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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Brettern der Seitenwände hervorsprossen. »Es hat ein neues Leben als Garten begonnen.« Sie
sah zum Himmel, um am Stand der Sonne die Zeit abzulesen. »Jedenfalls ist es nichts, über das wir uns Sorgen machen müssen. Wir sollten weiterreiten.«
    Lany widersprach ihr nicht. Sie ließen die Pferde weiter dem Ufer folgen. Das Wasser floss wieder ungestört; Janies Ruhe kehrte zurück.
    Aber nur für kurze Zeit.
    »Was ist das?«, fragte sie und deutete zu einer kleinen Erhebung, die nicht weit entfernt lag. »Das sieht nicht so aus, als gehörte es hierher.«
    »Keine Ahnung, aber es bewegt sich nicht. Vielleicht ein Biberbau.«
    »Dazu passt die Form nicht.«
    Ein paar Meter vor der Erhebung stiegen sie ab.
    Der Blätterhaufen sah merkwürdig aus und wirkte fehl am Platz, auch wenn es nicht den Eindruck machte, als seien die Blätter hierhergetragen worden, sondern als hätten sie sich auf natürlichem Wege angesammelt. Janie suchte den Boden ab und entdeckte einen Stecken. Sie stocherte in den Blättern herum. Zuerst stieß sie auf keinen Widerstand. Sie stocherte weiter.
    »Igitt«, sagte sie.
    »Was ist?«
    »Da ist etwas drin. Es fühlt sich komisch an.«
    »Inwiefern komisch?«
    »Nicht weich, aber auch nicht fest. Irgendwie schwammig.«
    Sie reichte Lany den Stecken, die nun ihrerseits damit herumstocherte.
    Janie fand noch einen Stecken, und die beiden Frauen fingen an, die Blätter wegzufegen. Als plötzlich eine schwarze Hand darunter auftauchte, machten sie gleichzeitig einen Satz nach hinten.
    Mit klopfendem Herzen sagte Lany: »Man sollte nicht denken, dass es für eine Polizistin und eine Ärztin eine so aufregende Sache ist, über eine Leiche zu stolpern.«

    »Das ist nur eine Hand. Wir wissen nicht einmal, ob eine ganze Leiche dranhängt.«
    »Nach meiner Erfahrung ist es so.«

    Nachdem sie die Leiche freigelegt hatten, schlüpfte Lany wieder in die Rolle der Polizistin. Sie beugte sich über den Toten und musterte ihn, während sie den Geruch zu ignorieren versuchte.
    »Zwischen fünfunddreißig und vierzig Jahre«, sagte sie. »Weiß, männlich, keine sichtbaren Verletzungen.«
    Janie ging neben dem aufgeblähten Leib in die Hocke. »Ich frage mich, wie lange er schon hier liegt.«
    »Schwer zu sagen«, meinte Lany, »es war bis vor Kurzem bitterkalt.« Sie stieß mit dem Fuß ein Stück Eis weg, das unter den Blättern gelegen hatte. »Er könnte irgendwann in den letzten drei Monaten gestorben und gerade erst aufgetaut sein.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Janie. »Seine Kleider sehen nicht so aus, als hätte er den ganzen Winter hier draußen gelegen, und er trägt auch keine dicke Jacke.«
    Mithilfe des Steckens schob sie den Kragen des Mannes auf.
    »O nein«, sagte sie leise.
    »Was ist los?«, fragte Lany.
    »Sein Hals.«
    Lany sah näher hin. »Er ist geschwollen und verfärbt«, sagte Lany. »Das ist doch ganz normal, wenn ein Körper verwest.«
    »Aber er ist noch gar nicht so weit verwest.«
    Lany bedachte sie mit einem fragenden Blick, dann beugte sie sich tiefer, um sich die Verfärbung genauer anzusehen. Sie schob den Kragen mit ihrem Stecken noch weiter auf.
    »Was meinst du genau?«
    »Sein Hals ist schwärzer und stärker geschwollen als andere Teile seines Körpers.«
    »Wir sehen doch überhaupt nichts außer seinen Händen.«
    »Dann werden wir ihn ausziehen müssen.«

    »Spinnst du? Wir sind ihm sowieso schon viel zu nahe gekommen.«
    »Bitte«, sagte Janie in flehendem Ton. »Es ist wichtig.«
    Sie hatten keine Handschuhe für eine solche Aufgabe dabei; Lany sah sich nach einem möglichen Ersatz um und entdeckte ein großes, dunkles Blatt, das noch intakt genug war, um ihnen ein wenig Schutz zu bieten. Sie hielt es wie einen Topflappen, während sie das Hemd des Toten aufknöpfte und den Reißverschluss an seiner Hose öffnete. Dann schlug sie das Hemd zur Seite und zog der Leiche mit Janies Hilfe Hose und Unterwäsche aus.
    Vor ihnen lag die nackte Leiche in ihrer schrecklichen Erhabenheit.
    »Mein Gott«, sagte Janie. »Das darf doch nicht wahr sein.«
    »Was darf nicht wahr sein?«, fragte Lany. »Dass wieder einer wegen Mr Sam ins Gras gebissen hat?«
    »Das ist nicht Mr Sam«, sagte Janie. »Die Verfärbungen am Hals und in der Leistengegend kommen nicht von der Verwesung. Sonst würde man sie auch an anderen Körperstellen sehen.« Sie schluckte. »Das sieht aus wie die Pest. Oder etwas ganz Ähnliches.«

25
    Je weiter Alejandro und Kate nach Norden ritten, desto

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