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Aleph

Aleph

Titel: Aleph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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ausgezogen sind, um nach unserem Reich zu suchen, und dabei Länder entdeckt haben, in denen wir noch nie gewesen waren - nur wir wissen, dass wir nicht mehr dieselben sind. Doch je öfter wir diese Veränderung in Worte zu fassen versuchen, desto mehr sind wir davon überzeugt, dass all das nur in unserer Erinnerung existiert. Vielleicht werden wir dereinst unseren Enkeln davon erzählen oder ein Buch darüber schreiben. Doch was genau werden wir sagen?
    Nichts. Allenfalls gelingt es uns, die äußeren Ereignisse zu beschreiben, aber nicht, was sich in uns abgespielt hat.
    Wahrscheinlich werden wir uns alle nie wiedersehen. Die einzige Person, die immer noch unterwegs ist, den Blick fest auf den Horizont gerichtet, ist Hilal. Sie wird darüber nachdenken, wie sie mit dem Erlebten fertigwerden kann. Nein, für sie ist die Reise mit der Transsib hier nicht zu Ende. Trotzdem lässt sie sich ihre Gefühle nicht anmerken, und wenn sie jemand anspricht, gibt sie höflich und freundlich Auskunft. Was sie in der ganzen Zeit, die wir zusammen unterwegs waren, nicht ein einziges Mal getan hat.
     
    ***
     
    Yao möchte sie nicht allein lassen. Er hat schon zwei- oder dreimal versucht, ein Gespräch anzufangen, aber jedes Mal entzieht sie sich schon nach wenigen Worten. Nach einer Weile gibt er es auf und kommt zu mir. »Was kann ich tun?«
    »Ihr Schweigen respektieren, denke ich.«
    »Das denke ich eigentlich auch. Aber Sie wissen doch…«
    »Ja, ich weiß. Aber warum denken Sie zur Abwechslung nicht einmal an sich selbst? Vergessen Sie die Worte des Schamanen nicht. Sie haben Gott getötet. Es ist an der Zeit, ihn wieder auferstehen zu lassen. Sonst war die ganze Reise umsonst. Ich kenne viele Menschen, die versuchen, anderen zu helfen, um sich nicht mit den eigenen Problemen beschäftigen zu müssen.«
    Yao klopft mir auf die Schulter, als wollte er sagen, >ich habe verstanden<, und überlässt mich meinem Blick auf den Ozean.
    Jetzt, wo ich am weitesten von ihr weg bin, ist meine Frau mir ganz nah. Am Nachmittag war wie immer Signierstunde mit anschließender Party, ich wurde vom Bürgermeister empfangen und hielt zum ersten Mal eine echte Kalaschnikow in Händen, seine eigene, die er im Büro verwahrt. Im Hinausgehen erhasche ich einen Blick auf die Tageszeitung auf seinem Schreibtisch. Ich brauche kein Russisch zu können, um zu verstehen, worum es geht: Fußballer.
    In wenigen Tagen beginnt die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland! Meine Frau erwartet mich bereits in München, und wenn wir uns wiedersehen, werde ich ihr sagen, wie sehr ich sie vermisst habe, und ihr im Detail alles erzählen, was zwischen mir und Hilal passiert ist.
    Sie wird antworten: >Diese Geschichte habe ich schon viermal gehört.< Und dann werden wir losziehen, um in einer deutschen Kneipe ein Bier zu trinken.
    Ich habe die Reise nicht unternommen, um die Worte zu finden, die in meinem Leben fehlen, sondern, um wieder König meines Reiches zu sein. Und das habe ich geschafft, denn ich stehe wieder in Verbindung mit mir selbst und mit dem magischen Universum, das mich umgibt.
    Ja, ich hätte zu demselben Ergebnis kommen können, ohne Brasilien jemals zu verlassen, aber wie der Hirte Santiago in einem meiner Bücher musste ich in die Ferne reisen, um das zu finden, was ganz nah war. Wenn der Regen zur Erde zurückkehrt, bringt er Dinge aus der Luft mit sich. Das Magische, das Außergewöhnliche ist immer präsent, aber zuweilen vergessen wir es und müssen uns wieder daran erinnern, indem wir beispielsweise den größten Kontinent der Erde von einem Ende bis zum anderen durchqueren. Wir kehren mit Schätzen beladen wieder zurück, die möglicherweise bald wieder vom Alltag begraben werden, und dann müssen wir irgendwann erneut aufbrechen, um sie zu suchen. Und genau das macht das Leben interessant: an Schätze und Wunder zu glauben.
    »Lasst uns feiern. Gibt es Wodka an Bord?«
    Es gibt keinen, und Hilal blickt mich wütend an.
    »Was gibt’s denn schon zu feiern? Etwa die Tatsache, dass du mich hier zurücklässt? Oder dass ich allein wieder in den Zug steigen und auf der Rückfahrt tage- und nächtelang an all das denken muss, was wir zusammen erlebt haben?«
    »Nein. Ich möchte feiern, was ich erlebt habe, ein Glas auf mich selbst trinken. Und du musst auf deinen Mut anstoßen. Du bist auf die Suche nach einem Abenteuer aufgebrochen und hast eines gefunden. Du wirst vielleicht eine Weile traurig sein, aber dann wird bestimmt jemand auf

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