Alera 02 - Zeit der Rache
mehrere Pferde, wobei ich noch nicht wusste, wie viele Tiere er besaß. Die Pferde, die auf einer kleinen Koppel in der Nähe grasten, gehörten den Palastwachen, die durfte ich also nicht dazuzählen, aber vielleicht hatte er auch ein paar eigene in der Kaserne stehen. Beim befehlshabenden Kavallerieoffizier war das immerhin gut denkbar.
Das Tor des gemauerten Stalls ging auf und Baelic führte mich in den erfrischend kühlen Raum, wo es nach Leder und Heu duftete. Sobald meine Augen sich an das gedämpfte Licht gewöhnt hatten, das durch die Fenster an beiden Seiten hereinfiel, merkte ich, dass ich in einem sauberen Mittelgang stand, von dem fünf Boxen abgingen – drei auf der einen Seite und zwei sowie eine Sattelkammer auf der anderen. Am Ende des Ganges befand sich eine geschlossene Tür, die wohl in einen anderen Teil der Scheune führte.
Baelic steuerte schnurstracks auf die erste Box auf der linken Seite zu, wo eine große, kraftvolle, kastanienbraune Stute stand und Heu aus einem Korb rupfte. Ihr kräftiger Körper kam dabei perfekt zur Geltung. Sie schaute auf, als sie uns kommen hörte, ließ ein zufriedenes Schnauben hören und drehte sich uns zu, um uns zu begrüßen.
»Das ist Briar, mein Liebling«, sagte Baelic und streichelte Nase und Ohren der Stute. »Sie ist gerade fünf geworden.«
»Sie ist wunderschön«, sagte ich bewundernd.
»Nicht wahr?«
Baelic stützte die Unterarme oben auf die Tür zur Box, nah genug, sodass Briars Atem sein Haar zerzauste, das die gleiche Farbe hatte wie ihr Fell. Ich musste lachen und fragte mich, ob er das Versprechen vergessen hatte, das er seiner Frau gegeben hatte, oder ob er es schlicht ignorierte. Sein schelmisches Grinsen verriet mir die Antwort.
»Insgeheim mag sie den Geruch von Pferden. Sonst hätte sie mich wohl kaum geheiratet.«
Er ging zur nächsten Box und hob die Hand, als ich ihm folgen wollte.
»Vielleicht ist es besser, wenn Ihr hier vorne bleibt und ich die Pferde auf den Gang führe. Lania wird ohnehin böse auf mich sein, aber nicht auszudenken, wenn ich eine Königin mit zurückbrächte, die auch nach Pferd riecht.«
Ich fügte mich und Baelic ging um mich herum und in die Sattelkammer rechts von mir. Kurz darauf kam er mit einem Halfter in der Hand zurück. Als er in der Box hinter der von Briar verschwand, musste ich an den Unterschied zwischen Baelic, Cannan und Steldor denken, und schon kamen mir die Gedanken ungezügelt über die Lippen.
»Alle Männer aus Eurer Familie sind extrem verwirrend.«
Ich erstarrte, denn das war ziemlich unverblümt gewesen. Zum Glück antwortete Baelic mit lautem Gelächter.
»Ich glaube, ich bin doch tatsächlich gerade beleidigt worden.«
»Nein!«, versicherte ich ihm eilig und wurde dunkelrot. »So habe ich das nicht gemeint –«
Baelic trat auf den Gang hinaus und führte einen weizenblonden Wallach am Halfter, dessen Beine aussahen, als trüge er weiße Strümpfe.
»Das wäre fast ein Kompliment geworden, liebe Nichte, hättet Ihr mich nicht zu der Narrentruppe gezählt.«
»Ihr wollt demnach den König und den Hauptmann der Garde als Narrentruppe bezeichnen?«, fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen und erfreute mich an diesem respektlosen Humor.
Er zuckte mit den Schultern und tätschelte den edel gebogenen Hals des Pferdes. Auch wenn ich einige Schritte entfernt war, schien der Wallach in etwa die gleiche Größe zu haben wie Tadarks Pferd, auf dem ich damals reiten gelernt hatte. Ich hoffte, Baelic hätte ihn für mich ausgesucht.
»Das ist Alcander. Er ist mein sanftmütigstes Pferd, abgesehen von dem meines Sohnes Celdrid, doch das Tier wäre zu klein für Euch.«
Ich machte einen kleinen Schritt nach vorn, um das Pferd zu streicheln, da fiel mir Baelics Rat ein.
»Ihr könnt Euch beim nächsten Mal mit ihm bekannt machen«, versicherte Baelic mir, nachdem er mein Zögern richtig gedeutet hatte.
»Selbstverständlich. Es ist nur schwer, ihm zu widerstehen.«
»Womit wir wieder bei den Männern aus meiner Familie wären«, scherzte er und brachte Alcander zurück in seine Box. »Vielleicht kann ich Euch das eine oder andere erklären. Mit wem wollen wir anfangen?«
Er überquerte den Gang, um das nächste Tier zu holen, und sah mich mit einem offenen Lächeln an. Dies war nun die Gelegenheit, auf die ich gehofft hatte, aber ich zögerte trotzdem, weil ich Angst hatte, ihn zu kränken. Schnell zerstreute er meine Bedenken.
»Macht Euch keine Sorgen. Ich weiß sehr wohl,
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