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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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besser und breiter wurde der Weg, bis schließlich auch ein Karren ungehindert darauf hätte fahren können, und daraus schlossen sie, dass sie sich irgendeiner Stadt näherten. Der Wald lichtete sich, und der Weg führte nun an einer Mauer entlang. Hier und da fielen die letzten Strahlen der tief stehenden Sonne zwischen den Bäumen hindurch.
    »In Spanien kamen mir die Schatten kürzer vor«, sagte Alejandro.

    »Eines Tages würde ich gern einmal nach Spanien reisen, Père«, sagte Kate.
    Er wusste nicht gleich etwas darauf zu erwidern; es war so viele Jahre her, seit er sein Geburtsland verlassen hatte, dass er nur mit Mühe die Erinnerung daran wachrufen konnte. Sie war nicht nur angenehm. Dennoch war es seine eigentliche Heimat. »Es war stets warm dort«, sagte er nachdenklich. »Nicht wie in England, wo man ein Drittel des Jahres damit zubringt, zu frieren. In dem Winter, den ich hier verbrachte, meinte ich mitunter, mir würde niemals wieder warm werden, so tief drang mir die Kälte in die Knochen.«
    »Wenn Ihr mehr Zeit hier verbracht hättet, dann hättet Ihr Euch daran gewöhnt.«
    »Wohl kaum«, sagte er. Aber wenn Adele am Leben geblieben wäre, würde er jetzt vielleicht in England leben, als ihr Gatte und stolzer Besitzer eines eigenen Anwesens. Den von ihr ererbten Besitz dazugenommen, wären sie tatsächlich wohlhabend gewesen.
    Der Weg wurde noch etwas breiter, und sie sahen die frischen Rillen der Räder eines Karrens, der vor nicht allzu langer Zeit hier entlanggefahren sein musste. »Jedes Mal, wenn ich auf einer Straße solche Spuren sehe, muss ich an die mit Pesttoten beladenen Leichenkarren denken.«
    Kate hob die Hand und bekreuzigte sich. »Möge Gott die Seelen der Toten zu sich nehmen und über sie wachen!«
    »Amain«, sagte Alejandro.
    Sie setzten ihren Weg fort, obwohl ihnen auf einmal unbehaglich zumute war. Ein Stück vor ihnen entdeckte Alejandro etwas, das wie eine Fahne aussah. Sie war in Schulterhöhe an einen Baum gebunden und konnte so weder von Reisenden zu Pferd noch zu Fuß übersehen werden.
    »Sieh mal«, sagte er und deutete in die Richtung.
    Kate blickte über seine Schulter. »Wieder schwarz …«
    Schon bald hatten sie die Fahne erreicht, die, von Wind und Wetter in Mitleidenschaft gezogen, an einem sterbenden Baum
hing. Ringsum war die Rinde abgerissen, vermutlich von einem hungrigen Tier abgenagt. Es schien nur allzu passend, dass an diesem armen Baum, der kaum noch Blätter hatte und selbst krank war, das Zeichen der Pest befestigt war.
    Kate klammerte sich fester an Alejandro. »Was sollen wir tun?«
    Den Blick auf die im Wind flatternde Fahne gerichtet, dachte er darüber nach. Nach einer Weile sagte er: »Ich denke, wir sollten weiterreiten.«
    »Aber …«
    »Wo könnte man sich besser verstecken als an einem Ort, von dem sich selbst der unerschrockenste Krieger fernhält?«
    Die Fahne hinter sich lassend, ritten sie weiter. Die Straße führte an einigen, etwas zurückgesetzt stehenden Häusern vorbei, bevor sie sich zu einem Platz hin öffnete, der offenbar den Mittelpunkt eines Dorfes bildete. Sie hielten sich am Rand und sahen zu, wie die Bewohner ihren alltäglichen Verrichtungen nachgingen.
    »Ich sehe keine Trauernden, keine Leichenkarren, keine schwarzen Flore an den Türstöcken.«
    »Aye«, sagte Kate leise. »Hier herrscht zu viel Betriebsamkeit, als dass die Pest wüten könnte.«
    Die Leute wurden ihrer ansichtig, doch niemand näherte sich ihnen, obwohl sie sie im Blick behielten, bis sie ein gutes Stück von ihnen entfernt waren.
    »Die Frauen versammeln sich stets am Brunnen«, stellte Alejandro leise fest.
    »Wo sonst sollten sie es tun? Sie brauchen Wasser zum Kochen, Waschen, Färben - es ist unerlässlich.«
    »Fürwahr.«
    Er stieg ab und reichte Kate die Hand, um ihr behilflich zu sein. »Ich denke, wir bleiben hier, um eine anständige Mahlzeit zu uns zu nehmen.« Er deutete auf eine Taverne auf der einen Seite des Marktplatzes. »Vielleicht bleiben wir sogar ein oder zwei Tage, um wieder etwas zu Kräften zu kommen.«

    Kate ließ sich neben ihm vom Pferd gleiten. Alejandro band das Pferd an einen Pfosten, und die beiden Reisenden betrachteten noch eine Weile das Leben auf dem Platz.
    »Ein so lebhaftes Treiben habe ich seit Langem nicht mehr gesehen.«
    »Ich ebenso wenig«, erwiderte Kate. »Dieser Ort kommt mir vor wie ein blühendes kleines Eiland.«
    Es dauerte nicht lange, bis sich ihnen ein Knabe näherte. Er verzog das Gesicht zu

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