Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
Händewaschen enthielt.
»Es gibt nichts, was man sonst noch tun könnte. Sein Leben liegt in Gottes Hand.« Er sagte nicht, was für ihn unübersehbar war - dass Coopers Schicksal schon seit geraumer Zeit in Gottes Hand lag. »Dass er sich so lange in diesem Zustand zwischen Leben und Tod befindet, möchte einem beinahe als Fehler der Natur erscheinen.«
In den langen Jahren, die er sein Leben der Medizin gewidmet hatte, waren ihm solche Merkwürdigkeiten jedoch wiederholt begegnet, und er war zu der Überzeugung gelangt, dass sie Teil des göttlichen Ratschlusses sein mussten. Er fragte sich, was Guy de Chauliac dazu sagen würde, und wünschte sich wohl zum tausendsten Mal, er hätte Gelegenheit, mit seinem Kollegen und Lehrer darüber zu sprechen.
Als er sich zum Gehen wandte, fasste ihn die Frau beim Arm.
»Mein Mann wollte, dass wir Euch entlohnen.«
Er hatte niemals einen Lohn von ihr verlangt, da er wusste,
dass sie kaum genug zum Leben hatten. »Nein«, sagte er. »Ich will kein Geld. Mir mangelt es an nichts. Aber bitte … sagt mir eines. In all der Zeit, die ich Euch nun kenne, sprachen wir nie darüber, wie es dazu kam, dass Euer Mann Euch hierher zu den Juden brachte, wo Ihr Euch als Christen doch in ganz Avignon hättet niederlassen können. Ich wüsste gern den Grund.«
Sie zögerte kurz, als wägte sie ab, ob sie ihm trauen konnte. Schließlich sagte sie: »Wir mussten unsere Heimat, ein Dorf namens Eyam am Fuße der Peaks, verlassen. Es grenzte an eines der bevorzugten Jagdreviere des Königs.« Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Es war ein schrecklich harter Winter, wir froren und waren hungrig.«
Alejandro sah de Chauliac vor sich, der in jenem grausamen Winter des Jahres 1357 vor seiner Tür gestanden hatte, und die Erinnerung an die beißende Kälte und den entsetzlichen Hunger ließ ihn unwillkürlich erschauern. Er musste an die bitteren Worte denken, mit denen er den Franzosen an jenem Tag begrüßt hatte.
Ihr seid hier nicht willkommen.
Willkommen bin ich nicht, hatte de Chauliac erwidert, aber ich werde gebraucht. Die Vorräte, die er aus Paris mitgebracht hatte, hatten ihnen das Leben gerettet.
»Die Wildhüter trafen meinen Mann beim Jagen an«, hörte er jetzt Emily Cooper sagen. »Sie sagten, er hielte sich innerhalb der Grenzen des königlichen Jagdreviers auf, aber er war außerhalb, das schwört er! Aber es war einerlei, weil der König in jedem Fall den Befehl gegeben hätte, ihn zu hängen.«
Alejandro sah sie neugierig an. »Doch er tat es nicht.«
»Nein. Er bekam keine Gelegenheit mehr dazu. Unser Sohn machte sich auf, um Will zu retten; sie hatten ihn lediglich in einen Verschlag gesperrt und nicht in Eisen gelegt. Einer der Wachleute war betrunken, und unserem Sohn gelang es, Will zu befreien.«
»Ein tapferer und guter Sohn«, sagte er.
»Ja«, sagte die Frau traurig. »Ein verlorener Sohn.« Sie nahm einen Zipfel ihrer Schürze und wischte sich damit erneut über die Augen, erst über das eine, dann über das andere, und schließlich sah sie den Arzt an. »Der Wärter wachte auf und traf ihn mit einem Pfeil, als er hinter seinem Vater über die Mauer kletterte.«
Er senkte respektvoll den Blick. »Das tut mir aufrichtig leid.«
Emily nickte zum Zeichen, dass sie sein Mitgefühl zu schätzen wusste, und wandte sich wieder ihrem Mann zu. Mit einem angefeuchteten Zipfel ihrer Schürze wischte sie ihm über die Stirn, dann ließ sie sich auf einem Stuhl neben dem Bett nieder. Auf ihrem Gesicht erschien ein harter und verschlossener Ausdruck, wie ihn Alejandro noch nie an ihr gesehen hatte. Sie warf einen letzten Blick in seine Richtung, der dem Arzt wie ein stummer Vorwurf vorkam.
Er dachte kurz daran, der Frau des Böttchers ein paar Goldstücke zu geben, wollte sie jedoch nicht in Verlegenheit bringen. Es würde das Beste sein, wenn er einfach ginge.
»Euer Majestät«, sagte der Junker und verneigte sich tief vor dem König.
»Ah, Chaucer. Flink wie immer. Ich bin sicher, Prinz Lionel kann Euch für kurze Zeit entbehren.«
Als bliebe ihm etwas anderes übrig. »Ja, Sire. Ihm und Lady Elizabeth stand der Sinn nach ein wenig frischer Luft.«
»Gut. Heute ist ein schöner Tag für einen Spaziergang an der frischen Luft. Mein Schreiber ist derzeit mit anderen Dingen beschäftigt, und ich bedarf Eurer Dienste.«
Das hieß, wie Chaucer wusste, dass der Schreiber wieder einmal etwas zu sehr dem Wein zugesprochen hatte und man nicht auf
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