischof mit dem falschen Herzen gewußt hätte, dann wäre es meine Seele gewesen, die aus dieser Feuerhölle aufstieg .
Traurig und resigniert dachte er, daß es sein unausweichliches Schicksal zu sein schien, in seinem Leben nie volle Zufriedenheit zu erreichen. Er wußte, welchen Glauben er auch wählte, er würde immer etwas zu verbergen oder zu bereuen haben. Ach ja, dachte Alejandro, auch der Jesus der Christen war nichts anderes als ein abtrünniger Jude, und das bin ich auch.
Noch während er das dachte, öffnete sich vor ihm die Tür, und er sah denselben Priester, der Adeles Beichte gehört hatte. Die Kerze in seiner Hand flackerte leicht im sanften Abendwind und warf ein seltsames, erschreckendes Licht auf die strengen Züge des Mönches.
»Ja, mein Sohn?« sagte er langsam und beäugte den Arzt mißtrauisch.
»Ich bin Alejandro Hernandez, ein Heide aus Aragon. Ich suche Unterweisung in Eurem Glauben.«
Als er zwei Tage später nach Windsor zurückritt, grübelte er über die strengen Lektionen nach, die ihm der Priester gegeben hatte. Seit dem Ausbruch der Pest waren so wenige Menschen ins Kloster gekommen, um sich zu bekehren oder unterweisen zu lassen, daß der Priester für eine solche Herausforderung ungeheuren religiösen Eifer angestaut hatte.
Kühn und mit selbstgerechter Glut versuchte der Geistliche, Alejandro mit Drohungen von Hölle und Verdammnis so zu erschrecken, daß er sich unterwarf. Alejandro schwieg weise, denn wenn er die Wahrheit gesagt hätte, so
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