Alex Benedict 06 - Firebird
um mir anzusehen, wie die Menschen dann sind.«
»Bis dahin werden wir uns verändert haben«, sagte ich. »Vermutlich haben wir die langen Lebensspannen abgeschafft. Wir werden eine vollständige Karte der Milchstraße haben. Jeder wird über einen IQ von 200 verfügen. Und wir werden alle unfassbar gut aussehen.«
»Einige von uns sehen jetzt schon ziemlich gut aus«, bemerkte Alex, und seine Augen wanderten von Shara zu mir und wieder zurück.
»Vorsichtig«, sagte ich. »Ich weiß nicht, was Audree gerade denkt, jetzt, wo du allein mit zwei Frauen bist.«
»Sie vertraut mir«, sagte Alex.
»Das sollte sie auch«, verkündete Shara. »Ich schätze mich glücklich, mit einem Mann von so hoher Moral zu reisen.«
Wir unterhielten uns darüber, welches Geschlecht das Gewitztere ist, und stimmten überein, dass Frauen im allgemeinen über die besseren Kommunikationsfähigkeiten geboten (der Konsens wurde, wenn ich mich recht erinnere, im Verhältnis zwei zu eins gefunden). Wir diskutierten über Politiker und waren nicht überrascht, dass keiner von uns auch nur einem vin ihnen ungezügelte Begeisterung entgegenbrachte.
Und wir fragten uns, wie es wohl wäre, besäßen wir die Fähigkeit der Stummen, uns telepathisch zu verständigen. Man kann nicht lügen, kann seine Gefühle nicht verbergen. Und das Wort Diplomatie würde vermutlich gar nicht existieren.
Und schließlich landeten wir bei Gott. Ich war überrascht zu erfahren, dass Shara gläubig war. »Ich glaube nicht an den zornigen, richtenden Gott, von dem einige Kirchen künden«, sagte sie, während sie ein Bild des Stundenglas-Nebels bewunderte, das Belle auf dem Hilfsschirm anzeigte. (Belle legte uns regelmäßig Bilder davon auf den Schirm, was wir sehen würden, würden wir tatsächlich durch den normalen Raum reisen, aber natürlich war durch die Sichtluken der Belle-Marie gar nichts zu erkennen.) »Aber ich kann einfach nicht glauben, dass die physikalischen Gesetze so etwas per Zufall hervorbringen konnten, dass sie uns zulassen konnten oder die abgeleitete Quantenmechanik. Die grundlegende Theorie ist mir bekannt, die Erklärung. Aber ich kann das einfach nicht schlucken. Wenn es keinen Gott gäbe«, sagte sie, »dann wüsste ich schlicht nicht, warum es irgendetwas geben sollte.«
Alex’ Ansichten über die Existenz eines absichtsvoll wirkenden Schöpfers pflegten mit seiner Stimmung zu wechseln. »Es ist ganz einfach die schiere Größe«, sagte er, während er das Stundenglas studierte. »Die Vorstellung, jemand könnte hinter so etwas stecken, kommt mir einfach so …«, er zögerte, suchte nach dem passenden Wort, »… erzwungen vor. Wir haben die Neigung, hinter allem eine Absicht zu vermuten, und die Menschen sehnen sich verzweifelt danach, an eine teilnahmsvolle Macht zu glauben, die über ihnen steht. Die Idee, wir alle könnten nur ein Versehen der Natur sein, ist für die meisten von uns schlicht unvorstellbar.«
Soweit es mich betraf, so ist es mir stets leichter gefallen zu glauben, wenn ich über den Sternenhimmel schwebte. Es ist nicht schwer, sich einen Künstlergott vorzustellen, wenn man sich den Stundenglas-Nebel anschaut oder aus dem Orbit auf Wälder und Ozeane hinabblickt. Erst, wenn man näher kommt und die grausame Seite der Natur erlebt, sieht, wie Tiere sich gegenseitig verstümmeln und verschlingen, auf die lange Geschichte des Krieges, des Mordens und der allgemeinen Dekadenz zurückblickt, die die Menschheit hinter sich gebracht hat, fällt es schwer, irgendetwas davon ernst zu nehmen.
Wir trafen im Zielgebiet ein, gingen so gut wir konnten in Position und fingen sofort an, die Umgebung zu scannen.
So, wie es unmöglich war, genau zu ermitteln, wo das Alpha-Vehikel eintreffen würde, so war es uns auch nicht möglich, exakt zu bestimmen, wo wir waren. Wir konnten unsere Position unter Zuhilfenahme diverser Sterne triangulieren und so festlegen, dass wir uns an einem bestimmten Punkt befanden, aber dieser Punkt umfasste eine Menge leeren Raum. Es war ein sehr großer Punkt. Man kann weite Distanzen zurücklegen, ohne dabei den erkennbaren Winkel zu einem Stern zu verändern.
Das war ein Problem. Eine andere Problematik ergab sich aus unserer Unfähigkeit, genau zu bestimmen, wann das Ereignis stattfinden würde. »Ich glaube, ich konnte es auf etwa eine Woche genau ermitteln«, hatte Shara gesagt, ehe wir abgeflogen waren, und hinzugefügt, es täte ihr leid, aber genauer ginge es nicht. Folglich planten wir
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